Recht und Kapitalmarkt

Sparkassendarlehensforderungen sind abtretbar

Mit Spannung wird die Revisionsentscheidung des BGH erwartet

Sparkassendarlehensforderungen sind abtretbar

Von Michael Weller und Gerold Jaeger *)Im Rahmen eines effizienten Eigenkapitalmanagements stieg der Verkauf von notleidenden Darlehensforderungen durch Banken in den vergangenen Jahren stark. Das Bad-Bank-Konzept, das insbesondere für Landesbanken zur Ausplatzierung von ausfallgefährdeten Vermögenswerten, aber auch zur Veräußerung nichtstrategischer Geschäftsfelder geeignet ist, könnte das noch steigern.Seit einer Entscheidung des OLG Frankfurt von 2004 war unklar, ob die dem Kauf folgende Abtretung der Darlehensforderung nicht jeweils ins Leere gehe. Für private Banken hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 27.2.2007 die Wirksamkeit der Darlehensforderungsabtretung bejaht. Weder das Bankgeheimnis noch das Bundesdatenschutzgesetz stünden dem entgegen. Für Sparkassen ist die Frage höchstrichterlich bislang ungeklärt. Beim BGH ist eine Revision über ein Urteil des OLG Schleswig vom 18.10.2007 anhängig, in dem es die Zulässigkeit der Abtretung von Darlehensforderungen durch Sparkassen im Grundsatz bejaht hat. Benachteiligte MitarbeiterWas heißt das für die öffentlich-rechtlich organisierten Sparkassen? Bei einer Abtretung von Darlehensforderungen stellt sich die Frage, ob die für eine Sparkasse tätigen Personen Amtsträger sind und durch die nicht zu vermeidende Weitergabe von Informationen Privatgeheimnisse der Darlehensnehmer verletzt werden. Diese Verletzung könnte zur Folge haben, dass eine solche Abtretung unwirksam ist. Zweifelhaft ist bereits, ob die bisherige Einstufung von Sparkassenvorständen als Amtsträger im sogenannten Poullain-Urteil des BGH von 1983 noch zeitgemäß ist. Ein Amtsträger muss nämlich Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Die Abschaffung der Anstaltslast und der Gewährträgerhaftung 2005 haben als logische Folge zu einer Annäherung der Sparkassen an die Privatbanken geführt.Zumindest in der Kreditvergabe ist die Tätigkeit der Sparkassen weitestgehend mit der wirtschaftlichen Tätigkeit der Privatbanken gleichzusetzen. Im Hinblick auf den Gleichheitssatz käme eine einschränkende Auslegung des Amtsträgerbegriffes in Betracht, da Sparkassenmitarbeiter sonst gegenüber Angestellten von Privatbanken unangemessen benachteiligt würden. Warum sollen an Mitarbeiter von Sparkassen höhere Ansprüche hinsichtlich des Geheimnisschutzes gestellt werden als an diejenigen von Privatbanken? Die KapitalverkehrsfreiheitDas OLG Schleswig hat in seiner Entscheidung zusätzlich ein europarechtliches Argument bei grenzüberschreitenden Abtretungen innerhalb der EU vorgebracht. Eine Abtretung sei in Hinblick auf die im Europarecht verankerte Kapitalverkehrsfreiheit wirksam und führe nicht zur Nichtigkeit. Eine Nichtigkeit hätte die Benachteiligung der Sparkassen im europäischen Bankenwettbewerb zur Folge. Eine solche Beschränkung des Kapitalmarktverkehrs sollte aber gerade verhindert werden. Das Interesse der Allgemeinheit an der Verkehrsfähigkeit überwiege daher die Forderung des Geheimhaltungsinteresses des Schuldners.All diese Argumente folgen einem Grundgedanken: Die Abtretung von notleidenden Darlehensforderungen durch Sparkassen ist zulässig. Den Markt für Forderungsverkäufe von Sparkassen behindert indes nach wie vor die ungeklärte Rechtslage bis hin zur drohenden Strafbarkeitssanktion für Sparkassenmitarbeiter.Und wie reagiert der Gesetzgeber? Mit dem am 19.8.2008 in Kraft getretenen Risikobegrenzungsgesetz wollte er insbesondere den Schutz der Darlehensnehmer verbessern. Dabei stand das Sonderproblem der Sparkassen nicht im Mittelpunkt der Diskussionen. Aber bei genauerer Betrachtung des neu eingeführten 354a Abs. 2 HGB wird schnell deutlich, dass er im Grundsatz von einer Abtretbarkeit auch von Sparkassenforderungen ausgeht. Demzufolge ist bei Geschäften von Kaufleuten eine Abtretung wirksam, auch wenn vertraglich ein Abtretungsausschluss vereinbart wurde. Der neue Absatz 2 der Vorschrift stellt nun für nach dem 18.8.2008 vereinbarte Abtretungsverbote klar, dass diese Rechtsfolge nicht auf eine Forderung aus einem Darlehensvertrag anzuwenden ist, deren Gläubiger ein Kreditinstitut im Sinne des Kreditwesengesetzes ist. Ein vereinbartes Abtretungsverbot soll entgegen Absatz 1 also auch dann greifen, wenn Darlehensforderungen durch ein Institut im Sinne des Kreditwesengesetzes abgetreten werden.Auch die Sparkassenforderungen sind erfasst, denn auch Sparkassen sind zweifelsohne Kreditinstitute im Sinne des Kreditwesengesetzes. Ein implizites Abtretungsverbot kann daher nicht angenommen werden, es sei denn, man nimmt eine Nichtigkeit als Folge eines Verstoßes gegen 203 StGB gem. 134 BGB an. Der Wink des GesetzgebersDer BGH sollte bei seiner Entscheidungsfindung den Wink des Gesetzgebers durchaus als gewichtiges Argument zu würdigen wissen. Aufgrund der Ultima-Ratio-Funktion des Strafrechts sollte nämlich nicht strafrechtlich geahndet werden, was zivilrechtlich als zulässig angesehen wird, auch wenn eine zivilrechtliche Missbilligung gemäß 134 BGB nach hier abgelehnter Auffassung nach wie vor zumindest in Betracht gezogen werden kann. Man darf gespannt nach Karlsruhe schauen, ob der BGH bei seiner für dieses Jahr erwarteten Revisionsentscheidung zum Urteil des OLG Schleswig die Gelegenheit nutzt, die Zulässigkeit und Wirksamkeit der Abtretung von Darlehensforderungen auch von öffentlich-rechtlichen Sparkassen zu bestätigen.—-*) Dr. Michael Weller ist Partner und Dr. Gerold Jaeger Anwalt bei Clifford Chance in Frankfurt.