Asset Management - Staatsfonds

Staatsfonds verändern die Spielregeln am Kapitalmarkt

3 Bill. Dollar wollen angelegt sein - Citigroup: Übernahme durch Staatsfonds wird zur Alternative zu Private Equity

Staatsfonds verändern die Spielregeln am Kapitalmarkt

Von Bernd Neubacher, New York An den Kapitalmärkten werden Staatsfonds zunehmend als Einfluss auf die Bewertungen wahrgenommen. Die Staatsfonds könnten der Katalysator sein, der die Blue Chips in den USA in neue Sphären schickt, schrieb der Dow-Jones-Theoretiker Richard Russell in seinem Newsletter vor wenigen Tagen den Kunden. Die rasch wachsenden Vehikel wollten ihre überschüssige Liquidität investieren, und große, gut positionierte Unternehmen wie Procter & Gamble oder General Electric erfüllten ihre Anforderungen. Damit stehe dem Aktienmarkt ein bedeutender Trend ins Haus. Nachdem sich die 200 Mrd. Dollar schwere China Investment Corporation (CIC) jüngst lieber beim Finanzinvestor Blackstone einkaufte, anstatt ihr Geld wie gehabt in US-Staatsanleihen zu stecken, hat man auch am Bondmarkt aufgemerkt. Die Transaktion zeige, dass sich die Entwicklung von Staatsfonds nicht in Modelle einarbeiten lasse, und es gebe dazu kaum historische Daten, sagte William Gross, der für die Allianz-Tochter Pimco den weltweit größten Anleihefonds verwaltet, kürzlich dem US-Magazin “Barron’s”. Kämen die Staatsfonds in Schwung, sei damit das von der Geldpolitik geprägte kurze Ende der Zinskurve der sichere Platz. Denn es sei leichter, die Schritte der Fed zu analysieren, als darauf zu spekulieren, “ob und was die Chinesen kaufen könnten”. Der Aufstieg der Staatsfonds verändert allerorten die Spielregeln. Mit den öffentlich kontrollierten Anlagegesellschaften drängen Spieler auf den Markt, deren Schlagkraft Finanzinvestoren wie Kohlberg Kravis Roberts (KKR) locker in den Schatten stellt. Allein Mega-Kapitalsammelstellen wie State Street oder Fidelity überragen die Fonds an Größe (siehe Grafik). Schon die Fonds aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Norwegen, Saudi-Arabien, Kuwait, China und Singapur vereinigen 2,1 Bill. Dollar auf sich. Weltweit betragen die Volumina Schätzungen zufolge 3 Bill. Dollar. Gigantische RelationenEiner Studie der Citigroup zufolge entspricht dies mehr als der Hälfte der globalen Währungsreserven, 13 % der weltweiten Pensionsfondsvermögen, 6 % des im gesamten Asset Management verwalteten Geldes und immerhin 6 % der Marktkapitalisierung an den Aktienmärkten der Erde. Im Zuge wachsender Zentralbankreserven, des Eintritts neuer Spieler und der Reorganisation der Anlagevehikel dürfte die Summe binnen fünf Jahren auf 7,5 Bill. Dollar anschwellen, meint die Bank. Befeuert wird das Wachstum der Sondervermögen durch die globalen Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen der vergangenen Jahre. Während in der Eurozone samt Zentral- und Osteuropa sowie in den USA im laufenden Jahr Fehlbeträge von mehr als 900 Mrd. Dollar zusammenkommen sollten, haben sich allein in Asien außerhalb Japans Überschüsse von 480 Mrd. Dollar angesammelt und im Nahen Osten dank des Ölexports ein positiver Saldo von knapp 230 Mrd. Dollar. Damit verschieben sich auch die finanziellen Kräfteverhältnisse zu Ungunsten der demokratischen Staaten. Finanztitel bevorzugtDie Emittenten auf dem Aktienmarkt haben die Überschüsse im Osten bereits zu spüren bekommen, zumal die Fonds Fremdwährungsreserven immer öfter nicht nur diversifiziert, sondern auch höher rentierend anlegen wollen. Nach einer Schätzung von Morgan Stanley haben Staatsfonds seit Anfang 2006 allein in den Finanzsektor rund 35 Mrd. Dollar gesteckt, unter anderem in Anteile der Deutschen Bank, der London Stock Exchange (LSE), der Nasdaq sowie von Barclays und HSBC. Neben Finanztiteln sind Investitionen in Infrastruktur en vogue. Sie kommen dem langfristigen Anlagehorizont der Fonds entgegen. Die Investment-Banking-Abteilungen der großen Institute jedenfalls haben eine neue Gebührenquelle gewittert und längst Teams zur Beratung der Fonds zusammengestellt. Fonds streben Mehrheit anVor allem neuere Fonds wie die Dubai Holding und deren Töchter strebten größere Anteile oder gar die Kontrolle über ein Unternehmen an, auch um Branchenführer in ihrer Heimat zu fördern, heißt es in einer Analyse der Financial Strategy Group der Citigroup. Über einen Kamm aber lassen sich die Anlagevehikel nicht scheren. Der russische Ölstabilisierungsfonds etwa soll den Haushaltsetat stützen, wenn die Rohstoffpreise fallen, und hält ausschließlich Kasse und Staatsanleihen. Die Quatar Investment Authority wiederum spielt auf der gesamten Klaviatur des Kapitalmarktes und legt auch in Immobilien, Hedgefonds, Private Equity und schuldenfinanzierte Übernahmen an. Im Beteiligungsgeschäft haben sich die Anlagevehikel zum Treiber entwickelt. Die Gesellschaften unterstützen Buy-outs durch Finanzinvestoren und führen auch selbst Deals an. Nicht selten verwischen die Grenzen von Staatsfonds und Private Equity: Die Mubadala Development Company aus den Emiraten hat 7,5 % an Carlyle gekauft, und die Kuwait Investment Authority hat sich mit 300 Mill. Dollar an dem von KKR und TPG betriebenen Buy-out des texanischen Versorgers TXU beteiligt. Statt Bankkredit Die Staatsfonds versprechen sich von der Investition in eine Beteiligungsgesellschaft potenziell Zugang zu künftigen Private-Equity-Transaktionen. Die Geldspritzen der Fonds machen die Privatisierer wiederum unabhängiger von Brückenkrediten der Banken, was gerade in Zeiten der Kreditklemme viel zählt. Angesichts eines sich abschwächenden Beteiligungsmarktes kann eine Übernahme durch einen Staatsfonds für Unternehmen zur Alternative zu einem Buy-out durch Finanzinvestoren werden, wie Citigroup meint. Die Vorteile für Emittenten: Die Fonds seien nicht auf einen Exit durch einen Börsengang angewiesen, hätten einen längeren Anlagehorizont als Finanzinvestoren und dürften zudem seltener das Management auswechseln, da sie im Haus vielfach noch nicht über die Expertise verfügten, es zu ersetzen. Die Geldgeber aus dem Osten sind zudem für solche Übernahmen nicht auf Fremdkapital angewiesen und können daher auch Firmen kaufen, die für einen Buy-out mit hohem Schuldeneinsatz nicht in Frage kommen. Das Risiko eines Scheiterns sei daher geringer, zuweilen wohl aber auch die Synergien, meint Citigroup. Ruf nach RegulierungDie Bank geht davon aus, dass die Rufe nach einer verstärkten Regulierung der Staatsfonds an Lautstärke zunehmen werden. In Reaktion darauf könnten sich die Fonds von politisch heiklen Bereichen wie Verteidigung und Energie ab- und weniger verfänglichen Sektoren zuwenden. Eine allzu harsche Restriktion berge freilich das Risiko von Rückschlägen hinsichtlich Auslandsinvestitionen, des Handels sowie des Marktzugangs mit konjunkturellen Abwärtsrisiken für beide Seiten. Investitionen durch ausländische Staatsfonds brächten aber auch Vorteile: Ihrer Natur nach handele es sich bei den Vehikeln um Anleger, die an einer Investition festhielten, selbst wenn es kurzfristig zu Verlusten kommen sollte. Dies könne sich stabilisierend auf Unternehmen und Finanzmärkte auswirken. Zuletzt erschienen: – 2.10.: Staatsfonds vom Golf sind größer als Hedgefonds – 11.9.: Norwegen legt Ölmilliarden vorbildlich an – 21.8.: Der “Alberta Heritage Fund” ist auf Ölsand gebaut