Asset Management

Steigende Pensionsverpflichtungen im Dax befürchtet

Mercer: Zweistelliges Wachstum möglich - Zinsentwicklung belastet - Aktienquoten in Europa sinken

Steigende Pensionsverpflichtungen im Dax befürchtet

Von Stefanie Schulte, FrankfurtDax-Unternehmen sollten sich darauf einstellen, dass ihre Pensionsverpflichtungen aufgrund der Zinsentwicklung in den kommenden Jahren um einen zweistelligen Prozentwert zunehmen können. Dies sagte Herwig Kinzler, Leiter des Bereichs Investment Consulting von Mercer in Deutschland, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.Künftige Pensionsverpflichtungen müssten in der Bilanz mit einem Satz abgezinst werden, der sich an der jeweils aktuellen Verzinsung von Unternehmensanleihen orientiere. Falls dieser Satz um 1 Prozentpunkt sinke – ein durchaus realistisches Szenario in den kommenden zwei bis drei Jahren – so sei allein dadurch ein Anstieg der Pensionsverpflichtungen um 10 % bis 15 % zu erwarten, warnte Kinzler. Je nach Anlagestruktur werde dieser Effekt allerdings teilweise dadurch ausgeglichen, dass die Anleihebestände in den Portfolien in diesem Fall automatisch an Wert gewännen.Fast alle Unternehmen im Dax und MDax müssten sich mit diesem Problem beschäftigen, da sie eigene Pensionsgelder in Treuhandlösungen (Contractual Trust Arrangements, CTA) ausgelagert hätten. Bislang seien hier im Zuge der Finanzmarktkrise keine größeren Probleme aufgetreten, weil der jüngste Zinsanstieg bei Unternehmensanleihen dazu geführt habe, dass die Pensionsverpflichtungen rechnerisch gesunken seien. Dies habe zum Teil die Kursverluste von Aktien und anderen Risikopapieren in den Portfolien ausgleichen können.Die Differenz zwischen dem Wert der Pensionsverpflichtungen und den CTA-Vermögen habe sich durch die Krise bei den Unternehmen im Durchschnitt um etwa 5 % ausgeweitet. Durch die drohende Zinserosion könne sich diese Lücke aber vergrößern, “wenn nicht aktiv gegengesteuert wird”.Um dem zu begegnen, sollten Unternehmen ihre CTA-Portfolien stärker an die Verbindlichkeiten anpassen, etwa durch den Kauf von Anleihen, die genau dann fällig werden, wenn Pensionen ausgezahlt werden, oder aber mit entsprechenden Derivaten. “Leider ist es derzeit nicht ganz einfach, solche Absicherungen für einen längeren Zeitraum zu bekommen, und es ist mit erhöhten Kosten verbunden”, berichtete Kinzler. Rettende DividendenpapiereAnstatt ihre kompletten Pensionsverpflichtungen gegen sinkende Zinsen abzusichern, könnten die Unternehmen auch ihre Aktienbestände erhöhen, in der Hoffnung, dass eine Erholung der Kurse helfe, die drohende Pensionslücke zu füllen, so der Berater. “Anders als klassische Pensionsfonds sind CTA nicht gezwungen, jederzeit die gesamten Pensionsverpflichtungen eines Unternehmens abzudecken.” Dies gebe den Unternehmen Zeit, die Krise auszusitzen. Dabei gingen sie aber das Risiko ein, dass sie bei einer sehr ungünstigen Kapitalmarktentwicklung über mehrere Jahre ungedeckte Pensionslücken aus dem eigenen Cash-flow ausgleichen müssten.Aktuell rangieren die Aktienquoten deutscher Pensionseinrichtungen mit 6 % deutlich hinter dem kontinentaleuropäischen Durchschnitt (42 %), wie aus dem aktuellen “Asset Allocation Survey” von Mercer hervorgeht, der der Börsen-Zeitung vorliegt (siehe Grafik). Mercer führt dies auch darauf zurück, dass die in Deutschland bekannten Pensionskassen – analog zu Versicherern – speziellen Vorgaben unterliegen, die nur niedrige Aktienquoten zulassen. Für CTA gilt dies allerdings nicht.Umschichtungen und Kursverluste im Zuge der Finanzmarktkrise ließen die Aktienquoten deutscher Altersvorsorge-Einrichtungen zusätzlich schmelzen. Vor einem Jahr habe die Aktienquote in Deutschland noch bei 19 % gelegen, meldet Mercer. 2006 betrug die Quote 31 %.Auch bei britischen Pensionseinrichtungen, bei denen die durchschnittliche Aktienquote mit 54 % vergleichsweise hoch ausfällt, gab es einen Rückgang, aber nur von 58 % im Jahr 2008 bzw. 62 % im Jahr 2006. Allerdings planen die Briten laut der Studie von Mercer, ihre Aktienbestände zu reduzieren und sich verstärkt etwa in Anleihen und Immobilien zu engagieren. In der Studie wurden gut 1 000 europäische Pensionsfonds mit insgesamt 400 Mrd. Euro Vermögen berücksichtigt.Angesichts der Finanzmarktkrise nähmen Manager von CTA, Pensionsfonds und anderen Altersvorsorge-Vehikeln auch die Qualität ihrer externen Dienstleister verstärkt unter die Lupe, berichtete Kinzler. Während in der Vergangenheit vor allem die Kosten für Vermögensverwaltung und Depotverwahrung streng kontrolliert worden seien, werde nun verstärkt auch darauf geachtet, welche Kosten die Broker verursachten, die Wertpapieran- und -verkäufe durchführten. Probleme bei WertpapierleiheInstrumente wie die Wertpapierleihe, mit denen in den vergangenen Jahren Zusatzerträge erzielt wurden, würden zudem kritisch hinterfragt. “Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass es keine Zusatzerträge ohne Zusatzrisiken gibt.” Beispielsweise hätten Pensionseinrichtungen, die Wertpapiere gegen eine Gebühr an Investoren verliehen hätten, die diese leer verkauften, teilweise heftige Verluste einstecken müssen. Sie hätten die Papiere während der Leihfrist schließlich nicht verkaufen können – auch dann nicht, wenn überraschende Kursstürze stattgefunden hätten.