RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: TORSTEN ENGERS

Steuerversicherungen können Transaktionen retten

Trend aus den USA setzt sich zunehmend in Deutschland durch

Steuerversicherungen können Transaktionen retten

– Herr Dr. Engers, die steuerlichen Risiken der Zielgesellschaft aus der Vergangenheit sind bei Transaktionen oft ein zentraler Punkt in den Vertragsverhandlungen. Verkäufer und Käufer streiten sich regelmäßig über die Höhe und die Wahrscheinlichkeit von Steuernachforderungen des Finanzamts. Welche Vorteile bringt in diesem Zusammenhang eine Versicherung?Bei den Diskussionen zwischen Verkäufer und Käufer geht es in der Regel weniger um die Frage, ob der Verkäufer für Steuerrisiken der Vergangenheit haftet – dies ist Standard -, als darum, ob und wie der Freistellungsanspruch des Käufers gegen den Verkäufer abgesichert werden soll. Häufig wird hierfür ein Teil des Kaufpreises auf ein Treuhandkonto eingezahlt. Ist das Steuerrisiko aber über eine Versicherung gedeckt, kann auf einen solchen Einbehalt verzichtet werden. Der Verkäufer erhält dann sofort den gesamten Kaufpreis. Er muss sich keine Gedanken über eine Inanspruchnahme machen und auch dafür keine Rückstellung bilden. Gerade für Private-Equity-Investoren ist dies ein wichtiger Aspekt.- Bringt die Steuerversicherung auch Vorteile für den Käufer?Wenn sich der Kaufpreiseinbehalt nicht durchsetzen lässt, ist der Käufer nicht mehr der Insolvenzgefahr des Verkäufers – manchmal eine leere Zweckgesellschaft – ausgesetzt. Er tauscht dieses Risiko gegen die in der Regel deutlich bessere Bonität des Versicherers. Für beide Parteien gilt, dass eine Versicherung schwierige Diskussionen über die Höhe und Wahrscheinlichkeit des Steuerrisikos vermeidet.- Können alle Steuerrisiken versichert werden?Eine Versicherung eignet sich besonders für betragsmäßig hohe Risiken, deren Eintritt aber nur sehr unwahrscheinlich ist. Deshalb wird der Verkäufer hier einen hohen Kaufpreiseinbehalt nicht akzeptieren. Der Käufer wird aber eine Absicherung des Risikos fordern, das, wenn es denn eintritt, zu einer substanziellen Be lastung wird. Neben der eigentlichen Steuerlast umfasst die Versicherung in der Regel auch Zinsen und Beratungskosten. Nicht versicherbar sind grundsätzlich Steuerumgehungsstrukturen, das heißt Steuermodelle, die auf Gesetzeslücken zielen und bei denen schon vorab feststeht, dass sie von der steuerlichen Betriebsprüfung aufgegriffen werden.- Wer schließt die Versicherung ab, der Käufer oder der Verkäufer, und wie sieht ein solcher Vertrag aus?Beides ist möglich. Schließt der Verkäufer die Versicherung ab, tritt er in der Regel seine Ansprüche an den Käufer ab. Die Verkäuferversicherung greift natürlich nicht, wenn der Verkäufer grob fahrlässig handelt oder unvollständige oder missverständliche Angaben gegenüber dem Versicherer gemacht hat. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei Typen von Versicherungen: Teilweise werden Steuerversicherungen eingebettet in eine Versicherung für die generellen Inanspruchnahmen des Verkäufers für Garantien. Diese gehen weit über Steuergarantien hinaus. Teilweise wird die Versicherung für ein bestimmtes Steuerrisiko abgeschlossen. In jedem Fall sieht ein solcher Vertrag eine Eigenbeteiligung des Versicherten vor. Dieser soll ein Interesse daran haben, für seine Position zu kämpfen.- Was kostet eine solche Versicherung?Wie bei allen Versicherungen richten sich die Kosten nach der Höhe des abzusichernden Risikos und der Eintrittswahrscheinlichkeit. Die Versicherung fordert in der Regel die Unterlagen einschließlich schon vorliegender Due Diligence Reports an. Daneben schaltet sie eigene Berater ein, um die Eintrittswahrscheinlichkeit zu evaluieren. Man kann mit einer Prämie zwischen ein und sechs Prozent des versicherten Risikos rechnen.- Ist die Idee einer Steuerversicherung neu?In den USA sind Steuerversicherungen bei Transaktionen schon seit Längerem weit verbreitet. Der Trend schwappt über Großbritannien zunehmend nach Deutschland über. Er spiegelt sich auf der Seite der Versicherer. Inzwischen haben auch deutsche Versicherungsunternehmen diesen Markt für sich entdeckt.—-Dr. Torsten Engers ist Partner bei Flick Gocke Schaumburg in Frankfurt. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.