Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Henning Schneider

Stiftungen für Krankenhäuser "interessante Option"

Neue Finanzierungsmodelle für Kliniken - Mehr Minderheitsbeteiligungen

Stiftungen für Krankenhäuser "interessante Option"

– Herr Dr. Schneider, einige große Kliniken erwägen die Überführung ihres Betriebs und ihres Vermögens in eine Stiftung. Ist dies eine Alternative zur echten Privatisierung? Eine Stiftung als Krankenhausträger ist eine interessante Option, um bei einer durchaus betriebswirtschaftlichen Ausrichtung des normalen Krankenhausbetriebs zugleich übergeordnete Zwecke zu verfolgen. Denken Sie etwa an den Bereich der medizinischen Forschung. Also ein guter rechtlicher Rahmen für ein Krankenhaus im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ethik. – Wo liegen die konkreten Vorteile des Stiftungsmodells? Bei entsprechender rechtlicher Ausgestaltung, nämlich insbesondere Unabhängigkeit der Stiftungsorgane, wird die Stiftung von kostenintensiven und erfolgshemmenden Einschränkungen befreit, z. B. vom Vergabe- und Kartellrecht. Patienten, Ärzte und sonstige Mitarbeiter können sich mit einer Stiftung leichter identifizieren als mit einer privaten AG oder GmbH. Es sind auch steuerlich interessante Zustiftungen möglich. Zudem wird so bei den bisher kommunal getragenen Häusern der nicht immer hilfreiche (tages-) politische Einfluss abgeschnitten. Und schließlich: Die Stiftung muss mit ihrem eigenen Vermögen haushalten, das führt zu Kostenbewusstsein, aber auch zur sinnvollen Nutzung von schlummernden Werten. So können nichtbetriebsnotwendige Immobilien leichter verwertet werden, um mit dem Erlös den Krankenhausbetrieb der Stiftung zu optimieren. – Für welche Häuser könnte ein Stiftungsmodell interessant sein? Das sollten schon größere Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen sein, ab ca. 700 Betten. Wichtig ist auch, dass die Stiftung von Anfang an wirtschaftlich lebensfähig ist, also mit einem relevanten Stiftungsvermögen ausgestattet wird. Dies können die Immobilien sein. Interessant ist das Stiftungsmodell insbesondere für Universitätsklinika. Gerade im Hinblick auf die nun erfolgte Vollprivatisierung der Universitätsklinika in Gießen und Marburg ist nämlich noch offen, ob die Vollprivatisierung hier viele Nachahmer finden wird. – Der Druck auf die Kommunen zur Privatisierung hat angesichts höherer Steuereinnahmen deutlich abgenommen. Wirkt sich dies in der Strukturierung von Übernahmen aus?Ja, zweifellos. Zumindest die “gefühlte” Finanznot der Kommunen hat in den letzten Monaten abgenommen. Wir beobachten daher derzeit einen klaren Trend weg von der einfachen Vollprivatisierung hin zu maßgeschneiderten Trägerschaftslösungen. Auch werden beim öffentlichen Verkäufer – neben dem Verkaufserlös – auch wieder andere Privatisierungsziele wichtiger. Es werden etwa wieder verstärkt abgefragt: Investitionsverpflichtungen, Arbeitsplatzsicherheit sowie Erhalt und Ausbau des medizinischen Versorgungsniveaus. – Werden wir häufiger Minderheitsbeteiligungen sehen – mit welchen Konsequenzen für die Erwerber?Minderheitsbeteiligungen durch private Partner werden derzeit verstärkt erwogen und auch bereits umgesetzt. In Abgrenzung zu den in der Vergangenheit oft gewählten Management-Verträgen handelt es sich hier aber um eine echte, wesentliche gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Investors am Krankenhausträger. Wenn der neue Partner aber nur auf dem Beifahrersitz mitfahren darf, wird er genau prüfen müssen, was er für seine Investition bekommt. – Das heißt?Hier sollten insbesondere die gesellschaftlichen (Mitsprache-)Rechte einerseits und die (Investitions-)Pflichten anderseits sorgfältig abgewogen werden. Auch für die öffentliche Hand kann eine solche Minderheitsbeteiligung eines Dritten problematisch sein. Kann dieser nämlich betriebswirtschaftlich gebotene, aber in der Außenwirkung unpopuläre Maßnahmen (z. B. Gehaltskürzungen, Konzentration des medizinischen Versorgungsangebotes) eigenständig umsetzen, wird die öffentliche Hand als Mehrheitsgesellschafter immer politisch in der Verantwortung bleiben. Kurz: Wenn man hier nicht aufpasst, kann ein Landrat mächtig zwischen die Stühle fallen. – Die staatlichen Fördermittel sprudeln nicht mehr, welche alternativen Finanzierungsstrukturen bieten sich an? In- und ausländische Finanzinvestoren suchen verstärkt nach Anlagemöglichkeiten in der Gesundheitswirtschaft. Bei dem wachsenden Investitionsstau in diesem Bereich und gleichzeitiger Abnahme der öffentlichen Mittel sind daher neue Denkansätze gefragt. An den Betrieb von Krankenhäusern und sonstigen Gesundheitseinrichtungen (z. B. Pflegeheime) trauen sich viele dieser Investoren noch nicht heran. Interessanter sind aber die “Backsteine”: Diskutiert wird derzeit beispielsweise eine Finanzierung von zukünftigen Baumaßnahmen über bereits bestehende Immobilien (Sale & Leaseback, Erbbaurechte). – Welche Konstruktionen sind noch denkbar?Wir werden zudem verstärkt sektorenübergreifende Partnerschaften sehen. So werden Versicherungen mit Krankenhausträgern, Altenheimbetreibern und Medizinprodukteherstellern zusammenarbeiten. Dies auch, um zukünftig verstärkt nach Krankheitsbildern orientierte, patientengerechte Strukturen aufzubauen. Aber: Die Gesundheitswirtschaft ist ein immer noch stark regulierter Markt – ein erfolgreicher Investor muss hier bereit sein, sich auf eine Reihe von Besonderheiten einzulassen. Dr. Henning C. Schneider ist Partner und Chair des Corporate Department im Hamburger Büro von Latham & Watkins. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.