Immobilien

Streit um spanische Immobilien-Altlasten

Hypothekarverband fordert Bad Bank für toxische Aktiva - Großbanken und Politik gegen staatliche Lösung

Streit um spanische Immobilien-Altlasten

Von Angelika Engler, MadridDie Krise des Vertrauens in Spaniens angeschlagene Staatsfinanzen lenkt den Blick internationaler Investoren auch wieder verstärkt auf die großen Altlasten des zehn Jahre währenden Immobilienbooms. Zwar brüstet sich der sozialistische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero, wie kürzlich in den USA geschehen, nach wie vor gerne mit dem “soliden” Finanzsystem, das die globale Finanz- und Wirtschaftskrise bisher wesentlich besser überstanden habe als die Branche in den meisten entwickelten Volkswirtschaften. Doch der Vorteil der Banken und Sparkassen, nicht in US-Subprime-Produkte investiert und auf Anweisung der Bankenaufsicht Extrapolster für Kreditausfälle angelegt zu haben, ist mittlerweile einem Tanz auf dem Pulverfass gewichen.Die Gefahren liegen in dem enormen Kreditbestand von 1,8 Bill. Euro, den die Branche zu Zeiten des Immobilienbooms und des billigen Geldes augenscheinlich sorglos an Immobilienentwickler, Unternehmen und Privathaushalte verliehen hatte. Immobilienbranche “pleite”Etwa 5 % dieser Summe galten per Ende November nach Daten der Bankenaufsicht Banco de España schon als uneinholbar. Und weitere 325 Mrd. Euro, die die einst als absolut kreditwürdig geltenden Immobilienentwickler den Banken und Sparkassen schulden, bezeichnete der spanische Hypothekarverband Asociación Hipotecaria Española (AHE) kürzlich als “niemals” zurückzahlbar. “Eine Branche, die nicht einmal genügend Einnahmen produziert, um die Zinsen von jährlich 15 Mrd. Euro zu zahlen, ist bankrott”, sagte AHE-Präsident Santos González Sánchez schonungslos wie keiner zuvor. “Alle kennen das Problem, doch alle schauen weg.”Im AHE sind die Banken, Sparkassen und sonstigen Kreditinstitute vertreten, die etwa 80 % des gesamten Bestands an spanischen Hypothekarkrediten auf sich vereinen. Mit seinen Worten brach Santos nicht nur ein Tabu, sondern brachte auch einige Verbandsmitglieder gegen sich auf. Denn die Lösung des Problems liegt seiner Meinung nach in der Bildung einer Bad Bank, in die diese toxischen Kredite ausgelagert werden. “So könnten die Bilanzen entlastet werden und die Finanzinstitute wieder ein normales Kreditgeschäft starten.”Emilio Botín, Präsident des spanischen Bankenriesen Banco Santander, zeigte sich fast schon empört ob dieses Vorstoßes: Er sei “völlig” anderer Meinung, denn die Institute könnten die Immobilienschulden ohne staatliche Hilfe managen. “Wir sind stolz darauf, wie wir das Problem der Kreditausfälle im Griff haben”, sagte er bei der Vorlage der Bilanz 2009, die einen spektakulären Nettogewinn von 8,9 Mrd. Euro auswies, und damit etwas mehr als im Jahr zuvor.Santander steht mit einer Kreditausfallrate von global 3,24 % und 3,4 % für Spanien jedoch auch einzigartig gut dar. Auch Francisco González, Präsident von Spaniens zweitgrößter Bank, Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA), lehnt eine staatliche Lösung strikt ab: “Es ist eine Tatsache, dass diejenigen für die Schulden aufkommen müssen, die sie verursacht haben”, sagte er in Anspielung auch an die eigene Branche, die zu Boomzeiten ihre Risikokontrolle nahezu fahrlässig vernachlässigt hatte.Erst kürzlich schockte BBVA, dessen Kreditausfallrate Ende 2009 global auf 4,3 % stieg, den Markt mit einer unerwartet radikalen Bilanzsäuberung. Unter Analysten warf dies erneut die bange Frage auf, wie es tatsächlich um die Kreditqualität der spanischen Banken und Sparkassen stehe. Immerhin sorgte schon die Strategie vieler Finanzinstitute, Kreditschulden der Immobilienfirmen gegen Immobilien im Gesamtvolumen von geschätzten 30 bis 40 Mrd. Euro zu tauschen, für den Verdacht, damit würden Verluste vertuscht und Kreditausfallraten frisiert. Riegel vorgeschobenWirtschafts- und Finanzministerin Elena Salgado schob dem Verlangen nach einer Bad Bank, wie sie bereits in anderen Ländern existiert, in einer ersten Reaktion einen Riegel vor. “Daran ist natürlich nicht gedacht”, sagte sie. Der Gouverneur der Bankenaufsicht, Miguel Angel Fernández Ordóñez, lehnt dies ebenfalls ab: “Die globalen Lösungen, alles auf den Staat und den Steuerzahler abzuwälzen, sind nicht gut”. Vielmehr müssten sich Geldhäuser und Immobilienentwickler einigen.Der Immobiliensektor begrüßt natürlich eine Bad-Bank-Lösung. Früher oder später läuft es möglicherweise tatsächlich darauf hinaus. Denn die Exzesse des Booms sind für viele mittlere und kleine kapitalschwächere Geldinstitute kaum noch mit entsprechender Risikovorsorge zu tragen. Dann wäre allerdings die Frage, was mit den zahlreichen hoch verschuldeten Privathaushalten passieren soll: Angesichts einer Arbeitslosenquote nahe 20 % haben jetzt schon viele Probleme, die Monatsraten für die oftmals zu völlig überteuerten Preisen gekauften Eigenheime abzustottern.