Portfolio - Interview mit Jörg Kukies, Goldman Sachs

"Trend hin zu einfachen Strukturen"

Nachfrage nach Ucits-III-Fonds steigt

"Trend hin zu einfachen Strukturen"

– Herr Kukies, die Zertifikatehülle hat durch den Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers einen starken Imageschaden bei den Anlegern erlitten. Sind die institutionellen Anleger gleichermaßen reserviert gegenüber der Produkthülle?Natürlich hat dieses Ereignis Anleger und Zertifikateemittenten empfindlich getroffen. Eigentümer von Lehman-Aktien und -Anleihen verloren zwar ebenfalls einen Großteil ihrer Investitionen, doch bei Zertifikaten war vielen Anlegern das Emittentenrisiko nicht bewusst, oder sie fühlten sich darüber nicht umfassend informiert. Hier hat sich die Risikoaufklärung seitdem enorm verbessert. Private wie auch institutionelle Anleger gehen bei ihren Zertifikatsinvestitionen jetzt behutsamer vor. Auf die Finanzstärke des Emittenten wird bedeutend mehr Wert gelegt. Auch erfolgt eine breitere Streuung über mehrere Anbieter hinweg. Allgemein lässt sich sagen, dass institutionelle Investoren sehr viel schneller wieder Zertifikatsstrukturen nachgefragt haben als Privatanleger. Auch im institutionellen Bereich ist ein klarer Trend hin zu einfachen und transparenten Strukturen zu beobachten.- Ist nach der Finanzkrise der Wunsch der Institutionellen nach anderen Wrappern gestiegen?Anfänglich kam der Kundenwunsch nach besicherten Zertifikaten auf, um die Flexibilität der Zertifikate beizubehalten, aber vor einem Ausfall geschützt zu sein. Diese Konstrukte konnten sich jedoch nicht am Markt durchsetzen, hier hielt sich die Kundennachfrage unter anderem aufgrund der geringen Flexibilität und des schlechteren Pricings sehr in Grenzen. Deutlich größere Nachfrage erwecken hingegen Ucits- Fonds-Produkte. Diesem Interesse begegnen wir mit unserer neuen Investmentplattform GSQuartix, auf der wir besondere Anlagestrategien wie z. B. rolloptimierte Rohstoffinvestments oder Hedgefonds-Replikatoren im Ucits-Mantel anbieten.- Welche Vorteile hat das Zertifikat gegenüber Produkthüllen wie beispielsweise einem Fonds?Da gibt es eine Vielzahl von Vorteilen. Um nur einmal die wichtigsten zu nennen: Flexibilität und Geschwindigkeit, niedrige Kosten, Handelbarkeit und universelle Anlageziele. Zertifikatsstrukturen erlauben es, eine Marktmeinung für verschiedene Kursverläufe auszudrücken, seien sie steigend, sinkend, seitwärts laufend, volatil, ruhig usw. Für jedes denkbare Anlagevorhaben gibt es eine mögliche Zertifikatsstruktur. Im engeren Sinne gibt es die Bezeichnung “gute” oder “schlechte” Märkte für diese Produkte eigentlich nicht mehr.- Gibt es im institutionellen Geschäft bei Ihnen standardisierte Produktkonzepte?Ja. Die Aussage, es handele sich bei Zertifikaten um sehr komplexe, kaum zu verstehende Produkte, kann man so nicht stehen lassen. Das größte Volumen im institutionellen wie auch im privaten Geschäft wird in Standardprodukten gehandelt: Discount, Aktienanleihen, Bonus und Kapitalschutz. Darüber hinaus gibt es im institutionellen Geschäft jedoch viele Anfragen zu nicht standardisierten Produkten wie Hedgefonds, Zinsstrukturen und Rohstoffen.- Gibt es für die Zertifikatehülle regulatorische Grenzen oder Limitierungen durch die Strategie?Grundsätzlich ist die Zertifikate-hülle sehr flexibel, und es gibt nur wenige Limitierungen. Dies wird von zahlreichen Anlegern als ein großer Vorteil gesehen. In vielen Fällen wird im aktuellen Umfeld dennoch die Fondshülle gewählt, um Strategien zu implementieren, um andere Ziele wie z. B. Transparenz und Besicherung umzusetzen – wir haben in vielen Diskussionen mit Investoren gesehen, dass gerade die klare Regulierung der Ucits-Fonds durchaus sehr positiv gesehen wird.- Glauben Sie, dass die neue Richtlinie der EU für Alternative-Investment-Fondsmanager (AIFM) dazu führen wird, dass sie die Ucits-III-Fondshülle häufiger nutzen werden als bisher?Man muss immer sauber trennen zwischen dem Basiswert und der Verpackung. Der Basiswert kann natürlich auch ein oder mehrere alternative Investmentfonds sein, welche sich bei einer Umsetzung der neuen Richtlinie an die entsprechenden Vorgaben zu halten haben (AIFM-Registrierung, Informationspflichten gegenüber Investoren und Aufsichtsbehörden etc.). Ob und wie es sinnvoll erscheint, selbige in eine Ucits-III- oder Zertifikatehülle “zu packen”, hat mehr mit den Sicherheitsbedürfnissen des Anlegers zu tun. Diese Bedürfnisse sind während der Finanzkrise gestiegen, sodass generell ein wachsender Bedarf an Ucits-III-Hüllen festzustellen ist.—-Das Interview führte Armin Schmitz.