Recht und Kapitalmarkt

Triangular Merger jetzt auch in Japan möglich

Übernahme gegen Aktien bleibt jedoch weiterhin schwierig - Eigentliche Bedeutung der neuen Vorschriften ist vorerst eine andere

Triangular Merger jetzt auch in Japan möglich

Von Michael Burian *) Aktuelle Statistiken belegen, was vielfach schon längst vermutet wurde: Ungeachtet der zunehmenden Globalisierung nehmen die ausländischen Investitionen in Japan neuerdings wieder ab, während der inländische M & A-Markt boomt. Eine der möglichen Ursachen ist unschwer auszumachen: Wer in den letzten Monaten die weitgehend erfolglosen Versuche eines US-Fonds beobachtet hat, verschiedene japanische Unternehmen zu übernehmen oder eine Beteiligung auszubauen, wird nachvollziehen können, warum sich derzeit viele Investoren abwartend verhalten. Als nahezu unüberwindbar erweisen sich die japanischen Varianten von Abwehrmaßnahmen (Poison Pills), und zu irrational erscheint vielen das Abstimmungsverhalten japanischer Aktionäre.Können die kürzlich in Kraft getretenen Vorschriften über den sogenannten “Triangular Merger” daran etwas ändern? Von Prinzipien verabschiedet Was versteht das japanische Recht eigentlich unter einem “Triangular Merger”? Wie in vielen anderen Bereichen des Gesellschaftsrechts hat sich der japanische Gesetzgeber das US-Recht zum Vorbild genommen. Bei einem Triangular Merger erwirbt ein Bieter, typischerweise ein börsennotiertes Unternehmen, eine (japanische) Zielgesellschaft, die regelmäßig börsennotiert ist. Der Erwerb wird durchgeführt, indem die Zielgesellschaft auf eine (japanische) Tochtergesellschaft des Bieters verschmolzen wird. Die Aktionäre der Zielgesellschaft erhalten als Gegenleistung jedoch keine Anteile an der Tochtergesellschaft, sondern Aktien des (möglicherweise ausländischen) Bieters. Auf diese Weise wird vermieden, dass innerhalb der Konzernstruktur Minderheitsbeteiligungen Dritter entstehen.Um einen Triangular Merger zu ermöglichen, musste sich das japanische Gesellschaftsrecht von zwei althergebrachten Prinzipien verabschieden. Dies betrifft zum einen die Gegenleistung bei einer Verschmelzung. Bislang bestand die einzig zulässige Gegenleistung aus Anteilen des übernehmenden Unternehmens. Wollte also ein ausländisches Unternehmen eine japanische Gesellschaft im Wege einer Verschmelzung erwerben, konnte es nur die Anteile an der eigenen Tochtergesellschaft in Japan anbieten. Dies war schon deswegen nicht praktikabel, weil die Tochtergesellschaft üblicherweise nicht börsennotiert und somit die Gegenleistung nicht ausreichend liquide war, um die Zustimmung der Aktionäre zu finden. Zum anderen war es einer japanischen Gesellschaft verboten, Anteile an der eigenen Muttergesellschaft zu halten. Damit waren Triangular Mergers ausgeschlossen, weil diese voraussetzen, dass die Tochtergesellschaft Aktien an der Mutter hält und diese an die Aktionäre der Zielgesellschaft ausgibt.Mit der Einführung der Regelungen zum Triangular Merger verfolgt der japanische Gesetzgeber im Wesentlichen zwei Ziele: Zum einen soll es japanischen Unternehmen erleichtert werden, im Ausland Akquisitionen zu tätigen. Sie können nunmehr anstelle von Bargeld mit eigenen Aktien bezahlen. Und tatsächlich ist dies ein Gesichtspunkt, der nicht zu unterschätzen ist. Bislang haben japanische Unternehmen im Ausland fast ausschließlich bar bezahlt. Der Anteil der Akquisitionen, in denen mit eigenen Anteilen gezahlt wurde, war noch 2006 vernachlässigbar. Dies führt gerade in Zeiten eines schwachen Yen dazu, dass japanische Unternehmen in Bieterverfahren regelmäßig zahlungskräftigeren Mitbietern unterliegen. Eine Zahlung mit eigenen Aktien könnte die Position japanischer Käufer stärken. Zum anderen sollte es ausländischen Unternehmen erleichtert werden, in Japan Akquisitionen vorzunehmen.An die Einführung des Triangular Merger waren mehr Ängste als Hoffnungen geknüpft. Die Furcht japanischer Unternehmen, das Ziel einer Übernahme zu werden, war so groß, dass der Gesetzgeber beschloss, die Vorschriften zum Triangular Merger nicht gleichzeitig mit dem neuen Gesellschaftsgesetz am 1. Mai 2006 in Kraft treten zu lassen, sondern erst ein Jahr später, obwohl sie technisch gesehen ein Teil des neuen Gesellschaftsgesetzes sind. Dabei waren es nicht nur die wenig profitablen und an der Börse unterbewerteten japanischen Unternehmen, die fürchteten, von ausländischen Bietern übernommen zu werden. Viele börsennotierte Unternehmen nutzten den Übergangszeitraum, um sich durch das Einführen von Abwehrmaßnahmen gegen feindliche Übernahmen zu schützen. Dabei ist diese Diskussion im Zusammenhang mit einem Triangular Merger nicht ganz nachvollziehbar. Schließlich ist ein Triangular Merger zwangsläufig eine “freundliche” Form der Übernahme, weil er neben eines mit Zweidrittelmehrheit gefassten Gesellschafterbeschlusses der Zielgesellschaft auch eines zustimmenden Beschlusses des Boards der Zielgesellschaft bedarf.In den drei Monaten seit der Einführung der neuen Vorschriften ist noch kein Fall eines Triangular Merger bekannt geworden. An der lange Zeit herrschenden Ungewissheit über die steuerlichen Folgen eines Triangular Merger kann es nicht liegen. Denn gerade noch rechtzeitig vor Einführung der Regelungen über den Triangular Merger traten Steuervorschriften in Kraft, die verhindern, dass ein Triangular Merger zu einem Aufdecken der stillen Reserven führt. Ungeliebte Finanzinvestoren Ursache der bisherigen Untätigkeit dürften vielmehr Besonderheiten des japanischen Marktes wie zum Beispiel das allgemeine Misstrauen gegenüber Finanzinvestoren sein, die es Ausländern schwer machen, japanische Unternehmen zu übernehmen. Bei einem Triangular Merger steht ein ausländisches Unternehmen zudem vor dem Problem, den japanischen Aktionären die Anteile an der eigenen Gesellschaft “schmackhaft machen” zu müssen. Ansonsten müssen ausländische Bieter befürchten, dass die ehemaligen Aktionäre der Zielgesellschaft die neu erworbenen Aktien des Bieters unmittelbar nach Zuteilung veräußern, was sich auf den Börsenkurs des Bieters auswirken könnte. Für ein ausländisches Unternehmen ist es daher hilfreich, wenn es selbst an einer japanischen Börse notiert ist.Bleibt die Einführung der Regelung über den Triangular Merger in Japan für ausländische Unternehmen also ohne praktische Auswirkungen? Hört man sich bei ausländischen Gesellschaften in Japan um, scheint dies in der Tat so zu sein – es findet sich kaum jemand, der den neuen Regelungen über einen Triangular Merger eine praktische Bedeutung zumisst. Gleichwohl ist zu erwarten, dass von diesen Vorschriften bald auch in der Praxis Gebrauch gemacht werden wird, allerdings in einem etwas anderen Zusammenhang. Denn bis zum letzten Jahr sah das japanische Recht keine Möglichkeit vor, verbleibende Minderheitsaktionäre durch einen “Squeeze-out” zwangsweise auszuschließen. Die Praxis hat auf verschiedene Weise versucht, damit umzugehen, z. B. indem durch ein Delisting die verbliebenen Aktionäre zum Verkauf ihrer nunmehr illiquiden Aktien gedrängt wurden. Das neue Gesellschaftsrecht erlaubt neuerdings – übrigens ebenfalls erst seit dem 1. Mai dieses Jahres – erstmals einen sogenannten “Cash-out Merger”, bei dem unter bestimmten Voraussetzungen Minderheitsaktionären bei einer Verschmelzung eine Barabfindung anstelle von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft angeboten werden kann. Das größte Problem besteht allerdings darin, dass für eine Barabfindung nachweislich ein über die Verschmelzung hinausgehender Geschäftszweck bestehen muss, was gerichtlich überprüft werden kann.Der Triangular Merger bietet nunmehr einen weiteren Mechanismus. Schafft es ein ausländischer Bieter, durch gezielte Paketerwerbe oder eine öffentliche Übernahme mehr als zwei Drittel der Stimmanteile an einer japanischen Gesellschaft zu erwerben, kann er im Anschluss daran einen Triangular Merger vornehmen. Die Zustimmung der japanischen Zielgesellschaft ist ihm gewiss, da er mit seiner Zweidrittelmehrheit sowohl die Board-Mitglieder auswechseln als auch die notwendige Mehrheit der Hauptversammlung sicherstellen kann. Mit dem Triangular Merger sind dann automatisch sämtliche Minderheitsaktionäre der japanischen Zielgesellschaft ausgeschlossen und erhalten dafür Anteile an der ausländischen Erwerbergesellschaft. Naturgemäß kommt diese Vorgehensweise für private Käufer, die nicht börsennotiert sind, nicht in Betracht, spielt für börsennotierte Aktiengesellschaften jedoch eine (potenziell) große Rolle. Höhere FlexibilitätDie Einführung des Triangular Merger in das japanische Recht erweitert die Akquisitionsmöglichkeiten japanischer wie ausländischer Unternehmen erheblich. Es ist zwar nicht damit zu rechnen, dass sich der M & A-Markt in Japan kurzfristig ändern wird, jedoch stellt die neu gewonnene Möglichkeit auch für ausländische Gesellschaften, bei einer entsprechenden Beteiligungshöhe unliebsame Minderheitsaktionäre aus der Gesellschaft zu drängen, eine erhebliche Verbesserung dar und ist ein weiterer Schritt beim Umbau des japanischen Rechts hin zu einer flexibleren Gestaltung. *) Dr. Michael Burian ist Anwalt bei Gleiss Lutz und zurzeit im Büro Tokio von Herbert Smith tätig.