ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Unternehmensanleihen aus Schwellenländern sind im Kommen

Börsen-Zeitung, 26.11.2013 Derzeit durchlaufen die Emerging Markets eine schwierige Phase - der Boom der vergangenen Jahre kühlt sich ab, Kapital fließt nicht mehr automatisch in den Markt. Das trifft auch den Markt für Unternehmensanleihen aus den...

Unternehmensanleihen aus Schwellenländern sind im Kommen

Derzeit durchlaufen die Emerging Markets eine schwierige Phase – der Boom der vergangenen Jahre kühlt sich ab, Kapital fließt nicht mehr automatisch in den Markt. Das trifft auch den Markt für Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern. Doch es gibt überzeugende Gründe, warum dieser Markt auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird und Anlegern weiterhin interessante Einstiegsmöglichkeiten bietet.Mittlerweile geht es wieder aufwärts. Doch wer in den zurückliegenden Monaten in die Schwellenländeranleihen investiert hat, musste feststellen, dass auch dieser Markt nicht automatisch eine Erfolgsgarantie bietet. Das konnten Investoren leicht vergessen, denn über mehrere Jahre wurden sie mit Erfolg verwöhnt.In den zurückliegenden Monaten allerdings wurde der Markt kräftig durchgeschüttelt. Die amerikanische Notenbank, die Federal Reserve, hatte für Unsicherheit unter den Anlegern gesorgt. Nun aber scheint die expansive Geldpolitik erst einmal weiterzugehen, ein Glück und gleichzeitig eine Stabilisierung für die Schwellenländer. Raus aus der NischeIn den vergangenen Jahren haben sich die Schwellenländer für institutionelle Investoren zu einer echten Alternative für Investments in den Industriestaaten entwickelt. Anfänglich galt das vor allem für die Staatsanleihen aus den Emerging Markets (EM). Einst in einer Nische haben sie sich zu einem veritablen Markt gewandelt. Eine Ursache dafür war die vergleichsweise geringe Verschuldung der Schwellenländer. Die Verschuldung lag durchschnittlich bei 50 % der Verschuldungsquote von Industrienationen.Die Gründe liegen auf der Hand: Die Güter- und Rohstoffnachfrage aus den Industrienationen kurbelt das Wachstum zusätzlich an. Die Liberalisierung der zuvor abgeschotteten Volkswirtschaften schreitet mit großen Schritten voran, die demografische Entwicklung ist vorteilhafter als in den Industrienationen, was den Arbeitsmarkt und in der Folge die Binnennachfrage und den Konsum befeuert. Das alles sorgte aus Investorensicht für ein lukratives Gesamtpaket und lenkte entsprechende Kapitalströme in die Emerging Markets. Im SchattenIm Schatten der Staatsanleihen haben sich aber auch andere Zinspapiere am Markt behauptet: Emerging Markets Corporate Bonds (EMCB), also Unternehmensanleihen. Viele Schwellenländer-Unternehmen entwickelten sich zu global agierenden, gut wirtschaftenden Gesellschaften. Sie steigerten ihre Produktivität, stärkten die Eigenkapitalbasis und erhöhten so ihre Kreditwürdigkeit.Beispiele hierfür sind der indische Autobauer Tata oder das mexikanische Telekommunikationsunternehmen América Móvil. Als Vorreiter ebneten Unternehmen wie diese auch anderen Firmen den Weg zur Begebung von Unternehmensanleihen. Lange Zeit waren EMCB nur in US-Dollar zu bekommen, mittlerweile gibt es sie auch in Lokalwährungen.Beobachter gehen inzwischen davon aus, dass das ökonomische Wachstum in vielen Schwellenländern nicht mehr zwangsläufig vom Export getrieben wird, sondern auch stark von der Binnennachfrage. Die OECD erwartet, dass im Jahr 2030 zwei Drittel der weltweiten sogenannten Mittelklasse – einkommensstarke und konsumfreudige Haushalte – aus Asien stammen. Derzeit liegt dieser Wert bei 25 %. Die Unternehmen vor Ort werden von diesem Trend profitieren und sich weitere Finanzierungsmöglichkeiten suchen und suchen müssen, um ihr Wachstum zu stemmen.Schon heute ist die Entwicklung vieler Unternehmen mehr als eindrucksvoll. Klein gestartet expandierten viele von ihnen mittlerweile nach Europa oder in die USA. Diese Gesellschaften waren die großen Gewinner der Finanzkrise 2008, als europäische und US-amerikanische Unternehmen in wirtschaftliche Turbulenzen gerieten und zu Übernahmeobjekten wurden. Unternehmer aus den Schwellenländern haben nicht lange gezögert und die Chance genutzt, sich vom lokalen zum globalen Anbieter zu wandeln. Für die Finanzierung nutzten sie verstärkt Unternehmensanleihen. Rasantes MarktwachstumNoch vor wenigen Jahren war der Markt für Unternehmensanleihen aus Schwellenländern klein und galt als Spielwiese für westliche Hedgefonds und andere Investoren. Das Anleiheangebot war gering, die Ratingqualität niedrig und der Markt nicht liquide.Mittlerweile hat der Markt ein Volumen von 1 100 Mrd. Dollar und der durchschnittliche Zinssatz liegt bei 6 bis 6,5 %. Der Markt hat sich fundamental gewandelt. Die Zahl der Emittenten ist gestiegen, die Güte der Emissionen ebenfalls: Die Ratingqualität hat sich deutlich verbessert, die Marktliquidität ebenfalls. Das Segment der EM Corporate Bonds ist mit rund 1,3 Bill. Dollar mittlerweile fünfmal so groß wie das European-High-Yield-Bond-Segment.Auch auf der Nachfrageseite hat sich die Qualität verbessert: Anstelle von Hedgefonds sind in zunehmendem Maße lokale Pensionskassen und Versicherer auf dem Markt aktiv. Bei den lokalen Investoren ist die Informationsasymmetrie mit Blick auf die lokalen Emittenten wesentlich geringer – sie kennen die Unternehmen besser und verfügen über ein besseres Netzwerk. Dies führt zu geringeren Risikoaufschlägen. Außerdem verändert der langfristige Anlagehorizont etwa lokaler Pensionskassen auch den Charakter der Investments und macht den Markt für andere langfristig orientierte Investoren wie zum Beispiel Investmentfonds attraktiv. Mehrere RisikenAuch wenn der Markt effizienter geworden ist, gibt es auch Risiken, die den Markt beeinflussen können: Dies sind vor allem das fundamentale Risiko, das Liquiditätsrisiko, das Marktrisiko sowie das Zinsänderungsrisiko vor allem durch die US-Notenbankpolitik. Obwohl die langfristige Wachstumsstory in den Emerging Markets intakt ist, befinden sich die Schwellenländer in einem vorübergehenden zyklischen Abschwung, der noch etwa rund ein bis zwei Jahre andauern dürfte. Hauptgründe für diese schwächere Entwicklung sind der Wachstumsrückgang in China sowie die konjunkturelle Überhitzung in einigen Schwellenländern.Doch ein vollständiger Kapitalabzug angesichts der zyklischen Entwicklung erscheint wenig sinnvoll und ist übertrieben – vielmehr eröffnen sich aktiven Investoren durch genaues Hinschauen und den Fokus auf antizyklische Sektoren Anlagechancen. Ein gutes Beispiel liefert das kolumbianische Ölunternehmen Pacific Rubiales mit einem Credit-Rating von “BB”. Die Anleihen des Unternehmens rentieren mit angemessenen 6,5 bis 7 %, allerdings legt dieser Wert auch eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 30 % nahe, was deutlich übertrieben ist. Das Beispiel zeigt, dass aktive Investoren auch im aktuellen konjunkturellen Umfeld immer noch gute, renditestarke Anleihen mit relativ geringem fundamentalem Risiko finden können. Über ETF nicht optimalAngesichts der herausfordernden Entwicklung auf dem Markt für EMCB ist es aus Anlegersicht nicht optimal, dort mit börsennotierten Indexfonds (Exchange Traded Funds, ETF) zu investieren. Die Anlageklasse der Emerging Markets Corporate Bonds ist trotz aller Fortschritte noch kein reifer Markt, vergleichbar mit dem Aktienmarkt, der liquide genug wäre, als dass sich hier kurzfristig orientierte Investoren über ETF engagieren können. Unserer Ansicht nach können ETF die Bewegungen auf dem Markt für EMCB nicht schnell genug replizieren. Die schlechte Performance vieler EMCB-ETF bestätigt diese Annahme.Auf einem Markt wie dem für Emerging Markets Corporate Bonds entscheidet immer noch die aktive Titelauswahl über den Anlageerfolg. Mit Blick auf die kommenden beiden Jahre sieht es so aus, als würde sich daran auch vorerst nicht viel ändern.—-Gerold Permoser, Chief Investment Officer, Erste Asset Management