Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Horst Piepenburg

Unternehmenssanierung gestärkt

Gesetzgeber will Einfluss der Gesellschafter in der Insolvenz einschränken

Unternehmenssanierung gestärkt

– Herr Piepenburg, die Bundesregierung will das Insolvenzrecht reformieren und die Sanierung von Unternehmen erleichtern. Inwieweit ist das der richtige Ansatz?Das derzeitige Insolvenzrecht ist das modernste und sanierungsfreundlichste, das wir je hatten. Es geht aber immer noch besser. Die Bundesregierung ist mit dem Diskussionsentwurf auf dem richtigen Weg, noch bestehende Hindernisse auf dem Weg zu einem echten Sanierungsrecht zu beseitigen.- Welche Neuerungen können Restrukturierung und Fortbestand von Firmen besonders erleichtern?Die wesentlichen Elemente des Diskussionsentwurfs sind das Gängigmachen von Insolvenzplanverfahren und Eigenverwaltung, die Einbeziehung von Gläubigern und Gesellschaftern sowie die Konzentration von Insolvenzgerichten. Durch die Reduzierung von Rechtsbehelfen in einem Insolvenzplanverfahren können Sanierungsprozesse zügiger ablaufen und enthalten weniger Risiken bei der Beendigung eines Insolvenzplanverfahrens. Die frühzeitige Einbeziehung von Gläubigern schon im sogenannten Vorverfahren, also vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, macht Sanierungsbemühungen transparenter. Frühzeitige Einbindung führt auch zu höherer Akzeptanz. Schließlich wird es künftig Gesellschaftern und Aktionären nicht mehr möglich sein, eine Sanierung dann zu vereiteln, wenn sie ohnehin den wirtschaftlichen Wert ihrer Geschäftsanteile verloren haben.- Standen denn die Eigentümer einer Sanierung bislang im Weg?Ich hatte im Insolvenzverfahren Küppersbusch AG das Problem, dass Aktionäre ihre Aktien an einen neuen Investor nur abgeben wollten, wenn sie einen Teil des Investitionsvolumens abbekamen. Dieses Investitionsvolumen sollte aber den Gläubigern zugute kommen. Dass Gesellschafter noch die Hand aufhalten, wenn ihre Anteile eigentlich nichts mehr wert sind, ist für Gläubiger unerträglich. Gesellschafter haben im lebenden Unternehmen Chance und Gelegenheit, die Sanierung zu steuern und Beiträge zu leisten. Tun sie dies nicht, müssen sie auch in Kauf nehmen, dass sie den Einfluss verlieren. Für mich erhöht dies allerdings auch die Chance, dass sich Gesellschafter frühzeitiger mit der Krise ihres Unternehmens beschäftigen. Dann erhalten sie sich ihren Einfluss und den Wert ihrer Anteile. Außerdem ist es bei frühzeitiger Ansprache in der Praxis häufig so, dass auch Gläubiger einsehen, dass den Gesellschaftern etwas verbleiben soll.- Werden die Eigner nun den Gläubigern gleichgestellt?Gesellschafter und Aktionäre sind nachrangig zu den Gläubigern. Unternehmensinhaber haben dann keine Rechte, wenn nur die Gläubiger eine Befriedigungserwartung haben. Sollte es allerdings einen Eingriff in ihre Rechte geben, zum Beispiel auf Kapitalherabsetzung, Kapitalheraufsetzung und dergleichen, müssen sie schon wegen des grundgesetzlichen Eigentumsschutzes mit in das Sanierungsverfahren einbezogen werden. Sie können aber Entscheidungen und deren Umsetzung nicht verhindern, wenn sie nicht schlechter gestellt werden als in einer Zerschlagung.- Stärkt der Gesetzesvorschlag die Möglichkeit für Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung?Eindeutig wird auch die Eigenverwaltung gestärkt. Es gibt immer noch einige Insolvenzrichter, die Vorbehalte gegen die Eigenverwaltung haben. Die Gründe, eine Eigenverwaltung abzulehnen, werden durch den Diskussionsentwurf eingeschränkt.- Welchen weiteren Aspekt des Diskussionsentwurfs halten Sie für wesentlich?Es ist eine der langjährigen Forderungen der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein, dass die statistische Erhebung von Daten im Insolvenzverfahren verbessert wird. Gegenstand des Diskussionsentwurfs ist jetzt auch ein Statistikgesetz. So werden im Gegensatz zur derzeitigen Situation auch die Rückflüsse an Gläubiger, die Erhaltung von Arbeitsplätzen und Zahlungen an Sozialversicherungsträger und die Finanzämter erfasst.- Was bringt das?Wäre dieses Gesetz schon in Kraft, wäre die leidige Diskussion um ein Fiskusvorrecht gar nicht erst entstanden. Mit den künftig zu erhebenden Daten hätte bewiesen werden können, dass dem Fiskus mit einem Insolvenzvorrecht bei der Befriedigung gar nicht mehr – schon gar nicht wie vom Bundesfinanzministerium kalkuliert 500 Mill. Euro – zufließen wird. Das Fiskusprivileg wäre systemwidrig, sanierungsfeindlich und – das ist dann wohl entscheidend – unnütz, weil nicht mehr in die Kasse käme als jetzt.—-Rechtsanwalt Horst Piepenburg von Piepenburg-Gerling Rechtsanwälte in Düsseldorf ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Insolvenzrecht und Sanierung des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.