Immobilien

US-Institutionelle bauen auf deutsche Immobilienaktien

Anleger hoffen auf Wirtschaftsaufschwung und Privatisierungen - Mittelfristige Perspektive entscheidend - Enger Markt als Hindernis

US-Institutionelle bauen auf deutsche Immobilienaktien

Von Bernd Neubacher, New York Relativ attraktive Bewertungen, der Trend zur Privatisierung öffentlicher Wohnungen und die Aussicht auf die Börsennotierung weiterer Immobiliengesellschaften und -produkte locken zunehmend Institutionelle aus den Vereinigten Staaten in den deutschen Markt. Mangels Börsennotiz deutscher Wettbewerber hatten Investoren in den vergangenen Jahren kaum die Chance, ihr Geld in deutsche Immobilien anzulegen. Fondsgesellschaften mussten mit ansehen, wie Private Equity real stagnierende Preise in der Bundesrepublik angesichts stramm anziehender Bewertungen andernorts in Europa zum relativ günstigen Einstieg nutzte: Fortress Investment sicherte sich Wohnungen in Dresden, Cerberus kaufte Liegenschaften von Baubecon und der Gewerkschaftsholding BGAG, Deutsche Annington kam bei den knapp 140 000 Wohnungen Viterras zum Zuge und Blackstone bei den Immobiliengesellschaften von WCM. WertsteigerungNun, da deutsche Immobiliengesellschaften vermehrt auf dem Kurszettel stehen, wollen auch große US-Aktienanleger an der erwarteten Wertsteigerung deutscher Wohnimmobilien partizipieren. Die Führung der erst Ende März an die Börse gegangenen Patrizia AG, eigenen Angaben zufolge der einzige unabhängige bundesweit tätige Immobilien- und Asset Manager, konnte sich über einen Mangel an Interesse jedenfalls nicht beklagen, als sie kürzlich auf einer Investorenkonferenz in New York Rede und Antwort stand. Im 45-Minuten-Rhythmus führten der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Egger und Vorstandsmitglied Georg Erdmann Gespräche mit insgesamt rund zwei Dutzend Institutionellen aus den USA. In Großbritannien und in den Vereinigten Staaten lägen die Immobilienpreise gerade auf einem Hoch, erklärt sich Gründer Wolfgang Egger das Interesse. In Deutschland wollten die Investoren nun am unteren Ende der Bewertungen einsteigen. Zudem seien US-amerikanische Investoren mit Patrizias Geschäftsmodell der aktiven Entwicklung und Realisierung von Wertsteigerungspotenzialen von Immobilien sowie dem späteren Verkauf eher vertraut als die Anleger in Deutschland. Nach Schätzungen des Ende März an die Börse gegangenen Unternehmens entfiel schon Ende des zweiten Quartals gut ein Drittel des Streubesitzes von 46 % auf US-Investoren. Dass nicht längst noch mehr Stücke des umgehend in den MDax aufgestiegenen Wertes über den Atlantik gewandert sind, liegt allein am für US-Verhältnisse relativ geringen Emissionsvolumen von rund 400 Mill. Euro, meint Thomas Mengel. “Viele hätten investiert, wäre Patrizia größer gewesen”, sagt der Fondsmanager, der beim US-Asset-Manager Waddell & Reed mit einem Kollegen zwei Sondervermögen über insgesamt 360 Mill. Dollar verwaltet, der Börsen-Zeitung. Für viele Fonds aus den USA, die nicht selten ein Volumen von 5 Mrd. auf die Waage bringen, sind Emissionen wie Patrizia, Deutsche Wohnen oder Colonia Real Estate schlicht zu eng. Sie müssen schon Positionen von 20 Mill. bis 50 Mill. Dollar eröffnen können, soll sich das Investment in der Performance bemerkbar machen, wie Klaus Tanner erläutert, bei Dresdner Kleinwort in New York zuständig für den Bereich International Sales Europe. Geplatzt ist der Knoten seiner Einschätzung nach mit der Emission der Gagfah. Das Beispiel der rund 150 000 Wohnungen verwaltenden Gesellschaft, die, vom Finanzinvestor Fortress an die Börse gebracht, mit ihrem IPO 850 Mill. Euro erlöst hat, zeigt zumindest, auf welche Nachfrage das Angebot an größeren Immobilienwerten stößt. Die Emission war beinahe zehnfach überzeichnet. In den USA warten die Anleger schon auf die fürs kommende Jahr geplante Einführung von Real Estate Investment Trusts. Werden große Portfolien in Form eines börsennotierten Immobilienproduktes gehandelt, lautet das Kalkül, können US-Institutionelle verstärkt an den Erträgen und Renditen teilhaben. Städte müssen verkaufen Angelockt werden die Investoren nicht zuletzt von der Hoffnung auf weitere Privatisierungen, welche Wertsteigerungen durch eine Professionalisierung des Managements, einen Verkauf von Immobilien an Mieter oder eine Verringerung des Leerstandes verheißen. Städte wie Berlin seien hochverschuldet und dürften Bestände günstig verkaufen müssen, was hohe Renditen verspreche, meint Mengel. Nach Einschätzung des niederländischen Investmenthauses Kempen & Co könnten in den kommenden Jahren knapp mindestens 1 Million Wohnungen auf den Markt kommen (Beispiele siehe Tabelle). Optimistisch stimmt die Analysten in einer gemeinsamen Studie mit Dresdner Kleinwort auch der langfristige Rückgang an Neubauaktivitäten in der Bundesrepublik (siehe Grafik). Vor dem Hintergrund einer steigenden Zahl von Haushalten lasse dies eine erhöhte Nachfrage nach Wohnraum erwarten, heißt es. Zu den Investmentrisiken zählen die stark regulierten Mietverhältnisse, die Streichung der Eigenheimzulage, die Risikoscheu deutscher Verbraucher, der Einfluss der Politik im Wohnungsbau sowie das schwache Wirtschaftswachstum. Gerade in Sachen Konjunktur aber setzen die US-Investoren auf einen langfristigen Aufschwung, wie Mengel sagt. Jahrelang hätten die Anleger in Deutschland vor allem Probleme gesehen. Inzwischen aber hätten sich die Unternehmen restrukturiert und eine Menge zur Besserung der Lage beigetragen. Entscheidend sei für US-Investoren die Perspektive für die nächsten fünf bis sechs Jahre, ergänzt Dresdner-Manager Tanner. Dementsprechend griffen bei deutschen Immobilienaktien vor allem Pensionsfonds zu. Sie müssten entgegen den Publikumsfonds nicht von Quartal zu Quartal denken und könnten sich einen weiteren Anlagehorizont leisten.