Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Wolfgang Krauel

US-Übernahmen mittels Aktientausch erfordern eine spezielle Struktur

"Reverse Triangular Merger sind nicht nur für Dax-Konzerne von Interesse"

US-Übernahmen mittels Aktientausch erfordern eine spezielle Struktur

Der bekannteste sogenannte Reverse Triangular Merger war die Fusion von DaimlerBenz und Chrysler – dennoch ist diese Transaktionsstruktur hierzulande noch nicht allzu verbreitet. Die Aixtron AG zum Beispiel übernahm mit einer solchen Transaktion die kalifornische Genus Inc. Die Börsen-Zeitung befragte Wolfgang Krauel, Partner von Linklaters, dazu. – Herr Dr. Krauel, sie haben die Adva AG Optical Networking, die künftig im TecDax notiert ist, beim Erwerb der US-amerikanischen Movaz Networks mittels eines Share-for-Share-Deal in der Form eines Reverse Triangular Merger betreut. Was ist das Besondere an dieser Transaktionsstruktur?Es handelt sich hierbei um eine US-amerikanische Transaktionsform, bei der eine Tochtergesellschaft der letztendlich übernehmenden Gesellschaft (Muttergesellschaft) auf die zu übertragende Gesellschaft verschmolzen wird und hierdurch 100 % der Anteile an der zu übertragenden Gesellschaft im Tausch gegen Aktien der Muttergesellschaft erworben werden. Die auszugebenden Aktien werden der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft zur Verfügung gestellt. – Warum ist diese Struktur für Unternehmen interessant?Der Reverse Triangular Merger ermöglicht der Muttergesellschaft, durch Mehrheitsbeschluss bei der zu übernehmenden Gesellschaft 100 % der Anteile zu erwerben. Minderheitsaktionäre können somit auch gegen deren Willen zu einem Tausch ihrer Beteiligung in (in der Regel börsennotierte) Anteile der Muttergesellschaft gezwungen werden. – Ist der Erwerb einer US-Gesellschaft durch einen Reverse Triangular Merger auch durch eine deutsche Gesellschaft möglich?Grundsätzlich ist dieser Weg auch für deutsche Gesellschaften gangbar, wobei jedoch die Besonderheiten des deutschen Rechts zu berücksichtigen sind. Hierzu bedarf es einer Abwandlung der üblicherweise in den USA genutzten Struktur. – Zum Beispiel? So ist es deutschen Gesellschaften in der Regel nicht möglich, die Tochtergesellschaft mit der für den Merger notwendigen Anzahl von Anteilen der Muttergesellschaft auszustatten. Auch kann die Muttergesellschaft in der Regel ihre Anteile nicht als Kompensation für den bei der Tochtergesellschaft vollzogenen Merger an die Aktionäre der zu übernehmenden Gesellschaft direkt ausgeben. – Welche Lösungsmöglichkeiten stehen deutschen Gesellschaften zur Verfügung?In der Regel wird man die Anteilsübertragung durch einen Treuhänder (Exchange Agent) vollziehen. Für die US-amerikanische Rechtspraxis ist ungewöhnlich, dass es hierbei einer Vorleistung durch die Anteilseigner der übertragenden Gesellschaft mittels der Verschmelzung mit der US-Tochter der übernehmenden Gesellschaft bedarf. Die hieraus entstehende neue Gesellschaft wird dann für die Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft treuhänderisch durch den Treuhänder gehalten, bis die in Deutschland zu schaffenden Geschäftsanteile oder Aktien durch die Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister entstanden sind. Der Treuhänder übernimmt dann die Verteilung der Aktien an die Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft. – Gibt es weitere Vorteile?Im Gegensatz zu einer einfachen Sachkapitalerhöhung durch Einbringung sämtlicher Anteile an der übertragenden Gesellschaft durch die Anteilseigner bedarf es beim Reverse Triangular Merger nur einer Zeichnung durch den Treuhänder, was die Einholung einer Vielzahl von Zeichnungsscheinen sowie den ggf. notwendigen vielfachen Nachweis der Vertretungsmacht entfallen lässt. – Ist der Reverse Triangular Merger nur etwas für große, international ausgerichtete Unternehmen?Die Rechtspraxis zeigt, dass nicht nur große, international tätige Konzerne diese Struktur nutzen können, sondern auch mittelgroße Gesellschaften. Aufgrund der etwas größeren Komplexität der Transaktion und der damit verbundenen Kosten sollte die Transaktionsgröße jedoch nicht zu klein und die Struktur des Unternehmens auf entsprechende internationale Transaktionen ausgerichtet sein. Die Konzeption eines Reverse Triangular Merger unter Beteiligung einer deutschen Gesellschaft erfordert eine sehr enge und reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten, mit einem jeweils wechselseitigen hinreichenden Verständnis für die andere Rechtsordnung. Darüber hinaus ist natürlich auch eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit dem Treuhänder notwendig. Dr. Wolfgang Krauel ist Rechtsanwalt und Partner im Münchner Büro von Linklaters.Die Fragen stellte Walther Becker.