Recht und Kapitalmarkt

Verschärfungen im Investmentsteuergesetz

Meiste Auswirkungen nur temporärer Natur - Separate Fondsgebilde für deutsche fiskalische Zwecke als ein Lösungsansatz

Verschärfungen im Investmentsteuergesetz

Von Martin Krause und Marco Gietz *)—- Am 18. August 2009 hat das Bundesfinanzministerium die lang erwartete überarbeitete Fassung des Schreibens “Investmentsteuergesetz (InvStG), Zweifels- und Auslegungsfragen” veröffentlicht. Diese Fassung ersetzt das Schreiben vom Juni 2005. Die Aktualisierung war in erster Linie aufgrund mehrerer Gesetzesänderungen, vor allem des Investmentänderungsgesetzes und der Einführung der Abgeltungsteuer, notwendig geworden. Einige der Abweichungen beruhen auch auf Änderungen des Aufsichtsrechts sowie geänderten Rechtsauffassungen der Finanzverwaltung. Auch maßgeblichWichtige Änderungen haben sich bei der Frage ergeben, worauf das Investmentrecht anzuwenden ist. Nachdem durch das Investmentänderungsgesetz der für ausländische Investmentvermögen geltende sogenannte materielle Fondsbegriff um bestimmte formelle Merkmale ergänzt wurde, ist das Schreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vom 22. Dezember 2008, mit dem die Definition des ausländischen Investmentvermögens konkretisiert wird, auch für steuerliche Zwecke für maßgeblich erklärt worden.Verbriefungen (Collateralised Debt Obligations) werden weiter nicht als Investmentfonds angesehen. Für ausländische Personengesellschaften und Reits, die nach bisheriger Verwaltungsauffassung allein aufgrund ihrer Rechtsform aus dem Anwendungsbereich der Investmentbesteuerung ausgenommen waren, gibt es gewisse Übergangsfristen, bevor sie als Investmentvermögen angesehen werden.Eine überraschende Verschärfung der Rechtsauffassung hat sich für Zertifikate ergeben, wobei diese Änderung erst zum Ende des Konsultationsprozesses aufgekommen ist. Zertifikate sind nur noch dann aus dem Anwendungsbereich der Investmentbesteuerung ausgenommen, wenn der Emittent nicht selbst ein Dachfonds ist. Zertifikate von Zweckgesellschaften, die ihrerseits mehr oder weniger ausschließlich in Investmentfonds investieren und hierauf referenzierende Zertifikate ausgeben, müssen deshalb nun im Einzelfall beurteilt werden. Eine pauschale Aussage über die Unanwendbarkeit der Investmentbesteuerung ist nicht mehr möglich. Unklar ist auch, ob diese Auffassung des Finanzministeriums, die nicht im Schreiben der BaFin vom 22. Dezember 2008 enthalten ist, für Zwecke des Aufsichtsrechts gelten wird.Auch für ausländische Immobilienfonds, die vorwiegend über Immobiliengesellschaften investieren, ändern sich die Rahmenbedingungen deutlich. Sie verlieren ihren steuerlichen Status als Investmentfonds, wenn die Immobiliengesellschaften nicht bestimmte Satzungsbestimmungen enthalten. Die Finanzverwaltung gewährt eine Übergangsfrist zur Anpassung von Satzungsbestimmungen, was aber in vielen Fällen nicht möglich sein wird, weil das ausländische Recht entgegensteht. Nicht anerkanntAusschüttungen in Form von Kapitalrückgewähr werden nur noch in Fällen anerkannt, in denen beim Investmentvermögen keine ausschüttbaren Erträge des laufenden oder eines vorangegangenen Geschäftsjahres vorhanden sind. Mit dieser Regelung zielt die Finanzverwaltung auf die Praxis ab, dass Investmentfonds, die noch über vorgetragene Altaktiengewinne verfügen und deren Ausschüttung beim betrieblichen Anleger Steuern auslösen würde, stattdessen vorrangig Kapital zurückgewähren. Diese Vorgehensweise wird von den Steuerbehörden nicht anerkannt. Fonds mit Altaktiengewinnen müssen deshalb ihre Ausschüttungspolitik zukünftig genau überdenken.Zinseinnahmen des Fonds sind auf Ebene eines betrieblichen Anlegers als Zinseinnahmen im Sinne der Zinsschranke anzusehen. Damit ist eine Diskriminierung des Investments betrieblicher Anleger in Rentenfonds gegenüber der Direktanlage in Rentenwerte beseitigt worden, was eine unberechtigte Marktverzerrung darstellte. Durch die Transparenz des Fonds für Zinserträge wird eine Gleichbehandlung mit der Direktanlage erreicht.Das Ertragsausgleichsverfahren ist eine Technik, die relative Zusammensetzung des Nettoinventarwerts und das ausschüttbare Volumen des Fonds von Anteilsausgaben oder -rücknahmen unabhängig zu machen. Die Bestandteile des Fondsvermögens, also Substanz, Erträge aus verschiedenen Quellen, Gewinn- oder Verlustvorträge etc. sollen im Verhältnis zueinander unverändert bleiben, wenn Anteilscheine zurückgegeben oder neue gezeichnet werden. Da die Folgen des Ertragsausgleichsverfahrens grundsätzlich auch steuerlich nachvollzogen werden, ist damit eine einheitliche und folgerichtige Besteuerung der Anteilsinhaber gewährleistet.Von erheblicher Bedeutung ist die neue Auffassung der Finanzverwaltung, wonach die glättende Wirkung des Ertragsausgleichsverfahrens nur dann anerkannt wird, wenn dieses tatsächlich, das heißt nicht ausschließlich für steuerliche Zwecke, durchgeführt wird. Eine besonders unangenehme Konsequenz eines nicht angewandten oder nicht anerkannten Ertragsausgleichsverfahrens ist, dass der steuerpflichtige Anteil von Ausschüttungen und ausschüttungsgleiche Erträge von der Zeichnung und Rückgabe von Fondsanteilen abhängen und so bei den Anteilsinhabern zu einer willkürlichen Besteuerung führen können. Für ausländische FondsIn der Praxis dürfte sich dieses Problem vor allem für Anteilsinhaber ausländischer Fonds stellen, denn diese rechnen den Ertragsausgleich zwar für deutsche steuerliche Zwecke, können ihn aber nicht für alle Anleger anwenden. Dies liegt zum Teil daran, dass verschiedene Rechtsordnungen, in denen Fonds ansässig sind, das Ertragsausgleichsverfahren nicht kennen und damit eine Anwendung über die Zwecke des deutschen Steuerrechts hinaus bereits unmöglich ist. Zum anderen werden ausländische Fonds, die nicht speziell für den deutschen Markt aufgelegt worden sind, häufig den Ertragsausgleich deshalb nur für deutsche Steuerzwecke rechnen, weil Anleger aus anderen Jurisdiktionen ansonsten Nachteile erleiden würden.Für Privatanleger kommt eine weitere Verschärfung hinzu. Danach ist der steuerliche Abzug gezahlter Zwischengewinne nur noch dann zulässig, wenn das Investmentvermögen den Ertragsausgleich durchführt. Der Abzug des gezahlten Zwischengewinns ist im Fall der unterjährigen Investition ein Ausgleich dafür, dass der Anleger am Ende des Geschäftsjahres die Zins- und Dividendenerträge des gesamten Geschäftsjahres versteuern muss. Wenn dieser Abzug wegen des fehlenden Ertragsausgleichs nicht anerkannt wird – was bei vielen ausländischen Fonds der Fall sein wird -, muss der Anleger im Ergebnis Erträge versteuern, die das Investmentvermögen bereits vor seiner Anteilszeichnung erzielt hat.Die meisten Auswirkungen werden zwar nur temporärer Natur sein, da sie sich am Ende der Investitionsperiode bei der Anteilsrückgabe durch einen umgekehrten Effekt wieder ausgleichen werden. Jedoch kommen neben dem Liquiditätsnachteil auch endgültige Belastungen insbesondere in den Fällen in Betracht, in denen dem Anleger im Jahr der Anteilsrückgabe und in den Folgejahren nicht mehr ausreichende steuerpflichtige Erträge zur Verfügung stehen, mit denen er die bei der Anteilsrückgabe möglicherweise anfallenden Verluste verrechnen kann. Auch kann die Anrechnung ausländischer Quellensteuern endgültig verloren gehen. Darüber hinaus trägt der Anleger das Risiko einer möglichen Rechtsänderung.Gerade ausländische Fonds werden die Auswirkungen der Verschärfung genau zu analysieren und Bewältigungsstrategien zu prüfen haben. Lösungsansätze sind vor allem in der Variante zu sehen, separate Fondsgebilde für deutsche steuerliche Zwecke einzusetzen. Das überarbeitete Schreiben soll nach dem Willen der Verwaltung vorbehaltlich einiger Übergangserleichterungen in allen noch offenen Fällen Anwendung finden. Es entfaltet also auch Rückwirkung, soweit noch kein bestandskräftiger Steuerbescheid vorliegt.—-*) Dr. Martin Krause ist Partner, Marco Gietz Anwalt bei Norton Rose.