Finanzen persönlich

Versicherer dürfen Erstattung kürzen

Abschlag muss jedoch der Schuld angemessen sein

Versicherer dürfen Erstattung kürzen

Von Andreas Kunze Seit 2009 gilt für Millionen von Versicherten mit “Altverträgen” das reformierte Policenrecht. Die vielleicht wichtigste Verbesserung: Wenn sich der Kunde sehr dumm angestellt hat, darf die Versicherung die Schadenregulierung nicht mehr generell vollständig verweigern. Aber kürzen darf sie – nur um wie viel? Das grundlegend überarbeitete Versicherungsvertragsgesetz (VVG) trat bereits im Januar 2008 in Kraft. Für bestehende Verträge sah der Gesetzgeber eine Übergangsfrist bis Ende 2008 vor. Seit dem Jahreswechsel gilt das neue VVG für alle Verträge. Unter anderem ist das so genannte “Alles-oder-nichts-Prinzip” entfallen – wichtig vor allem für Kunden mit Hausrat- oder Kfz-Versicherungen. “Alles-oder-nichts-Prinzip”Nach diesem Prinzip galt: Wenn Kunden durch Leichtsinn den Schaden mitzuverantworten hatten, konnte der Versicherer früher bei “grober Fahrlässigkeit” die Regulierung vollständig verweigern. Ein Beispiel: Der Versicherte hat bei einer Wohnung im Erdgeschoss das Badfenster “auf Kippe” stehen lassen, was Einbrechern den Einstieg erleichterte. Mit dem neuen VVG darf der Versicherer bei grober Fahrlässigkeit nur noch angemessen kürzen, und zwar “in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis” (§28 VVG). Im Fall des angekippten Fensters kann eine Rolle spielen, ob der Kunde eine Stunde weg war oder einen halben Tag. Keine pauschale KürzungNun neigen einige Versicherer offenbar dazu, bei grober Fahrlässigkeit die Erstattung pauschal um 50 % zu kürzen. “Das widerspricht dem Sinn der Neuregelung”, sagt der behördlich zugelassene Versicherungsberater Andreas Kutschera aus Mönchengladbach. “Schließlich soll es auf die persönliche Schuld ankommen.” Der Kunde muss sich also nicht damit abfinden, wenn ihm ohne nähere Begründung eine Kürzungsquote wegen grober Fahrlässigkeit mitgeteilt wird. “In jedem Fall sollte der Versicherungsnehmer nachfragen, wie der Versicherer auf die jeweilige Kürzungsquote gekommen ist”, rät Kutschera. “Wenn sofort 50 % veranschlagt werden, ist das geradezu verdächtig.” Raum für Verhandlungen bietet der Prozentsatz immer. Außerdem ist gar nicht gesagt, dass der Versicherer bei schwerwiegendem Fehlverhalten überhaupt grobe Fahrlässigkeit geltend machen kann und kürzen darf. So haben Gerichte bereits früher Kunden von jeder Schuld freigesprochen, wenn ein so genanntes “Augenblicksversagen” vorlag. Der Versicherungsnehmer hat sich zwar falsch verhalten – auf Grund einer besonderen Situation im Umfeld kann man es ihm aber nicht vorwerfen.