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Versicherer entdecken grüne Investments

Allianz und Munich Re planen Milliardenengagements, kleine Gesellschaften tasten sich heran - Fukushima-Katastrophe als Treiber

Versicherer entdecken grüne Investments

Die großen Versicherer in Deutschland strecken die Fühler nach erneuerbaren Energien aus. Vorneweg schreiten die Branchenführer Allianz und Munich Re. Doch auch bei kleinerenGesellschaften ist das Interesse geweckt.Von Antje Kullrich, DüsseldorfEs war an einem Sommertag vor fast zwei Jahren, als die Munich Re Geschichte schreiben wollte: Mit großem Bahnhof hob sie die Industrieinitiative Desertec aus der Taufe – ein gigantisches Solarenergieprojekt in Nordafrika, das einmal – so lautet das Ziel – 15 % des Strombedarfs in Europa abdecken soll. Munich-Re-Chef Nikolaus von Bomhard selbst sprach von einer “großen Vision” und einem “kühnen Plan”.Desertec ist noch Zukunftsmusik und über das Planungsstadium noch nicht hinaus, doch immer mehr deutsche Versicherer entdecken ihr Faible für erneuerbare Energien. Operativ bieten sich neue Geschäftsfelder in der Versicherung von Windkraftanlagen oder Solarparks, die sich jedoch auch als Beimischung in den Kapitalanlagen gut machen. Als Assetklasse sind sie derzeit enorm en vogue, versprechen ordentliche Renditen, Diversifikation fürs Portfolio und sind obendrein noch gut fürs Image. Nach der Nuklear-Katastrophe von Fukushima wollen nach eigenem Bekunden immer mehr Gesellschaften aktiv nach Investitionsmöglichkeiten suchen.Vorneweg schreiten die Branchenführer Allianz und Munich Re. Die Allianz hat zuletzt breit kommuniziert, Ende 2010 bereits die Schwelle von 1 Mrd. Euro Investitionen in Windparks und Solaranlagen überschritten zu haben. Ein weiterer Ausbau sei geplant. “Erneuerbare Energien erzielen eine attraktive Rendite, und das unabhängig von Kapitalmarktschwankungen. Mit Laufzeiten von 20 Jahren und mehr passt diese Assetklasse gut in die langfristige Anlagestrategie der Allianz”, sagt David Jones, CEO von Allianz Specialised Investments. Seit 2005 beteiligt sich der Versicherer an Windparks, seit etwa einem Jahr auch an Solarprojekten. Die rund 30 Anlagen im Portfolio der Allianz generieren zusammen über 600 Megawatt Energie. Direktanlagen bevorzugtDie Munich Re – obwohl seit 30 Jahren am Thema Klimawandel dran – beschäftigt sich in puncto Kapitalanlagen erst seit einem Jahr intensiv mit dem Thema und steht noch am Anfang ihres Portfolioaufbaus. Nach einigen Engagements bei Photovoltaikanlagen investierte der Konzern Ende vergangenen Jahres erstmals in Windräder und übernahm vornehmlich in Ostdeutschland elf fertige Parks mit einer Leistung von 73 Megawatt. Mittelfristig will der weltweit größte Rückversicherer 2,5 Mrd. Euro in Projekte mit erneuerbaren Energien stecken.Angesichts der großen Volumina beschäftigen die Marktführer eigene Teams, die sich mit der grünen Kapitalanlage beschäftigen. “Unsere Investmentstrategie zielt primär darauf ab, direkt in Großprojekte zu investieren. Dies kann gerne auch gemeinschaftlich mit Co-Investoren geschehen. Fondsinvestments kommen für uns lediglich in Ausnahmefällen in Betracht”, sagt Robert Pottmann, Leiter Erneuerbare Energien der Meag, der Investmenttochter von Munich Re. Sein Team besteht aus sechs Investmentprofis, hauptsächlich Kaufleuten. Die technische Expertise wird konzernintern bezogen. Laut Pottmann tun sich Strategen und Finanzinvestoren bei großen Projekten gerne zusammen. Ein Offshore-Park mit 2 Mrd. Euro Volumen sei auch für Energieriesen wie Eon oder RWE allein manchmal zu groß. Weniger auskunftsfreudig zeigt sich die Munich Re in puncto Rendite. Zu den Zielen hier möchte sich der Konzern nicht äußern.Nicht alle Versicherer sind bei grünen Investments so weit. Die Gothaer z.B. ist zwar nach eigener Darstellung der größte Windkraft-Versicherer mit Deckungen für etwa 8 000 Windräder. Doch im eigenen Portfolio finden sich erneuerbare Energien momentan nur marginal. “Die Anzahl derartiger Anlagen ist leider sehr begrenzt und unterliegt schwer kalkulierbaren Markteinflüssen, die mit dem Ziel einer sicheren und ertragreichen Anlagepolitik nicht vereinbar sind.” Hier spielt vor allem der Einfluss der Politik eine Rolle: Die Höhe der Subventionen für erneuerbare Energien ist nicht in Stein gemeißelt und daher für institutionelle Investoren mit langfristigen Anlagehorizonten schwer zu kalkulieren. Doch man beobachte den Markt, heißt es bei dem Kölner Gegenseitigkeitsversicherer, der ansonsten Investments in alternative Assetklassen nicht abgeneigt ist. Debeka testet SolarfondsDoch selbst ganz konservativ anlegende Assekuranzen horchen beim Thema Ökostrom auf. Der fast ausschließlich in festverzinsliche Papiere investierende Kapitalanlagenchef der Debeka , Rolf Florian, hat als Testballon 15 Mill. Euro in einem geschlossenen Solarfonds angelegt. Das ist bei einem Gesamtportfolio von 60 Mrd. Euro zwar noch eine marginale Größe, doch Florian zeigt sich für die Zukunft sehr interessiert. Das Wüstenprojekt Desertec bezeichnet er als das spannendste Projekt überhaupt und verfolgt die Entwicklung auch in Bezug auf künftige Investitionsmöglichkeiten sehr genau. Immerhin müssen die Initiatoren langfristig geschätzte 400 Mrd. Euro zusammenbekommen.Auch kleinere Versicherer beschäftigen sich stärker mit grünen Investments. Die Atomkatastrophe von Fukushima wirkt da wie ein Katalysator. “Der Ausbau erneuerbarer Energien wird nach Japan deutlich zunehmen. Daran kommt man nicht mehr vorbei”, sagte Martin Rohm, Kapitalanlagevorstand der Volkswohl Bund Versicherungen.Der mittelgroße Versicherer spricht derzeit mit zwei bis drei Wettbewerbern ähnlicher Größenordnung über gemeinsame Engagements, da ein alleiniges Direktinvestment für den Konzern, der insgesamt rund 6,5 Mrd. Euro Kapitalanlagen verwaltet, ein zu großes Klumpenrisiko wäre. Bei Fonds fürchtet Rohm jedoch die mitunter hohen Kosten sowie den geringen Einfluss auf operative Entscheidungen. So will er sich lieber mit Konkurrenten zusammentun, die in dem Niedrigzinsumfeld das gleiche Problem geringer Renditen im klassischen Anleihemarkt plagt.