Asset Management - Gastbeitrag

Versicherer schwanken zwischen Risiko und Rendite

Börsen-Zeitung, 20.10.2009 Die Bewertungsreserven in den Kapitalanlagebeständen langfristig orientierter institutioneller Anleger, wie zum Beispiel Lebensversicherungen, sind innerhalb der letzten Jahre zurückgegangen. Zudem wurden aufgrund der...

Versicherer schwanken zwischen Risiko und Rendite

Die Bewertungsreserven in den Kapitalanlagebeständen langfristig orientierter institutioneller Anleger, wie zum Beispiel Lebensversicherungen, sind innerhalb der letzten Jahre zurückgegangen. Zudem wurden aufgrund der volatilen Kursentwicklung an den internationalen Aktienmärkten die Aktienquoten in den Portfolios stark reduziert. Somit gewinnt das Zinsrisiko in den Zinspapieren, die schon immer das wichtigste Kapitalanlageinstrument der langfristig orientierten institutionellen Investoren waren, bezüglich der Gesamt-Risikosituation an Bedeutung. Die geschrumpften Bewertungsreserven und das aktuell äußerst niedrige Zinsniveau haben zur Folge, dass Versicherer zurzeit nur eine recht geringe Risikotoleranz bei ihren Kapitalanlagemaßnahmen haben.Generell verfolgen sie eine Anlagepolitik, bei der sie neben Aktien alle Anlageklassen, die eine hohe Volatilität aufweisen, untergewichten. Ziel ist es, dadurch Abschreibungen zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Dieser Trend wird auch durch den verstärkten Einsatz von Absicherungsinstrumenten deutlich. GratwanderungDurch das sich daraus ergebende engere Zusammenspiel zwischen Asset Management und Risikomanagement kommt den Anlagekriterien Liquidität, Transparenz und Sicherheit einerseits eine immer größere Bedeutung zu. Andererseits aber bleibt die Rentabilität nach wie vor ein wesentliches Argument der Lebensversicherer im Kampf um Kunden. Diese Gratwanderung zwischen Risiko und Rendite stellt sie vor große Herausforderungen, die naturgemäß in der Frage kumulieren, welches die richtige Anlagestrategie für die Zukunft ist und wie sich das Unternehmen im Zinsbereich positionieren soll.Der Antwort darauf kommt gerade aktuell eine sehr große Bedeutung zu. Denn selten zuvor war die Unsicherheit, ob wir in den nächsten Jahren mit einer Deflation oder einer Inflation und ihren jeweiligen unterschiedlichen Auswirkungen auf die Zinsentwicklung leben müssen, so groß wie zurzeit. Für beide Szenarien gibt es gute Argumente und Indikatoren, sodass weder das eine noch das andere zuverlässig ausgeschlossen werden kann.Für institutionelle Anleger bedeutet dies, dass ihre strategische Positionierung im Zinsbereich und damit die Entscheidung für eine Absicherung gegen Inflations- oder Deflationsszenarien davon abhängen sollten, welches Hauptrisiko sie identifizieren. Dabei müssen speziell Lebensversicherungen ihr Garantiezinsversprechen auch bei einem nachhaltigen Niedrigzinsumfeld erfüllen können. Dementsprechend benötigen sie eine asymmetrische Absicherung gegen das Niedrigzinsszenario. Dazu können Receiver-Swaptions oder der von der DZ Bank entwickelte kostengünstigere und hedge-effizientere Portfolio-Floor eingesetzt werden. Problem erhöhter InflationAnders sieht die Situation bei einem Inflationsszenario aus. Schadens- und Krankenversicherer beispielsweise können bei gestiegenen Kosten für ihre Schadenregulierung theoretisch ihre Prämien anpassen. Jedoch schränkt der Wettbewerbsdruck die Unternehmen bei diesen Optionen stark ein. Unternehmen der betrieblichen Altersvorsorge wiederum unterliegen abhängig von ihren Verträgen dem Risiko, dass die Renten mit den Gehaltsentwicklungen stärker als erwartet steigen. Lebensversicherer sind dagegen nur indirekt dem Inflationsrisiko ausgesetzt, da sie ihre Garantien lediglich nominal aussprechen. Allerdings wird eine erhöhte Inflation die Erwartung der Versicherungsnehmer an die gewährte Überschussbeteiligung steigern. Wird diese nicht erfüllt, ist mit einem erhöhten Storno und zurückgehendem Neugeschäft zu rechnen.Angesichts der oben skizzierten Inflationsrisiken müssen Anlagestrategien umgesetzt werden, mit deren Hilfe die Kapitalanlage von Inflationsentwicklungen profitieren kann. In diesem Zusammenhang sollten Inflation Linked Bonds, erstklassige Immobilien in guten Lagen und Infrastruktur-Investitionen eine herausragende Bedeutung im Portfoliomanagement haben. Wirkung steigender ZinsenZu beachten ist allerdings, dass ein nachhaltiger Wiederanstieg der Zinsen den Lebensversicherern zwar die Einhaltung ihres Garantiezinsversprechens erleichtern würde, andererseits das Entstehen stiller Lasten zur Folge hätte, was de facto zu einer weiteren Verschlechterung der Risikotragfähigkeit führen würde. Zudem bewirken steigende Zinsen gepaart mit einer zu langen Duration im Bondportfolio, dass laufende Zinserträge im Verhältnis zum aktuellen Zinsniveau zu niedrig sind. Auch dies kann erhöhte Stornoquoten induzieren – und damit im Extremfall die Realisierung von Verlusten notwendig machen, um den gesteigerten Liquiditätsbedarf zu decken. Dieser Gefahr können die Versicherer unter anderem durch den Einsatz von Payer Swaptions begegnen, mit denen sie Barwertgewinne bei steigenden Zinsen erzielen können. Eine aus Ertrags- und Liquiditätssicht effizientere Alternative sind allerdings CMS-Caps. Sie generieren immer dann zusätzliche Erträge, wenn das Zinsniveau gerade hoch ist.Versicherer, die sich darauf konzentrieren, die Durationlücke zwischen Aktiv- und Passivseite zu reduzieren, führen ein gezieltes Laufzeitenmanagement durch. Jedoch stoßen sie hier sehr schnell an die Grenzen der Machbarkeit und bezahlen klassisches Durationmanagement (z. B. lange Duration gegen ein Niedringzinsszenario) mit steigenden Opportunitätskosten. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, alternativ mit Hilfe von Zinsoptionen gegen steigende wie auch fallende Zinsen positive Konvexität aufzubauen. In den letzten Jahren war zusätzlich zu beobachten, dass viele Versicherer aus demselben Grund in Constant-Maturity-Swap-Anleihen mit Floor investiert haben, da diese in ihrem Cash-flow-Charakter einem vereinfachten Lebensversicherungsvertrag mit Garantie und Einmalauszahlung sowie einer Überschussbeteiligung, die sich nahe am aktuellen Zinsmarkt orientiert, am ähnlichsten sind. Adäquate AnalysenDa eine sichere Prognose zu Deflation oder Inflation nicht möglich ist, gibt es auch keine Portfoliostrategie, die als “mustergültig” betrachtet werden kann. Vielmehr kommt es darauf an, mit Hilfe von adäquaten Asset-Liability-Management-Analysen die unterschiedlichen Risikoszenarien zu quantifizieren und die unterschiedlichen Auswirkungen der jeweiligen Kapitalanlagestrategien unter anderem hinsichtlich der Bedeckung des Sicherungsvermögens, zukünftiger Risikokennzahlen (Solvency II) und der Unternehmenswertentwicklung (Market Consistent Embedded Value) sichtbar zu machen. Diese Ergebnisse stellen nach unserer Erfahrung bei immer mehr institutionellen Kunden eine wichtige Entscheidungshilfe für die Unternehmensführung dar.