RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: RALPH DEFREN

Versicherer spielen in der Kreditvergabe künftig größere Rolle

Fonds unter strengem regulatorischem Regime - Assekuranz sucht Rendite

Versicherer spielen in der Kreditvergabe künftig größere Rolle

– Herr Dr. Defren, wie ist der derzeitige Markt für Bankfinanzierungen aus Sicht der Kreditnehmer zu beschreiben?Für Kreditnehmer mit einer Bonität im Investment Grade, die zudem für die Banken Cross-Selling-Potenzial versprechen, bestehen nach wie vor keine größeren Schwierigkeiten. Für alle anderen Kreditnehmer dürfte der Zugang zu Krediten in absehbarer Zeit schwieriger werden, zumindest aber teurer. Die Flucht in die Qualität ist auch ein Ergebnis verschärfter Regulierungen und der Notwendigkeit der Banken, ihre Bilanzsummen zu reduzieren.- Welche Alternativen stellen sich für Kreditnehmer?Es wird immer wichtiger, ihre Finanzierung auf eine breitere Basis zu stellen. Das betrifft nicht nur die Finanzierungsquellen, sondern auch die Bandbreite der Produkte. Zu den alternativen Finanzierungsquellen gehören neue Gruppen von Kreditgebern, wie Kreditfonds oder Versicherer. Bei der Bandbreite der Produkte wäre an Schuldscheindarlehen, Anleihen, Factoring-/ABS-Strukturen oder Borrowing-Base-Finanzierungen zu denken.- Welche Rolle spielen Kreditfonds und Versicherer?Bei Kreditfonds ist zu beachten, dass diese für ihre Tätigkeit in Deutschland einem strengen regulatorischen Regime unterliegen, weil die Kreditvergabe Bankgeschäft ist und weder offene noch geschlossene Fonds davon ausgenommen sind. Zur Vermeidung dieser Thematik ist ein gewisser Strukturierungsaufwand erforderlich, weil eine Kooperation mit Banken zum Fronting der Darlehensvergabe benötigt wird. Dagegen gehen wir davon aus, dass in Zukunft Krediterwerb oder Kreditvergabe durch Versicherer eine wichtigere Rolle spielen werden.- Inwiefern?Versicherer, die ihr Engagement in Staatsanleihen aufgrund veränderter Risikobewertung sowie (zu) niedriger Zinsen abbauen wollen, können unter bestimmten Umständen in Kredite ausweichen. Dies dürfte vor allem für die Immobilienfinanzierung gelten, wo eine begrüßenswerte Gesetzesänderung bevorsteht. Bei den Immobilienfinanzierungen ebenso wie bei Projekt- oder Infrastrukturfinanzierungen dürfte sich auch der Wunsch der Versicherer nach langfristigen, stabilen Erträgen gut verwirklichen lassen. Bei Immobilienfinanzierungen könnten solche Laufzeiten angeboten werden, die im Bankmarkt so nicht verfügbar sind.- Was plant der Gesetzgeber, und wie wird dies begründet?Im Zuge der Umsetzung der EU-Bestimmungen über Eigenkapitalanforderungen, also CRD IV, die eigentlich der Umsetzung von Basel III ins deutsche Recht dient, sollen auch Versicherer Berechtigte einer Refinanzierungstransaktion werden. Die Details sind eher technisch-juristischer Natur. Diese Anpassungen würden jedoch den Erwerb grundschuldbesicherter Darlehen oder ganzer Portfolien solcher Darlehen durch Versicherer erheblich vereinfachen und erleichtern. Der Gesetzgeber erkennt damit das volkswirtschaftliche Interesse an der ausreichenden Versorgung der Wirtschaft mit Kapital über Konsortialkredite an und möchte einen zusätzlichen Anreiz zum Ankauf von Bankforderungen durch Versicherer schaffen, auch um die Refinanzierung der Kreditinstitute zu erleichtern. Außerdem wird klargestellt, dass das Halten von Grundschulden durch Sicherheitentreuhänder unproblematisch ist. Auch dies ist schon für die üblichen Konsortialfinanzierungen eine begrüßenswerte Klarstellung.- Besteht dadurch nicht gerade die Gefahr, dass die in der Vergangenheit zum Teil problematische Kreditvergabe durch Banken in die Assekuranz verlagert wird?Nein, denn zum einen sind Versicherer “real money”, das heißt, sie verschulden sich nicht selbst und dürfen das nach den aufsichtsrechtlichen Regularien für die Kapitalanlage auch gar nicht. Zum anderen lehnt sich die maßgebliche Anlageverordnung an das Pfandbriefgesetz an und begrenzt die Kreditvergabe grundschuldbesicherter Darlehen in der “privilegierten” Anlagekategorie auf 60 % des Beleihungswertes. Es ist daher ausgeschlossen, dass unerwünschte Fehlanreize geschaffen werden.—-Dr. Ralph Defren ist Partner für Bank- und Finanzrecht im Frankfurter Büro von Hengeler Mueller. Die Fragen stellte Walther Becker.