Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Hauke Hansen

"Vertrieb von Volumenlizenzen ohne Einwilligung der Urheber unzulässig"

Vor der anstehenden BGH-Entscheidung zu gebrauchter Software

"Vertrieb von Volumenlizenzen ohne Einwilligung der Urheber unzulässig"

– Herr Hansen, am Donnerstag verhandelt der Bundesgerichtshof (BGH) über die Zulässigkeit des Vertriebs gebrauchter Software. Worum geht es dabei?Software nutzt sich zwar anders als zum Beispiel ein Auto nicht ab, man spricht aber trotzdem von “gebrauchter” Software, wenn ein Kunde die von ihm genutzte Software nicht mehr benötigt und sie weiterverkaufen will. Interessant sind vor allem Volumenlizenzen. Unternehmen kaufen dabei von den Softwareentwicklern das Recht, die benötigte Software auf einer größeren Anzahl von Rechnern zu installieren.- Wer ist an dem BGH-Verfahren beteiligt?Der Softwarehersteller Oracle hat den Münchener Gebrauchtsoftwarehändler Usedsoft verklagt. Usedsoft warb damit, Lizenzen für gebrauchte Oracle-Software anzubieten. Die Lizenzbedingungen von Oracle verbieten aber eine Weitergabe der Nutzungsrechte. Die Vorinstanzen haben diese Weitergabeverbote für wirksam erklärt und in dem Angebot von Usedsoft eine Verletzung der Urheberrechte von Oracle gesehen.- Der Handel mit gebrauchten Lizenzen ist sowohl für Softwarehersteller als auch Kunden von großer Bedeutung. Es geht um einen milliardenschweren Markt. Ist ein solcher Zweitmarkt für Software überhaupt zulässig?Software ist in Deutschland nach dem Urheberrechtsgesetz geschützt. Da bei Software die besondere Gefahr besteht, dass sie unkontrolliert kopiert und vervielfältigt wird, haben sich sowohl der europäische als auch der deutsche Gesetzgeber dahingehend festgelegt, dass jede Weiterübertragung von Lizenzen der Zustimmung der Entwickler bedarf. Aus diesem Grund haben bisher alle damit befassten Oberlandesgerichte entschieden, dass der Weitervertrieb von Volumenlizenzen ohne Einwilligung der Urheber unzulässig ist. Ich erwarte, dass der BGH diese klare Linie bestätigt. Damit würde endlich Rechtssicherheit herrschen, was insbesondere auch den Endverbrauchern zugutekäme.- Wird diese Zustimmung von den Herstellern denn erteilt?Viele Hersteller erlauben in ihren Nutzungsbedingungen seit jeher die Weitergabe von originalen Datenträgern. Problematisch ist deshalb primär die Weiterübertragung von reinen Nutzungsrechten aus Volumenlizenzverträgen. Da es sich häufig um komplexe Verträge mit einer Vielzahl von Rechten und Pflichten handelt, besteht für die Entwickler ein Interesse daran zu prüfen, ob die Herauslösung einzelner Nutzungsrechte aus dem Vertrag sinnvoll ist. Aufgrund der bereits erwähnten Gefahr einer unrechtmäßigen Vervielfältigung ist es nachvollziehbar, dass die Hersteller wissen möchten, wer gerade wo welche Lizenz nutzt.- Wie läuft der Handel praktisch?Es gibt Händler, die als Makler zwischen dem ursprünglichen Lizenznehmer als dem Verkäufer und dem interessierten Käufer auftreten und die Zustimmung des Herstellers einholen. Andere agieren als Zwischenhändler. Die Kunden erhalten beispielsweise einen gebrannten Datenträger mit der Software, eine selbst erstellte Lizenzurkunde und ein Notartestat. Damit soll den Kunden suggeriert werden, dass die Lizenzübertragung quasi amtlich bestätigt wird.- Welche Weiterungen hat der Fall?Die BGH-Entscheidung ist nicht nur für die Softwarebranche von Bedeutung. Betroffen sind alle Unternehmen, die ihre geschützten Produkte online in den Verkehr bringen. Mir fielen die von Apple über iTunes vertriebenen Musikstücke ein. Oder Computerspiele, die über das Internet gespielt werden.- Usedsoft, der größte deutsche Gebrauchtsoftwarehändler, tritt ja gerne als eine Art Robin Hood auf, der gegen die Softwareindustrie und für den freien Handel streitet. Was ist davon zu halten?Nichts. In einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt musste Usedsoft gerade eine weitere Niederlage einstecken. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass Usedsoft entgegen ihrer Behauptung den Kunden gar keine gebrauchte Software verkauft hatte, sondern neue auf gebrannten Datenträgern. Den Kunden wurde dabei auch noch verschwiegen, dass die Lizenzen von einer gemeinnützigen Stiftung stammten und es sich um rechtlich nicht übertragbare, erheblich vergünstigte Education-Versionen handelte. Viele in gleicher Form belieferte Usedsoft-Kunden fühlten sich betrogen, denn sie haben den Kaufpreis gezahlt, ohne Nutzungsrechte zu erwerben, und sich gegenüber den Herstellern sogar schadenersatzpflichtig gemacht.—-Hauke Hansen ist Anwalt bei FPS Rechtsanwälte in Frankfurt. Die Fragen stelllte Walther Becker.