Kapitalanlage

Viel Rauch um Kanadas Income Trusts

Nach den Verlusten im Oktober 2006 haben sich die Kurse erholt - Fundamentaldaten können überzeugen

Viel Rauch um Kanadas Income Trusts

Von Markus Gärtner, Vancouver Geht es nach den Kritikern von Jim Flaherty, dann hat der kanadische Finanzminister die Schleusen weit für einen Ausverkauf der börsennotierten Unternehmen im Ahornland geöffnet. Umgerechnet 140 Mrd. Euro haben internationale Firmen seit Anfang 2006 für die Übernahme von Publikumsfirmen in Kanada geboten und gezahlt. Minenkonzerne wie Inco und Falconbridge und Marktführer wie der Stahlkocher Dofasco gingen in ausländischen Besitz über. Flaherty soll an dem Ansturm auf die “Kanada-AG” mitverantwortlich sein. Der Grund: Er kündigte am 31. Oktober an, sogenannte Income Trusts – Börsenvehikel, die ihren Cash-flow weitgehend oder ganz an die Aktionäre ausschütten und dafür keine Steuern zahlen – künftig doch zur Kasse zu bitten. Flaherty machte für diesen Schritt “eine wachsende Tendenz zur Steuervermeidung bei Firmen” verantwortlich. Die Besteuerung der Trusts, so Kritiker, verringert deren Attraktivität und sorgt durch eine geringere Zahl von Umwandlungen in Trusts dafür, dass Finanzinvestoren mehr leichte Ziele für ihre Übernahmeattacken finden. Flahertys Ankündigung schockte die Anleger noch viel mehr als die Hüter des börsennotierten kanadischen Tafelsilbers. Die Börse von Toronto erlebte am Tag nach der Ankündigung einen Kurssturz, der Kleinanleger und Fonds 13 Mrd. Euro kostete und zu wüsten Beschimpfungen führte. Davon waren auch deutsche Anleger betroffen. Denn zwei Zertifikate (siehe Tabelle) machen die Income Trusts auch in Deutschland handelbar. Neben den geschädigten Aktionären ist von dem Schritt vor allem die wichtige Öl- und Gasindustrie betroffen, denn Immobilientrusts sind von den Steuern ausgenommen. Die 31 Energietrusts aus der Öl- und Gasindustrie produzieren 20 % von Kanadas Öl. Die zehn Infrastruktur-Trusts organisieren 80 % des Transports von Öl und Gas im Land. Die meisten der 250 Income Trusts mit einer Börsenkapitalisierung von zusammen knapp 140 Mrd. Euro stammen aus der Energiebranche, die in Alberta konzentriert ist. Dort schlummern die größten Ölreserven außerhalb des Persischen Golfs. Versprechen gebrochenAm 22. Juni verabschiedete Kanadas Senat mit einer Mehrheit von 45 zu 21 Stimmen die Durchführungsbestimmungen zum jüngsten Haushalt. Darin enthalten ist die neue gesetzliche Regelung, wonach bis zum 31. 10. 2006 an der Börse eingeführte Income Trusts erst ab 2011 die Steuer von 34 % auf die Ausschüttungen an die Aktionäre zahlen. Die Opposition in Kanadas Parlament wollte sogar eine Schonfrist von zehn Jahren, konnte sich aber gegen die Minderheitsregierung von Premierminister Stephen Harper nicht durchsetzen. In vier Jahren soll die Steuer auf 31,5 % fallen. Neue Trusts werden sofort steuerpflichtig. Flaherty muss sich seit der Ankündigung, die an der Börse wie eine Bombe einschlug, von der Opposition im Parlament den Vorwurf gefallen lassen, er habe eine Kehrtwende vollzogen und ein Versprechen aus dem Wahlkampf vor dem Wahlsieg im Januar 2006 gebrochen. Er selbst entschuldigte sich für den Schritt, als klar wurde, welches Debakel die Nachricht an der kanadischen Börse anrichtete. Die Börsenkapitalisierung in Toronto fiel in nur zwei Handelstagen um 23 Mrd. Euro. Die Panikverkäufe, die den Income Trust Index am Tag eins nach der Steuerbombe um 12 % abstürzen ließen, trieben die Aktien von BCE und Telus – den beiden größten Telekomfirmen in Kanada – über Nacht um 11 % und 13 % in den Keller. Und das aus gutem Grund.BCE, Kanadas meistgehandeltes Aktienunternehmen und der Marktführer in der Telekomindustrie, hatte drei Wochen vor der folgenschweren Ankündigung Pläne für die größte Trustumwandlung in Kanadas Geschichte bekannt gegeben. BCE wollte die Tochter Bell Canada in einen Trust umwandeln, um bis 2008 mehr als 530 Mill. Euro Steuern zu sparen. Der Erzrivale Telus hatte zuvor schon die Umwandlung in einen Trust beschlossen. Flaherty, dessen Statistiker bis Oktober für das Jahr 2006 schon Umwandlungen in Trusts im Gesamtvolumen von 47 Mrd. Euro gezählt hatten, fürchtete einen Dammbruch mit geringeren Steuereinnahmen im Umfang von 750 Mill. Euro pro Jahr. “Beide Firmen haben signalisiert, dass der wichtigste Grund für ihre Umwandlung die Steuern sind, keine strategischen Überlegungen”, sagte Flaherty über die Umwandlungspläne von BCE und Telus. Die massive Flucht in die Trustwelt hielt Flaherty für eine Gefahr “für das kanadische Steuersystem”.Acht Monate später hat sich der Staub gelegt. Der Aeroplan Income Trust, der Anfang November von 16 auf 13 kan. Dollar abstürzte, hat seitdem auf über 20 kan. Dollar zugelegt. Der Canadian Oil Sands Trust, der von 30 auf fast 24 kan. Dollar verlor, notiert jetzt über 31. Der Canetic Resources Trust, der fast 30 % verlor, hat wieder das Niveau vom Oktober 2006 erklommen. “Wenn alle Fundamentaldaten stimmen, machen Income Trusts als Anlage immer noch Sinn”, sagt Patricia Lovett-Reid, Senior Vice President beim Discountbroker und Vermögensverwalter TD Waterhouse in Toronto. Unter guten Fundamentaldaten versteht die Expertin ordentlichen Cash-flow, eine konservative Dividende, solides Management und gute Verträge. Die Guardian Group of Funds, eine Fondstochter der Bank of Montreal, erwartet sogar, dass “Income Trusts die steuereffektivste Anlage mit der besten Verzinsung bleiben”. Die Zukunft für die Trusts aus der Sicht der Aktionäre soll auch deshalb gut bleiben, weil die Baby Boomer jetzt in den nächsten Jahren in Pension gehen und für eine steigende Nachfrage nach hochverzinsten Anlageformen sorgen werden. Das gilt vor allem für die steuerbefreiten Immobilien-Trusts, solange der Immobilienboom in Kanada keine starke Korrektur erlebt. Trotz der Probleme im US-Markt, wo die Krise im Subprime-Segment für Hypotheken an Kunden mit geringer Kreditwürdigkeit immer weitere Kreise zieht, sieht es danach aber bislang nicht aus.