Vom Drama niedriger Zinsen
Die Staatsschuldenkrise wird momentan auf dem Rücken der Bondinvestoren ausgetragen. Dieses drastische Konzept heißt finanzielle Repression. Eigentlich wäre die beste Lösung der Staatsschuldenkrise wohl ein kräftiges reales Wirtschaftswachstum. Dies würde die Schuldenstände nicht nur im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt schwinden lassen, sondern auch die Staatseinnahmen beflügeln.Doch diese Option scheidet offenbar leider aus. In Südeuropa, wo ein solcher Wachstumsschub besonders nötig wäre, ist die Wettbewerbsfähigkeit nicht ausreichend. Was bleibt an alternativen Maßnahmen zum Schuldenabbau? Sparmaßnahmen sind ebenfalls Grenzen gesetzt, was die aktuelle politische Debatte in der Eurozone deutlich macht. Das Risiko, mit einem zu harten Sparkurs eine ohnehin maue Konjunktur abzuwürgen, ist für viele Regierungen nicht akzeptabel.Es bliebe noch die Möglichkeit, Steuern anzuheben, aber kaum ein gewählter Repräsentant will die Kosten der Bankenrettung so offensichtlich auf die Allgemeinheit überwälzen. Der Schuldenschnitt schließlich ist – außer für Griechenland – ebenfalls kein gangbarer Weg. Inflation als AntwortInflation ist die aus politischer Sicht optimale Antwort auf die Staatsschuldenkrise. Die Teuerung wirkt wie eine Steuer auf die Geldhaltung, muss aber nicht vom Parlament beschlossen werden. Inflation verringert die realen Schulden. Zudem erhöhen sich durch die Steuerprogression die Steuereinnahmen.Diese Entwicklung ist bereits im Gange. Steigende indirekte Steuern und administrierte Preise liefern ihren Beitrag hierzu. Eine Abgabe für einen guten Zweck, etwa das Erneuerbare-Energien-Gesetz oder die Brennelementesteuer, runden das Ganze über höhere Strompreise ab. So verschafft sich der Staat mehr Einnahmen und kurbelt indirekt die Teuerung an. Auffällig ist auch die Parteinahme im Streit der Tarifparteien für höhere Löhne angesichts der sprudelnden Unternehmensgewinne, selbst von Politikern, die ansonsten nicht als arbeitnehmerfreundlich gelten. Das Resultat: Die Eurozone ist praktisch in der Rezession, die Inflationsrate bewegt sich trotzdem bei 2,5 bis 3 %.Die staatlichen Akteure müssen natürlich die Rentenmärkte im Auge behalten. Negative Reaktionen, sprich höhere Zinsen könnten den Lösungsprozess torpedieren. Deswegen gibt es einen klaren politischen Willen, die Zinsen möglichst niedrig zu halten, in Europa wie in den USA. Denn die Staatsschuldenkrise lässt sich nur mit niedrigen Zinsen lösen.Augenfällig wird dies in Südeuropa, wo die Staatsanleihezinsen der meisten Länder explodiert sind. Es wird alles dafür getan, die Märkte zu beruhigen: Rettungsschirme werden aufgespannt und Euro-Bonds diskutiert. Das Zinsniveau über staatliche Garantien oder die Europäische Zentralbank im Zaum zu halten, ist das Ziel. Druck auf InstitutionelleIn Deutschland helfen die Regulierungswerke, die unter den Stichworten Solvency II oder Basel III für die Versicherungen bzw. die Banken gelten. Institutionelle Anleger werden darüber gezwungen, die überteuerten Staatsanleihen des Heimatmarktes zu kaufen. So bleibt das Zinsniveau hierzulande niedrig. Die Flucht in den vermeintlich sicheren Hafen Bundesanleihe findet also weitgehend nicht freiwillig statt. Dies nennt man finanzielle Repression.In Japan findet diese Gängelung bereits seit rund 20 Jahren statt. Vor allem die staatliche Postbank kauft die nahezu zinslosen Papiere des völlig überschuldeten Landes. Spanien hat 2010 die Einlagenzinsen der Banken begrenzt, damit die Konkurrenz zu Staatsanleihen beschnitten wird. Großbritannien und die USA agierten so nach dem Zweiten Weltkrieg, als die völlig überschuldeten Länder große institutionelle Investoren zwangen, ihre Staatsanleihen zu niedrigen Zinsen zu kaufen. Nach zwei Jahrzehnten hatten die beiden Nationen ihre Schuldenstandsquoten halbiert.Dies zeigt, dass eine finanzielle Repression jahrelang andauern muss, um die Schuldenquoten nennenswert zu drücken. Natürlich muss darauf geachtet werden, inwieweit die Kapitalsammelstellen diesen Kurs verkraften und nicht ihre Existenz gefährdet wird. Magere BundrenditenEin Blick auf das Anlageverhalten institutioneller Investoren, die in ihren Anlagevorgaben weniger beschränkt sind wie etwa Stiftungen, zeigt, wie gering die Bereitschaft ist, noch in Bundesanleihen zu investieren. Investoren sind, wo immer es möglich war, bereits auf Alternativen wie Unternehmensanleihen umgeschwenkt. Das hat aber auch dort die Renditen ins Bodenlose sinken lassen.Auch High Yields oder Anleihen der Schwellenländer sind sehr teuer geworden. Das niedrige Zinsniveau hat sich auf fast sämtliche Rentengattungen ausgebreitet, die Ansteckung ist vollzogen. Was wir derzeit am Rentenmarkt sehen, ist daher keine Blase. Eine Spekulationsblase ist von Euphorie getragen, die hier nicht vorhanden ist. Der Pessimismus der Rentenanleger ist groß und die Abneigung offensichtlich, Staatsanleihen ins Portfolio zu nehmen.Welche Ausweichmöglichkeiten haben institutionelle Investoren in diesem Umfeld? Regulatorische Vorgaben erschweren häufig höhere Aktien- oder Immobilienquoten, wenngleich reale Assets langfristig wohl die beste Lösung darstellen, um der finanziellen Repression zu entgehen. Schließlich findet man im Dax Unternehmen mit Dividendenrenditen von 4 % und mehr. Nicht alle, aber einige davon werden ihre Dividenden dank starker Geschäftsmodelle auch dauerhaft zahlen oder sogar steigern können. Begrenzte AuswegeDoch wo lassen sich noch vergleichsweise sichere und attraktive Renditen am Anleihemarkt erwirtschaften? Einen begrenzten Ausweg bieten nach wie vor Spread-Produkte, wie ausgewählte Euro-Staatsanleihen, diverse Corporate Bonds oder Pfandbriefe. Im Bereich Staatsanleihen präsentieren sich einige osteuropäische Staaten als gute Beimischung, aber auch manche kurzlaufende südeuropäische Titel sind eine Überlegung wert.Unternehmensanleihen hoher Bonität waren in den vergangenen Jahren eine gute Wahl, sind aber mittlerweile sehr teuer. Solide deutsche Unternehmen bieten bei fünfjähriger Laufzeit kaum noch 2 % Rendite, Banken wenig mehr. Für 5 % müssen schon Spanien, Italien oder die Schwellenländer angesteuert werden – mit Ratings von “A -” abwärts. Bei Pfandbriefen bieten vor allem dänische Papiere eine gute Beimischung. Dänemark ist eines der wenigen verbliebenen “AAA”-Länder in Europa. Kündbare dänische Pfandbriefe sind besonders attraktiv. Ohne große Durationsrisiken sind hier Kupons von 3 bis 3,5 % zu Kursen knapp unter Pari erhältlich. Entsprechende Renditen dürften damit zu vereinnahmen sein. Attraktive Verzinsungen im Niedrigzinsumfeld gibt es also doch noch – und dies bei erstklassiger Bonität und Liquidität. Für den Fall eines Zinsanstiegs wären Investoren ebenfalls gewappnet: Kündbare dänische Pfandbriefe sind dann meist ein deutlicher Outperformer im Vergleich zu anderen Rentenanlagen.