Vom sinkenden Spread profitieren
Wenig beeindruckt zeigt sich der Ölpreis von der Konjunkturabkühlung in Europa. Während die Notierung für die Nordseesorte Brent Crude stagniert, steigt das US-Leichtöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) sogar an. Anleger setzen u. a. darauf, dass die Erweiterung der Seaway Pipeline, die das Verteilerzentrum für das Öl in Nordamerika, Cushing, mit dem Golf von Mexiko verbindet, den Transportstau verringern wird. Anleger können mit Rohstoffprodukten auf einen Anstieg des WTI-Preises oder auf eine Einengung des Preisabstands zwischen beiden Ölsorten setzen.Von Armin Schmitz, Frankfurt An den Energiemärkten ist eine Entspannung bei den seit Monaten anhaltenden Preisverzerrungen bei den beiden führenden Ölsorten zu beobachten. Während WTI in diesem Jahr 5,4 % auf 96,73 Dollar pro Barrel zugelegt hat, verlor Öl der Sorte Brent knapp 1 % auf 109,81 Dollar. Mit einer Preisdifferenz von rund 13 Dollar zwischen den beiden Ölsorten West Texas Intermediate und Brent ist der Abstand so eng wie seit sechs Monaten nicht mehr.Auch die Terminmarktkurve von WTI hat sich verändert. Gründe für die Spread-Einengung sind ein unerwarteter Anstieg der Ölförderung und Änderungen des Transports in die USA. Der Spread war bis auf 20 Dollar angestiegen, nachdem Sorgen über Versorgungsengpässe im US-Ölpipeline-System aufkamen. Nach Ansicht von Rohstoffanalysten erklärt sich die relative Stärke des WTI durch den Rückgang der Lagerbestände in Cushing, Oklahoma, dem Verteilerzentrum für das in Nordamerika geförderte Öl. Die nordamerikanischen Ölproduzenten vermeiden es, Öl über das Verteilerzentrum zu verkaufen. Stattdessen transportieren sie mehr Öl von Bakken, einer Schieferformation, die von den US-Bundesstaaten North Dakota und Montana bis nach Kanada reicht, per Eisenbahn direkt zum Golf von Mexiko. Belastet wird der Brent-Preis dagegen einerseits durch die Wartung zahlreicher Raffinerien in Europa, wodurch die Nachfrage nach Rohöl sinkt. Andererseits sind die Fördermengen des Nordseeöls deutlich gestiegen. Außerdem ist die Nachfrage der petrochemischen Industrie in Europa und Asien merklich zurückgegangen. Änderung der KurvenAn den Terminmärkten beobachten Experten, dass eine Reihe von Investoren darauf setzt, dass die Erweiterung der Seaway Pipeline zur Reduzierung des WTI-Staus am Verteilerzentrum in Oklahoma führen wird und damit dann auch die Preisdifferenz verringert. Das erklärt auch die Änderungen am Terminmarkt. Lief die Kurve früher in Contango, d. h. die späteren Terminkontrakte waren teurer als die Spotpreis-nahen Futures, befindet sie sich ab den Verfallsterminen 2014 nun in Backwardation. Die Kontrakte werden also preiswerter, je länger die Laufzeit ist. Der Anleger hat die Möglichkeit, mit Finanzprodukten auf die Veränderung des Ölpreises zu reagieren. Für Anleger, die von einem weiteren Preisanstieg des WTI ausgehen, bietet ETF Securities einen ETF auf den Zwei-Monats-WTI-Öl-Future (DE000A0KRKN3) an. Der Kurs legte im laufenden Jahr etwas mehr als 5 % zu. Dieses Produkt ist durch einen vollfinanzierten Swap mit Royal Dutch Shell gedeckt, die für das Öl-Engagement sorgen soll. Die Gesamtkostenquote liegt hier bei 0,49 %.Ein Alpha-Zertifikat der Société Générale (DE000SG12KE0) ermöglicht dem Anleger, mit einem Hebel von 3 auf eine weitere Einengung des Preisabstands zu setzen. Das Zertifikat bildet die Outperformance des S & P GSCI WTI ER Index gegenüber dem Brent-Index mit dem Faktor 3 ab. Das Zertifikat verbuchte in den vergangenen vier Wochen einen Gewinn von mehr als 17 %. Aufgrund der zuvor vorherrschenden Contango-Situation musste der Anleger auf Sicht von einem Jahr allerdings einen Verlust von rund 33 % hinnehmen. Dieses Zertifikat verbrieft eine Long- (WTI) und eine Short-Position (Brent). Damit heben sich die beiden Positionen auf. Die Position ist somit cashneutral. Das eingesetzte Kapital wird bei diesen Zertifikaten zugunsten des Anlegers mit dem Interbanken-Zinssatz Eonia (Euro Overnight Index Average) verzinst. Bei einem aktuellen Zinssatz von 0,067 % ist der Ertrag allerdings zu vernachlässigen. Die Indizes werden zwar in Dollar notiert, Anleger brauchen allerdings keine Währungsverluste zu befürchten, denn durch einen Quanto-Mechanismus werden Währungseinflüsse ausgeschlossen. Die Wertentwicklung setzt sich aus den Gewinnen der Spread-Einengung und den Zinserträgen zusammen. Diese Strategie wird von der Société Générale für konservativere Anleger auch als Zertifikat ohne Hebel (DE000SG12RH8) angeboten. Binnen vier Wochen verbuchte das Zertifikat einen Gewinn von 6,3 %.