INVESTMENTFONDS - GASTBEITRAG

Wandelanleihen sind unter Solvency II attraktiv

Börsen-Zeitung, 7.8.2013 Wandelanleihen bieten dem Anleger einen Zugang zu Aktienmärkten bei gleichzeitig geringerer Schwankungsbreite. Als hybride Anlageklasse haben Wandelanleihen Vorteile hinsichtlich der risikoorientierten...

Wandelanleihen sind unter Solvency II attraktiv

Wandelanleihen bieten dem Anleger einen Zugang zu Aktienmärkten bei gleichzeitig geringerer Schwankungsbreite. Als hybride Anlageklasse haben Wandelanleihen Vorteile hinsichtlich der risikoorientierten Solvenzkapitalunterlegung unter Solvency II.Wandelanleihen sind festverzinsliche Schuldverschreibungen von Aktiengesellschaften, die neben dem Anspruch auf Kuponzahlungen und Rückzahlung des Nennwerts auch ein Wandlungsrecht in eine bestimmte Anzahl von Aktien der emittierenden Gesellschaft verbriefen. Wandelanleihen bieten Investoren durch die Optionskomponente einen Zugang zu Aktienmärkten bei signifikant niedrigerer Volatilität durch den eingebetteten Risikopuffer der Anleihekomponente.Für Wandelanleihen mit mittlerer Aktiensensitivität, d.h. mit Delta zwischen 30 % und 60 %, gilt als Daumenregel, dass sie ungefähr zu zwei Dritteln an steigenden und nur zu einem Drittel an fallenden Aktienmärkten teilnehmen. Dieses lässt sich über einen längeren Zeitraum nachweislich aufzeigen. Wandelanleihen stellen somit grundsätzlich eine attraktive Anlageform für institutionelle Investoren und insbesondere Versicherungen dar, die an einer begrenzten Aktienpartizipation interessiert sind.Europäische Versicherungsunternehmen in den 28 EU-Mitgliedsstaaten sind derzeit mit dem neuen Aufsichtsregelwerk Solvency II konfrontiert. Solvency II reformiert EU-weit Anforderungen an die Eigenmittelausstattung, das Risikomanagement und das Berichtswesen von Versicherungen über einen Dreisäulenansatz. Ziel ist es, die Interessen der Versicherungsnehmer durch die Reduzierung der Insolvenzwahrscheinlichkeit von Versicherungsunternehmen zu schützen.Ursprünglich war geplant, dass Solvency II zum 1. Januar 2014 in vollem Umfang anzuwenden ist. Unter anderem durch die Diskussionen um die Behandlung langfristiger Garantien verzögert sich die Einführung weiter, der Starttermin zum 1. Januar 2014 ist nicht einzuhalten. Zu einem neuen Termin gibt es noch keine offizielle Äußerung der Europäischen Kommission. Marktteilnehmer gehen aktuell von einer schrittweisen Einführung aus, wobei mit einer vollständigen Implementierung vermutlich erst zum 1. Januar 2016 gerechnet werden kann.Unter Solvency II wird ein Dreisäulenansatz verfolgt, in der die erste Säule die quantitative Solvenzkapitalanforderung behandelt, die zweite Säule das Risikomanagement sowie qualitative Anforderungen und die dritte Säule das Berichtswesen. Verschiedene ModuleZur konkreten Bestimmung der Solvenzkapitalanforderung (SCR) werden verschiedene Risikomodule betrachtet. Das Submodul “Marktrisiko” erfasst hierbei die Volatilität der Kapitalanlagen. Es sind in diesem Zusammenhang von der EU-Versicherungsaufsicht EIOPA (European Insurance and Occupational Pensions Authority) sieben Risikofaktoren festgelegt worden. Dabei handelt es sich konkret um die Risikofaktoren Aktien, Zins, Credit Spread, Konzentration, Währungen, Immobilien und Illiquidität sowie deren Korrelationen untereinander. Für jeden dieser sieben Risikofaktoren besteht ein spezifisches Stressszenarium. Beispielsweise ist der Risikofaktor “Aktien” pauschal mit einem Faktor von 39 % (OECD-Staaten) beziehungsweise von 49 % (Nicht-OECD-Staaten) in der Bewertung anzusetzen.Wandelanleihen werden in den Berechnungen als Unternehmensanleihen mit Aktienoption behandelt. Insbesondere die Risikofaktoren Aktien und Credit Spreads haben eine signifikante Bedeutung für die Höhe der Kapitalhinterlegung für diese Asset-Klasse. Je schlechter die Bonität und je länger die Laufzeit, desto höher das zu hinterlegende Kapital. Ein mögliches Währungsrisiko kann beispielsweise durch eine systematische Währungssicherung in Euro ausgeschlossen werden, ein Immobilien- und Illiquiditätsrisiko fällt regelmäßig nicht an. Das Zinsrisiko hat aufgrund der durchschnittlich relativ geringen Duration von Wandelanleihen nur einen geringen Einfluss auf die Gesamtkapitalanforderung.Da Wandelanleihen hybride Instrumente aus Unternehmensanleihe und Aktienoption mit asymmetrischer Auszahlungsstruktur sind, hat man demzufolge keine lineare Kapitalunterlegung. Wichtig in dem Zusammenhang ist das jeweilige Delta, d.h. die Aktiensensitivität der entsprechenden Wandelanleihe. Das Delta der Wandelanleihe und damit ihre Aktiensensitivität ändert sich dynamisch mit dem Underlying, d. h., bei schwachen Märkten sinkt die Aktiensensitivität, der Risikofaktor Aktien verliert an Gewicht, demzufolge ist die kalkulierte Kapitalanforderung geringer.Insbesondere im Vergleich mit einem direkten Aktienerwerb kommen Wandelanleihen unter Solvency II signifikant besser weg. Beispielsweise würde die Wandelanleihe eines Emittenten mit “BBB”-Rating, einer vierjährigen Laufzeit und einer Aktiensensitivität von 50 % eine Solvenzkapitalanforderung (SCR) von ca. 20 % aufweisen. Bei einem direkten Aktieninvestment des Unternehmens wären im Fall eines OECD-Staates 39 % fällig. Bei einem Anleihe-Investment mit gleicher Laufzeit und Rating dagegen 17 %.Die Kapitalunterlegung für Wandelanleihen ähnelt somit der von klassischen Unternehmensanleihen, obwohl eine gewisse Aktiensensitivität und somit zusätzliches Renditepotenzial vorhanden ist. Die niedrigeren Kapitalanforderungen bei Wandelanleihen relativ zu Aktien sind darin begründet, dass bei der SCR-Kalkulation grundsätzlich keine volle, sondern nur teilweise Anrechnung des Aktienrisikofaktors erfolgt. Der hybride Charakter von Wandelanleihen wird in diesem Kontext berücksichtigt. Dies gilt natürlich nur, solange keine tatsächliche Wandlung in Aktien erfolgt. Wandlung vermeidenEin für Versicherungen attraktives Wandelanleihenportfolio würde insbesondere aus Emittenten mit Investment-Grade-Rating, einer mittleren Aktiensensitivität der Optionskomponenten, systematischem Währungshedging und der Vermeidung von Wandlung in Aktien bestehen. So können von Versicherungsunternehmen zusätzliche Renditechancen ergriffen, das Portfolio diversifiziert und die Kapitalhinterlegung relativ gering gehalten werden.Ein Investment in Fonds ist in diesem Zusammenhang aufgrund der Komplexität der Ausgestaltung auf Einzeltitelebene, von Diversifkationsaspekten und hohen Minimumdenominierungen besonders zu empfehlen. Große Asset Manager verfügen zudem vielfach über langjährige Erfahrung im Management von Wandelanleiheportfolios sowie intensive Beziehungen zum Markt und seinen Teilnehmern, was sich für Investoren auch über günstigere Transaktionskosten und ein optimiertes Management von Neuemissionen auszahlen kann. Im Falle eines Fondsinvestments von Versicherungen, erfolgt unter Solvency II generell eine sogenannte Durchschau (“Look-through-Prinzip”) auf die Ebene der Einzelpositionen zur Quantifizierung der Risiken. Der Asset Manager kann dem Versicherer bei mittelbarem Erwerb über einen Wandelanleihefonds entsprechend helfen, die Solvenzkapitalanforderung niedrig zu halten und dennoch von den Renditechancen des Aktienmarktes zu profitieren.—-Stefan Schauer, Fondsmanager der Deutschen Asset & Wealth Management