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Warum Hausbesitzer ihre Immobilie bis April übertragen sollten

Erbschaftsteuerreform erhöht zwar die Freibeträge - Bei hochwertigen Objekten fällt die Steuerbelastung dennoch deutlich kräftiger aus

Warum Hausbesitzer ihre Immobilie bis April übertragen sollten

Von Rüdiger Apel Nach dem jetzt vorliegenden Regierungsentwurf des Reformgesetzes zur Erbschaft- und Schenkungsteuer wird die Übertragung von Immobilienvermögen auf die Erben und Beschenkten deutlich teurer. Auslöser für die Gesetzesänderung war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das die geltende Erbschaftsteuer für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgetragen hat, die Erbschaftsteuer bis Ende 2008 neu zu regeln.Es wurde im Wesentlichen kritisiert, dass “Gleiches” nicht gleich behandelt werde; denn bisher ging Grund- und Immobilienvermögen lediglich mit 50 bis 60 % des tatsächlichen Wertes in die Berechnung der Erbschaftsteuer ein. Somit zahlt ein Erbe von Immobilien wesentlich weniger Steuern als ein Erbe von Geldvermögen. Daher hat das Bundesverfassungsgericht für eine künftige Regelung vorgeschrieben, dass alle Vermögensarten mit ihrem “tatsächlichen Wert” zu bewerten sind. 400 000 Euro FreibetragDie Reform sieht im Wesentlichen für Ehepartner, Kinder und Enkel höhere Freibeträge vor. Dabei gelten die persönlichen Freibeträge gegenüber jedem Eltern- bzw. Großelternteil in voller Höhe. Dies bedeutet beispielsweise, dass Vater und Mutter an ihr Kind zweimal 400 000 Euro erbschaftsteuerfrei übertragen können. Künftig erhalten eingetragene Lebenspartner denselben Freibetrag wie Ehepartner, mit dem Unterschied, dass bei Überschreiten dieses Freibetrages ein wesentlich ungünstigerer Steuertarif gilt. Für nicht eheliche Lebenspartner gilt ein deutlich niedrigerer Freibetrag.Um das Immobilienvermögen im Detail zu ermitteln, sollte zuerst die Vermögensart des Grundvermögens festgestellt werden. Diese wird in den Paragraphen 68 und 69 des Bewertungsgesetzes definiert und abgegrenzt. Im Allgemeinen ist der Bewertungsmaßstab der “gemeine Wert”. Neben dem “klassischen Grundvermögen” sind aber auch Sonderfälle wie Erbbaurecht, Gebäude auf fremdem Grund und Boden sowie Grundstücke mit Gebäuden im Zustand der Bebauung von der Neuregelung betroffen. Bei der Bewertung unbebauter Grundstücke werden diese Grundstücke wie bisher nach der Fläche und den Bodenrichtwerten ermittelt. Grundlage sollen künftig aber die aktuell ermittelten Bodenrichtwerte der jeweiligen Gutachterausschüsse der Städte bilden. Bisher galten die Bodenrichtwerte zum Stichtag 1.1.1996.Bei bebauten Grundstücken hat der Gesetzgeber für die Bewertung drei Bewertungsverfahren vorgesehen. Geregelt werden die Wertermittlungsverfahren in Anlehnung an die Wertermittlungsverordnung durch eine Rechtsverordnung.Das sogenannte Vergleichswertverfahren kommt ausschließlich bei der Ermittlung des gemeinen Wertes bei Grundstücken zur Anwendung, die mit im Wesentlichen gleichartigen Gebäuden bebaut sind und bei denen sich der Grundstücksmarkt an Vergleichswerten orientiert. Daher wird dieses Verfahren künftig für Wohneigentum, Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäuser anzuwenden sein. Bei diesem Verfahren wird der Marktwert eines Grundstücks aus den tatsächlich realisierten Kaufpreisen von anderen Grundstücken abgeleitet. Voraussetzung hierfür ist, dass diese Grundstücke in folgenden Punkten im Wesentlichen übereinstimmen: Lage, Nutzung, Bodenbeschaffenheit, Zuschnitt und sonstige Beschaffenheit. ErtragswertverfahrenDas sogenannte Ertragswertverfahren wird im Wesentlichen bei typischen Renditeobjekten eingesetzt, bei denen der nachhaltig erzielbare Ertrag für die Werteinschätzung am Grundstücksmarkt im Vordergrund steht. Daher kommt dieses Verfahren bei Mietwohngrundstücken, Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken zum Einsatz. Es muss sich für diese Objekte auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lassen. Der Wert der bebauten Grundstücke wird auf Grundlage des für diese Grundstücke nachhaltig erzielbaren Ertrags ermittelt.Das Sachwertverfahren hingegen kommt dann in Betracht, wenn es für die Werteinschätzung am Grundstücksmarkt nicht in erster Linie auf den Ertrag ankommt, sondern die Herstellungskosten im gewöhnlichen Geschäftsverkehr maßgeblich sind. Dies wäre der Fall, wenn für Wohneigentum, Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäuser kein Vergleichswert vorliegt oder aber auch bei Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken, für die sich am örtlichen Grundstücksmarkt keine übliche Miete ermitteln lässt bzw. die sonstigen bebauten Grundstücke. Bei diesem Verfahren wird der Wert zugrunde gelegt, der sich aus der Summe von Herstellungswert der auf dem Grundstück vorhandenen baulichen und nicht baulichen Anlagen sowie dem aktuellen Bodenwert ermittelt.Beim Erbbaurecht wiederum müssen die Werte für die wirtschaftlichen Einheiten Erbbaurecht und belastetes Grundstück separat ermittelt werden. Es ist vorgesehen, dass dem Grundstückseigentümer bei bebautem Grundbesitz der Wert von Grund und Boden (pauschal 20 % des Erbschaftsteuerwerts) und dem Erbbauberechtigten der Gebäudewert (pauschal 80 % des Erbschaftsteuerwerts) zugerechnet werden. Dabei sind bei der Wertermittlung neben dem Gebäude- und Bodenwert folgende Punkte angemessen zu berücksichtigen: Höhe des Erbbauzinses, Restlaufzeit des Erbrechts und Höhe der “Heimfallentschädigung”. Belastete GrundstückeHandelt es sich aber um ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden, sind die Werte für die wirtschaftliche Einheit Gebäude auf dem fremden Grund und Boden und die Einheit des belasteten Grundstücks getrennt zu ermitteln. Dabei sind neben dem Bodenwert und dem Gebäudewert die Höhe der Pachtzinsen sowie die Restlaufzeit des Nutzungsrechts in angemessener Weise zu berücksichtigen. Handelt es sich um Grundstücke und Gebäude im Zustand der Bebauung, sind solche Objekte (auch Gebäudeteile) mit den zum Zeitpunkt der Besteuerung entstandenen Herstellungskosten und dem Wert des bislang unbebauten bzw. anderweitig bebauten Grundstücks anzusetzen. Weitere Details zu den Bewertungsverfahren sollen noch in einer Rechtsverordnung geregelt werden. Der Wortlaut ist bislang weder in der endgültigen noch in der Entwurfsfassung veröffentlicht worden.Auch nach der Neuregelung werden die meisten Häuser erbschaftsteuerfrei bleiben. Nach einer Auswertung von 1998 hatten 85 % der Einfamilienhäuser einen Wert unter 250 000 Euro. Bis zum heutigen Zeitpunkt sind die Preise in diesem Bereich in Deutschland nur unwesentlich gestiegen oder sogar teilweise gesunken. Beispiel Folgendes Beispiel soll aber verdeutlichen, wie sich die vorgesehene Steueränderung bei höherwertigen Immobilien auswirken wird: Es soll eine Immobilie in München mit einem aktuellen Steuerwert von 750 000 Euro alternativ an ein Kind oder an den Lebensgefährten übertragen werden. Daneben wird auch ein Depot mit Wertpapieren übertragen. Es zeigt sich, dass trotz des erhöhten Freibetrages eine deutlich höhere Steuer fällig wird (siehe Tabelle). Aufgrund der höheren Bemessungsgrundlage reduziert sich prozentual der Anteil der Steuer am übertragenen Vermögen. Wahlrecht für ÜbergangszeitDie bestehende Rechtslage gilt bis zum Inkrafttreten des neuen Erbschaftsteuerrechts fort. Es wird damit gerechnet, dass dies voraussichtlich im ersten Halbjahr 2008 der Fall sein wird. Es ist vorgesehen, dass für Erbfälle zwischen dem 1.1.2007 und dem Inkrafttreten des Gesetzes ein Wahlrecht gilt. Für Schenkungen gilt diese Übergangsregelung jedoch nicht. Allerdings kann die getroffene Einigung noch im Laufe des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens geändert werden. Um sicherzugehen, dass der Erblasser oder Schenker von Immobilienvermögen noch die alte Regelung in Anspruch nehmen kann, sollte eine Übertragung noch spätestens bis April vorgenommen werden.