Washington schafft erweitertes CFIUS-Regime
Von Tobias Heinrich und Jakob Staudt*)Der am 13. August 2018 mit Unterzeichnung von US-Präsident Donald Trump verabschiedete Foreign Investment Risk Review Modernization Act (FIRRMA) adressiert eine Reihe von Schwächen der bisherigen Investitionskontrolle durch CFIUS. So fielen bisher eine Vielzahl von Immobilien- und Venture-Capital-Transaktionen sowie Joint Ventures nicht in die Prüfungsverantwortung von CFIUS. Politischer Impetus der Reform ist – ohne dies ausdrücklich anzusprechen – die stärkere Kontrolle von Investitionen aus China. Transaktionen, die einen Transfer von kritischen Technologien, persönlichen Daten oder sensiblen Informationen ermöglichen, gefährden aus US-Sicht prima facie die öffentliche Sicherheit. Flankiert wird dieses Bestreben von einer ebenfalls durch FIRRMA verschärften Exportkontrolle, insbesondere bezüglich kritischer Technologien. Die “covered transactions”Die bisher identifizierten Schwächen des CFIUS-Regimes werden mit FIRRMA in Angriff genommen. So wird der Katalog der unter die CFIUS-Prüfung fallenden “covered transactions” erweitert. Künftig können Investitionen überprüft werden, allein weil sie den Beteiligten Zugriff auf sensible Daten, Wissen oder Technologien ermöglichen. Auch die Erlangung neuer Governance-Rechte im Rahmen einer bestehenden Beteiligung – bei unveränderter Equity-Beteiligung – fällt künftig unter die Prüfungsverantwortung von CFIUS. Daneben werden auch Immobiliengeschäfte (z. B. die Anmietung eines Gebäudes) erfasst, wenn die betreffende Liegenschaft in der Nähe von als sensibel eingestuften Arealen liegt. Auch die angekündigte verstärkte Überwachung nicht angemeldeter Akquisitionen durch CFIUS dürfte die M & A-Transaktionspraxis weiter sensibilisieren.Für Private-Equity-Transaktionen sieht FIRRMA eine Reihe von Privilegierungen vor. Diese greifen jedoch nur, wenn der PE-Fonds ausschließlich von einem unabhängig agierenden US General Partner gelenkt wird, ausländische Investoren den Fonds nicht auf sonstige Weise kontrollieren können und auch keinen Zugriff auf sensible Informationen erhalten. Warten auf DetailsFIRRMA schafft den Rahmen für ein erweitertes CFIUS-Regime, überlässt aber die detaillierte Ausgestaltung dem US-Department of Treasury (DoT), das mit einer umfassenden Richtlinienkompetenz ausgestattet wird. Politisch war die Vorlage einer im Senat konsensfähigen Reform nur nach Ausklammerung einiger umstrittener Bereiche möglich. Daher kann erst nach Erlass der Umsetzungsrichtlinie durch das DoT bis spätestens Anfang 2020 abschließend beurteilt werden, welche konkreten Auswirkungen die Reform auf die Praxis haben wird.Entscheidend dürfte dabei sein, wie weit das Verständnis des Begriffs einer “covered transaction” reicht und in welchen Fällen damit der Anwendungsbereich für die Investitionskontrolle eröffnet ist. Ohne eine Einschränkung durch die noch zu erlassenden Richtlinien würden die FIRRMA-Vorgaben dazu führen, dass mehrere Tausend Transaktionen pro Jahr der Kontrolle durch CFIUS unterliegen. Eine nicht zu vernachlässigende Rolle bei der Umsetzung wird die Ausstattung des Komitees mit Geld-, Sach- und Personalmitteln spielen. Nur bei entsprechenden Ressourcen ist mit einer für die Praxis signifikanten Ausweitung des Anwendungsbereichs zu rechnen.In der Transaktionspraxis kurzfristig bemerkbar machen wird sich die Verlängerung des CFIUS-Prüfverfahrens innerhalb eines “review cycle” von bisher 75 auf nunmehr bis zu 105 Tage. Gleichzeitig wird der Umfang der gegenüber CFIUS einzureichenden Unterlagen erheblich erweitert. Als vermeintlicher “fast track” wurde das sogenannte Declarations-Verfahren eingeführt. Dieses ist darauf ausgelegt, bei weniger komplexen Transaktionen und einem geringeren Umfang an Unterlagen innerhalb von 30 Tagen nach Einreichung eine Freigabe zu erreichen. Allerdings ist die Abgabe einer solchen Declaration unter – noch zu bestimmenden – Voraussetzungen erstmals verpflichtend.Die mittel- bis langfristigen Folgen von FIRRMA hängen maßgeblich von der weiteren Konturierung des Begriffs der “covered transaction” durch das DoT ab. Grundsätzlich bleibt es in Zukunft bei Transaktionen mit chinesischer Beteiligung bei der Einzelfallbetrachtung, die sich maßgeblich an den Sicherheitsinteressen der USA orientieren wird; Regelungskonzepten wie einem Economic-Net-Benefit- oder Reciprocity-Test wurde in dem Gesetzgebungsverfahren eine Absage erteilt. Daher bleibt der Weg für die wohl überwiegende Zahl von Transaktionen chinesischer Investoren in die USA, sei es direkt oder indirekt über einen Drittstaat, offen.Als Ausnahme des bei CFIUS geltenden strengen Vertraulichkeitsgrundsatzes ermöglicht FIRRMA die Weitergabe von Informationen an Behörden von mit den USA verbündeten Staaten. Hierdurch soll eine effektivere Kontrolle und stärkere internationale Abstimmung ermöglicht werden. Es bleibt abzuwarten, inwiefern die Bundesregierung dieses “Angebot” unter Berücksichtigung deutscher Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen annimmt.—-*) Dr. Tobias Heinrich ist Partner, Jakob Staudt Associate in der M & A/Corporate-Praxis von White & Case in Frankfurt.