Wenn aus Schulden Genussscheine werden
Von Winfried Carli und Johannes Frey *)Liquiditätsengpässe und zu hohe Verschuldung belasten viele Unternehmen. Die Umwandlung von Fremdkapital in eine Unternehmensbeteiligung kann die notwendige Restrukturierung wirksam unterstützen. Im angloamerikanischen Rechtsraum sind Debt-to-Equity-Swaps ein übliches Sanierungsinstrument. In der deutschen Praxis kommen sie vergleichsweise selten vor. Wesentliche Hindernisse sind ihre mangelnde Attraktivität für die Altgesellschafter sowie negative steuerliche Folgen. Debt-to-Hybrid-Swaps können diese Hürden reduzieren oder sogar ganz vermeiden. Sie sind deshalb eine mögliche Alternative.Bei beiden Formen der Kreditrestrukturierung beteiligen sich die Gläubiger wirtschaftlich an dem Unternehmen. Das entlastet die Passivseite der Bilanz und reduziert den Schuldendienst. Der entscheidende Unterschied: Bei einem Debt-to-Equity-Swap werden Verbindlichkeiten einer Gesellschaft durch eine Sachkapitalerhöhung in Eigenkapital gewandelt. Bei einem Debt-to-Hybrid-Swap werden Teile des Fremdkapitals in Genussscheine oder stille Beteiligungen umgewandelt. Bisherige Fremdkapitalgeber werden beim Debt-to-Equity-Swap zu Gesellschaftern. Gleichzeitig wird der Anteil der Altgesellschafter verwässert.Beim Debt-to-Hybrid-Swap werden Gläubiger wirtschaftlich am Eigenkapital beteiligt. Die Altgesellschafter müssen jedoch keine Anteile abgeben. Sie sind deshalb eher zu einer solchen Maßnahme bereit als zu einem Debt-to-Equity-Swap. Für die Gläubiger sind beide Formen der Restrukturierung gleichermaßen interessant. Sie können Einfluss auf die Unternehmensführung erlangen und die Altgesellschafter (teilweise) “entmachten”. Durch ihre Beteiligung partizipieren sie an einer künftigen wirtschaftlichen Erholung. Damit können sie etwaige Ausfälle beim Kreditengagement ausgleichen. Bei stark fremdfinanzierten Unternehmen, die über ein im Kern gesundes operatives Geschäft mit stabilem Cash-flow verfügen, bietet sich eine solche Restrukturierung an. Altgesellschafter motivierenIm Vergleich zum Debt-to-Equity-Swap stellt ein Debt-to-Hybrid-Swap einen geringeren Einschnitt in die Gesellschafterrechte dar. Er vermeidet auch die aus einer Gesellschafterstellung erwachsenden Nachteile. Für die Altgesellschafter ist ein Debt-to-Equity-Swap unattraktiv. Dieses Sanierungsinstrument führt zu einer Verwässerung ihrer Beteiligung bis hin zum vollständigen Verlust der Gesellschafterstellung. Ein Debt-to-Equity-Swap ist jedoch nicht ohne die Mitwirkung der Altgesellschafter möglich. Die erforderlichen Kapitalmaßnahmen – Kapitalherabsetzung, Bezugsrechtsausschluss, Sachkapitalerhöhung – können nicht ohne Altgesellschafter vorgenommen werden. Das gesellschaftsrechtliche Mitwirkungserfordernis besteht immer, also unabhängig davon, ob die Anteile werthaltig oder wirtschaftlich wertlos sind. Die Altgesellschafter haben damit erhebliches Blockadepotenzial.Dieses besteht auch in einem Insolvenzverfahren. Nach derzeit geltendem Recht sind die Rechte der Altgesellschafter nicht Gegenstand des Insolvenzverfahrens. Es kann daher auch nicht in diese eingegriffen werden. Eine Änderung ist jedoch in Sicht. Der aktuelle Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung schlägt vor, den Debt-to-Equity-Swap als Sanierungsinstrument ins Insolvenzrecht einzuführen. In einem Planverfahren sollen künftig die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der Altgesellschafter umfassend einbezogen werden können. Somit könnten künftig Debt-to-Equity-Swaps in einem solchen Verfahren auch ohne die Mitwirkung der Altgesellschafter durchgeführt werden.Ein weiterer Nachteil eines Debt-to-Equity-Swap ist das Risiko, dass verbleibende Forderungen der neuen Gesellschafter in der Insolvenz grundsätzlich nachrangig werden. Zwar besteht prinzipiell die Möglichkeit, sich auf ein insolvenzrechtliches Sanierungsprivileg zu berufen. Dessen Reichweite ist jedoch mit rechtlichen Unsicherheiten behaftet. Schließlich kann ein Kontrollerwerb im Rahmen eines Debt-to-Equity-Swap dazu führen, dass ein Gläubiger das Unternehmen in seinem Konzernabschluss zu konsolidieren hat, was in der Regel nicht gewollt ist. Auch diese Hürde entfällt beim Debt-to-Hybrid-Swap. Steuerliche KonsequenzenSteuerrechtlich führt ein Debt-to-Hybrid-Swap dazu, dass grundsätzlich kein steuerpflichtiger Sanierungsgewinn entsteht. Dies resultiert daraus, dass die hybride Beteiligung bei richtiger Ausgestaltung handels- und steuerrechtlich unterschiedlich qualifiziert wird.Anders beim Debt-to-Equity-Swap. Durch die Einbringung der Darlehensforderung erlischt diese vollständig. Sie ist jedoch aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Schuldnerunternehmens nicht mehr voll werthaltig. In Höhe der Differenz des Nennwerts der eingebrachten Forderung und des tatsächlichen Werts entsteht damit ein Ertrag, der Sanierungsgewinn, der grundsätzlich körperschaft- und gewerbesteuerpflichtig ist. Dieses Ergebnis ist unbefriedigend, zumal der entsprechende Ertrag ein reiner Buchgewinn ist, der nicht erwirtschaftet wurde. Gläubiger sind kaum bereit, einen Sanierungsbeitrag zu leisten, wenn ein Teil davon sogleich an den Fiskus fließt. Nach einem Verwaltungserlass hat das zuständige Finanzamt unter bestimmten Voraussetzungen auf die bei der Sanierung anfallende Körperschaftsteuer zu verzichten.Nicht in den Geltungsbereich dieses Erlasses fällt jedoch die auf den Sanierungsgewinn anfallende Gewerbesteuer. Dafür sind nicht die Finanzämter, sondern die Kommunen zuständig. Zwar können auch die Kommunen grundsätzlich auf die Gewerbesteuer verzichten. Wenn allerdings an mehreren Unternehmensstandorten eine Gewerbesteuerpflicht besteht, muss jede einzelne Kommune dafür gewonnen werden, auf die (anteilige) Gewerbesteuer zu verzichten. Gerade bei vielen Betriebsstätten gestalten sich solche Verhandlungen oftmals aufwendig und zeitraubend. Überdies sind viele Kommunen aufgrund ihrer Haushaltssituation nicht bereit, auf Gewerbesteuer zu verzichten. In vielen Fällen führt dies dazu, dass von der Durchführung eines Debt-to-Equity-Swap Abstand genommen wird.Der Debt-to-Hybrid-Swap führt unter bestimmten Voraussetzungen nicht zu negativen steuerlichen Konsequenzen. Das handelsrechtliche Eigenkapital wird steuerrechtlich als Fremdkapital behandelt. Eine derartige Restrukturierung der Verbindlichkeiten stellt also in steuerrechtlicher Hinsicht einen steuerneutralen Passivtausch dar, der zu keinen steuerpflichtigen Erträgen führt. Im Vergleich zum Debt-to-Equity-Swap entfällt damit ein langwieriger Abstimmungsprozess mit den Kommunen. Vorbehalte der GläubigerGrundsätzlich kann ein sorgfältig strukturierter Debt-to-Hybrid-Swap im Vergleich zu einem Debt-to-Equity-Swap nennenswerte Vorteile für alle an der Sanierung Beteiligten bieten. Gleichwohl bestehen bei den Gläubigern oftmals Vorbehalte, bei dieser noch nicht verbreiteten Restrukturierungsmaßnahme mitzuwirken. Sofern jedoch nicht explizit ein Kontrollwechsel angestrebt wird, dürften die Vorteile eines Debt-to-Hybrid-Swap in vielen Fällen überwiegen. Ein Allheilmittel kann der Debt-to-Hybrid-Swap sicherlich nicht sein. Die Erfahrung zeigt, dass jede Restrukturierungssituation ihre Besonderheiten hat. Die Interessen der Gläubiger, des Unternehmens und der Altgesellschafter sind unter Berücksichtigung der finanzierungs-, insolvenz- und steuerrechtlichen Fragestellungen in Einklang zu bringen. Das erfordert maßgeschneiderte Lösungen.—-*) Winfried M. Carli und Dr. Johannes Frey sind Rechtsanwälte und Partner im Münchner Büro von Shearman & Sterling.