Wenn das Geld zum Klagen fehlt
Von Oskar H. MetzgerJuristische Auseinandersetzungen kosten nicht nur Nerven, sondern oft auch einiges an Geld. Ein Prozesskostenfinanzierer kann hier Abhilfe schaffen, denn dieser übernimmt meist sämtliche Gerichts- und Anwaltskosten für Klagen ab einem bestimmten Streitwert.Als Gegenleistung erhält er jedoch eine Beteiligung am Prozesserlös. “Nur wenn eine Klage auch erfolgreich endet, muss der Kläger einen Teil des erstrittenen Geldes abgeben”, sagt Thomas Kohlmeier, Vorstand der D.A.S. Prozessfinanzierung. Verliert der Kläger den Fall, trägt der Prozessfinanzierer sämtliche Kosten. Für den Kläger ist der Prozess also nach einer Finanzierungszusage finanziell risikolos. Bedürftigkeit nicht nötigBei Privatpersonen kommen Klagen typischerweise im Rahmen einer erbrechtlichen Auseinandersetzung oder im Falle eines Behandlungsfehlers durch einen Arzt in Frage. “Die Prozessfinanzierung kann helfen, den zustehenden Anspruch vor Gericht einzuklagen, auch wenn die finanziellen Mittel dafür fehlen”, erläutert Kohlmeier. Anders als bei der staatlichen Prozesskostenhilfe kommt es aber hier nicht auf die Bedürftigkeit des Klägers an. Es kann also jeder durch seinen Anwalt eine Anfrage an den Prozessfinanzierer stellen lassen. Risiko vermeiden”Wir helfen da, wo einem Anspruchsinhaber das Geld fehlt, um die Vorschüsse für Gerichtskosten und den eigenen Anwalt zu zahlen”, bestätigt Annette Rissmann von der Allianz ProzessFinanz. Der Anspruchsinhaber scheut dann oft das nicht unerhebliche Prozesskostenrisiko. Denn auch bei einer aussichtsreich erscheinenden Klage ist ein Prozessgewinn oder auch ein für den Kläger akzeptabler Vergleich nicht programmiert. Auch für UnternehmerJeder Verbraucher und auch Unternehmer, der einen Rechtsstreit zu führen hat, kann sich an die Finanzierer wenden. “Gerne klären wir vorab telefonisch, ob sich die Sache für eine Finanzierung eignet”, sagt Bettina Becker vom Prozesskostenfinanzierer Foris.Da das Unternehmen aber keinerlei Rechtsberatung betreiben darf, ist es in jedem Fall erforderlich, dass der Anspruchsinhaber bereits anwaltlich betreut worden ist. Die Roland ProzessFinanz übernimmt nach den Worten von Marcus Acker Prozesse ab 50 000 Euro Streitwert. Zwar haben Klagen von Verbrauchern vielfach niedrigere Streitwerte und eignen sich deshalb nicht für eine Prozessfinanzierung. Aber besonders in den Bereichen Kapitalanlage, Versicherungsrecht und privates Baurecht wird der Mindeststreitwert oft erreicht.Im Idealfall macht der Anwalt seinen Mandanten auf die Möglichkeit einer Prozessfinanzierung aufmerksam. Der Rechtsvertreter nimmt dann in der Regel auch direkt Kontakt auf und stellt die Unterlagen für eine Überprüfung zur Verfügung. Viele Anspruchsinhaber wenden sich aber auch selbst an das Unternehmen. Oft wird der Kontakt auch über Versicherungsmakler vermittelt. Diese weisen ihre Kunden, insbesondere wenn der Fall nicht über eine Rechtsschutzversicherung abgedeckt ist, auf die Möglichkeit einer Prozessfinanzierung hin, wie Acker sagt. Bei Erbstreitigkeiten gefragt”Gerade bei Erbauseinandersetzungen ist die Prozessfinanzierung eine ideale Rechtsdienstleistung”, berichtet Kohlmeier von der D.A.S. Prozess finanzierung. Hier wird die Streitwertsumme in Höhe von 50 000 Euro leicht überschritten, wenn sich Erben streiten. Dazu ein Beispiel: Klägerin K. ist die einzige Tochter und Alleinerbin ihres Vaters S.; dieser hatte seinen einzigen Vermögenswert, ein Haus mit Grundstück im Wert von rund 500 000 Euro, seiner Lebensgefährtin geschenkt. Ihr Anwalt wies K. aber darauf hin, dass ihr gegen die Lebensgefährtin ein sogenannter Pflichtteilsergänzungsanspruch zustehe. Durch Einschaltung eines Prozessfinanzierers kam es zu einem Vergleich, in dem sich die Lebensgefährtin zur Zahlung von 155 000 Euro an die Klägerin verpflichtete.Aber auch beim Thema Arzthaftung kann sich ein Prozesskostenfinanzierer lohnen. Frau A. meldete sich zur Geburt im Krankenhaus an. Durch Arztfehler entstanden bei dem Säugling schwerste Gehirnschädigungen, die sich schließlich in einer massiven Behinderung des Kindes niedergeschlagen haben.Die Beratung mit dem Anwalt ergab, dass die Klage auf Schmerzensgeld in einem Streitwertbereich in Höhe von 355 000 Euro liegen würde. Dafür ergab sich ein Kostenrisiko von mehr als 45 000 Euro für die Klägerin. Durch Einschaltung des Prozessfinanzierers und nach einer Verfahrensdauer von vier Jahren konnte ein rechtskräftiger Vergleich geschlossen werden, der für das geschädigte Kind ein Schmerzensgeld in Höhe von 350 000 Euro vorsah. Von einer Prozessfinanzierung profitieren jedoch nicht nur Verbraucher, sondern auch Unternehmen, berichtet Kohlmeier. Das gilt insbesondere für Fälle aus dem Insolvenzrecht, dem Architektenhonorarrecht oder dem Handelsvertreterrecht. Doch so hilfreich die Prozesskostenfinanzierer sein können, sie kosten auch einiges an Geld. Wie Frau Rissmann von der Allianz ProzessFinanz sagt, beträgt die Erfolgsbeteiligung des Prozessfinanzierers standardmäßig 20 % aus vorgerichtlichen beziehungsweise im Wege einer Mediation erzielten Erträgen, 30 % aus Beträgen bis zu 500 000 Euro bei Urteil oder gerichtlichem Vergleich und 20 % aus einem Betrag, der 500 000 Euro übersteigt.