Finanzen persönlich

Wenn Papa beim Kind bleibt

Immer mehr Väter machen vom Elterngeld Gebrauch - Meist aber nur für die Mindestzeit von zwei Monaten - Wenig Unterstützung aus den Chefetagen

Wenn Papa beim Kind bleibt

Von Sandra Middendorf “Dieses Mal wollte ich intensiver miterleben, wie mein Sohn heranwächst”, sagt Achim Fegert, der seit September dieses Jahres nach 13 Monaten Elternzeit wieder seinen Job bei BASF aufgenommen hat. Er sei schließlich schon 46, der mittlerweile dreijährige Sohn sein viertes Kind und damit wahrscheinlich die letzte Chance, so etwas noch einmal mitzuerleben. Seit 20 Jahren arbeitet der Diplomingenieur beim Mannheimer Chemiekonzern. Der Wiedereinstieg sei problemlos verlaufen, sagt er, er habe die gleiche Aufgabe und die gleiche Position wie vor der Pause. Seine Vorgesetzten hätten ihn unterstützt. Und da seine Frau ebenfalls arbeite, sei der Verzicht aufs Gehalt machbar gewesen, sagt Fegert. Aber natürlich wäre ihm die Entscheidung leichter gefallen, wenn er Elterngeld bekommen hätte. Das aber können Eltern erst seit Anfang 2007 beantragen, sollte ihr Kind nach dem 1. Januar zur Welt gekommen sein. 67 % ihres Einkommens beziehen sie in der Zeit, die sie zu Hause bei ihrem Kind bleiben. Zwölf Monate lang, wenn ein Elternteil das Kind hütet, 14 Monate, wenn sich Vater und Mutter die Betreuung teilen – allerdings nur, wenn der zweite Partner mindestens zwei Monate zu Hause bleibt. Ansonsten dürfen sich beide die Monate frei aufteilen (Details siehe Kasten). Fegert – sein Sohn war bereits zwei Jahre alt, als er sich für die Elternzeit entschied – fiel noch nicht unter die neue Regelung. Bei ihm griff das alte Elternzeitgesetz, nach dem während der ersten drei Lebensjahre dem beim Kind bleibenden Elternteil zwar der Arbeitsplatz erhalten bleibt, das Gehalt aber nicht weiter gezahlt wird.Mit dem neuen Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) will Familienministerin Ursula von der Leyen erreichen, Kind und Beruf besser miteinander zu vereinbaren, vor allem aber, den Vätern die Entscheidung zu erleichtern, ebenfalls zu Hause zu bleiben. Besonders für die besser Verdienenden ist das Elterngeld ein Vorteil. Denn je höher das Gehalt ausfällt, desto größer waren die Einbußen vorher durch die unbezahlte Zeit zu Hause und desto besser lässt sich von den 67 % leben.Und der Anreiz funktioniert. Die Anzahl der Väter, die sich für ihr Kind eine Job-Auszeit nehmen, ist seit Anfang 2007 stetig gestiegen, von 3,5 % im Jahr vor der Einführung des Elterngelds auf 18,5 % im ersten Quartal 2008. Allerdings gingen die meisten Väter bisher nur für zwei Monate aus dem Job, sagt Ingrid Hofmann, Mitglied des Präsidiums der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Für mehrere Monate sind noch immer die wenigsten bereit. Auch Alexandra Wachendorfer vom Netzwerk Erfolg Familie, eine Initiative von Bundesfamilienministerium und IHK, hat diese Beobachtung gemacht: “Viele Väter bleiben für den Pflichtanteil beim Kind oder arbeiten drei oder vier Monate lang in Teilzeit.” So auch bei den Banken, die nach Einschätzung von Carsten Rogge-Strang, Sprecher beim Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes, eher zu den Vorreitern gehörten, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. “In Banken geht es um echtes Brain”, sagt er, deswegen müssten dort die Mitarbeiter mehr als in anderen Branchen gehalten werden.Die meisten großen Banken böten bereits gute Bedingungen für eine “Work-Live-Balance”. Unter ihnen auch die Commerzbank und die Deutsche Bank. In beiden Instituten ist der Anteil der in Elternzeit befindlichen Väter in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Anstieg auf niedrigem NiveauBei der Commerzbank waren vor Einführung des Elterngeldes unter 3 % der Mitarbeiter männlich, die sich für die Elternzeit entschieden. Im vergangenen Jahr waren es bereits 9 %. Ähnlich sieht es bei der Deutschen Bank aus: 2006 waren es 27 Männer, 2007 schon 42 und 2008 bis Ende September zählte die Bank bereits 95 Väter, die für ihr Kind eine Auszeit nahmen. Gemessen an den fast 28 000 Menschen, die per Ende 2007 in Deutschland für das Institut arbeiteten, ist das jedoch nur ein Bruchteil.Das Elterngeld sei ein Anreiz für Väter, eine Zeit beim Kind zu bleiben, sagt Barbara David, Leiterin des Bereichs Diversity im Personalbereich der Commerzbank. Meistens beschränke sich das jedoch auf wenige Monate. “Die Männer verdienen letztlich nach wie vor mehr als die Frauen”, sagt Rogge-Strang, und hätten dann trotz des Elterngelds Einbußen. Es sei aber auch gesellschaftlich noch nicht voll akzeptiert, wenn Väter zu Hause blieben.Neben der bestehenden Rollenverteilung in der Familie dürfte das allerdings auch an der noch weit verbreiteten Einstellung in den Chefetagen liegen. Auch wenn in einer Umfrage, die das Institut für Demoskopie Allensbach für das Bundesfamilienministerium 2006 durchgeführt hat, 61 % der Geschäftsführer und Personalverantwortlichen angaben, das Elterngeld sei eine gute Regelung, unterstützen die wenigsten den Wunsch der Väter aktiv.”Da gib es noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten”, sagt Wachenhofer, die mit ihrem Netzwerk vor allem kleine und mittelständische Unternehmen berät. Die wüssten häufig nicht, wie sie die Zeit, während der die Angestellten zu Hause bleiben, überbrücken sollen, sagt sie. Von Unternehmen, die es versucht haben, habe sie aber bisher nur positive Rückmeldungen erhalten. Denn meisten sei es nicht schwer gefallen, die ausfallende Arbeitskraft zu ersetzen. Außerdem konnten sie dadurch ihre Mitarbeiter auf Dauer binden.Der Mangel an Fachkräften, der demografische Wandel und die Familie, die bei immer mehr Vätern in den Fokus rückt, machen Vereinbarkeit von Familie und Beruf mehr und mehr zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Der Familienmonitor 2008, eine Umfrage zum Familienleben, die Allensbach jährlich für das Familienministerium durchführt, hat ergeben, dass Väter sich heute mehr um die Betreuung ihrer Kinder kümmern als noch vor fünf Jahren. 65 % der Befragten gaben an, diesen Eindruck aus Beobachtungen ihres Umfeldes gewonnen zu haben. Neben der Finanzierbarkeit für die Eltern verstärkt das Elterngeld zwar auch den politischen Druck auf die Unternehmen und schafft den Vätern eine Lobby. Für eine echte Vereinbarkeit von Familie und Beruf reicht es aber nicht. “Um den Eltern nach der Elternzeit zu ermöglichen, zurück in den Beruf zu kommen, brauchen sie vor allem flexible Arbeitsplätze und mehr Betreuungsangebote für ihre Kinder”, sagt Wachendorfer. Das eine müssten die Unternehmen ermöglichen, das andere der Staat, sagt sie. Nur so können auch die Unternehmen vom Elterngeld profitieren, denn erst dann ist garantiert, dass ihre Mitarbeiter zurück an den Arbeitsplatz kehren. Auch bei den Banken ist man dieser Meinung. Das Elterngeld sei nur ein Baustein von vielen, sagt David von der Commerzbank, unternehmenseigene Kitaplätze, flexible Arbeitszeitmodelle und Teilzeitarbeit müssten dafür sorgen, dass die Eltern – egal ob männlich oder weiblich – nach der Auszeit weiterarbeiten könnten. Ein SoftskillEine klare Aufforderung erhalten die Chefs und Personalverantwortlichen von ihrem eigenen Sprachrohr, dem BDA. “Wir wissen alle, dass unsere Gesellschaft zu wenig Kinder hat und es sollte im Interesse aller Unternehmen liegen, dass sich das ändert”, sagt Hofmann. Anders formuliert es Maria Kathmann vom Deutschen Gewerkschaftsbund: “Es muss sich noch viel ändern in den Unternehmen”, sagt sie. Am Ziel seien sie erst, wenn das Engagement, das man für die Familie gezeigt hat, sogar Karriere fördernd sei. “Ein Softskill sozusagen.”