"Wir brauchen intelligente Lösungen"
Die institutionellen Investoren stecken in einem Dilemma. Auf welchem Wege lässt sich bei den derzeit niedrigen Zinsen und starken Turbulenzen an den Aktienmärkten überhaupt noch die Mindestrendite erwirtschaften? Es sei an der Zeit, dass Asset Manager dazu intelligente Lösungskonzepte entwickelten, erläutert Andreas Sauer, CEO des Quant-Spezialisten Quoniam, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.Von Julia Roebke, FrankfurtWohin mit dem Geld, damit eine Rendite abfällt, die es den institutionellen Investoren hierzulande weiterhin ermöglicht, ihren langfristigen Verbindlichkeiten nachzukommen? Diese Frage treibe die Kunden der auf quantitatives Asset Management ausgerichteten Boutique Quoniam derzeit wohl am meisten um, berichtet CEO Andreas Sauer.Traditionell haben deutsche Institutionelle im weltweiten Vergleich eine sehr geringe Aktienquote von unter 5 %. “Das sorgt im Ausland oft für Unverständnis, doch im Grunde haben die Gesellschaften mit dieser Strategie nichts falsch gemacht”, urteilt Sauer. Die vergangenen zehn oder auch zwanzig Jahre habe man mit einer Buy-and-hold-Strategie im Aktienbereich weniger verdienen können als mit Renten-Investitionen. ” Jetzt stecken die Institutionellen aber in dem Dilemma, dass die Zinsen so extrem niedrig sind, dass Renten kaum noch Renditen abwerfen.” Zudem seien diejenigen, die sich in Aktien getraut hätten, durch die Krise zermürbt, berichtet der CEO der Gesellschaft, die sich zu 75 % im Besitz der genossenschaftlichen Union Investment befindet und zu 25 % dem Management gehört.”Weder der Franken noch das Gold oder die Renten von Schwellenländern werden das Anlageproblem großer institutioneller Anleger lösen”, ist Sauer überzeugt, der zusammen mit Kollegen den Quant-Manager 1999 gründete. Heute verwaltet Quoniam für 130 Kunden insgesamt 14 Mrd. Euro, wobei der Fokus mit 10 Mrd. Euro auf Renten liegt. Auf Aktien nicht verzichtenVertreter großer Vermögen würden auch künftig nicht um die Assetklassen Aktien, Unternehmensanleihen, aber auch Bonds der entwickelten Länder herumkommen. “Allerdings glaube ich nicht, dass die Buy-and-hold-Rentenstrategie oder das klassische Aktienportfolio künftig noch die richtige Wahl ist. Wir brauchen intelligente Lösungen, die Antworten auf die Dilemma-Situation der Institutionellen liefern”, erläutert Sauer. Hier sei die Asset-Management-Industrie mit neuen Konzepten gefragt.Als Beispiel für intelligente Lösungen nennt Sauer denn auch gleich ein Angebot aus seinem Hause. Basierend auf empirischen Untersuchungen hat Quoniam ein Konzept entwickelt, ein Europa-Aktienportfolio zusammenzustellen, das eine geringere Volatilität, aber trotzdem eine höhere Rendite liefern soll als der traditionelle marktwertgewichtete Index. Hintergrund ist die Erkenntnis der “Minimum-Varianz- Anomalie”. Diese im Jahr 1969 entdeckte Marktanomalie besagt, dass Aktieninvestoren für zusätzliche Risiken nicht angemessen entlohnt werden. Empirisch habe sich sogar gezeigt, dass die langfristigen Erträge risikoarmer Aktien höher sind als die von riskanten Titeln. Dies widerspricht der gängigen Finanzmarkttheorie, wonach Anleger ein höheres Risiko akzeptieren müssen, um eine höhere Rendite zu erzielen.Bei Quoniam läuft ein solches Portfolio mit Kundengeldern für europäische Aktien bereits seit dem Jahr 2003. Seit Auflegung konnte damit über alle Mandate hinweg eine Überrendite gegenüber dem Index von 4,7 % pro Jahr erzielt werden, bei mehr als 30 % geringerer Volatilität. “Das ist ein Thema, das bei Institutionellen derzeit Gehör findet, weil es ein Problem löst. Die Gesellschaften können ihr Aktienexposure mit weniger Risiko aufbauen”, so Sauer. Hinzu komme, dass diese Portfolios typischerweise eine relativ hohe Dividendenrendite abwürfen, denn nach Branchenstrukturen untersucht fänden sich in den Minimum-Varianz-Portfolios Werte von Versorgern, aus der Konsumgüterindustrie, aus dem Gesundheitswesen und der Telekommunikationsbranche. Verkraftbare SzenarienIn der großen Abschwungphase 2008 habe der Markt um 43 % nachgegeben und das nach diesem Prinzip konstruierte Portfolio 33 % an Wert verloren, berichtet Sauer. Im darauffolgenden Aufschwung legte der Markt um 30 % zu, das Portfolio allerdings nur um 18 %. “Das ist aber eine gute Botschaft”, ist der CEO überzeugt. Investoren könnten letzteres Szenario relativ gut verkraften. Zudem seien sie erfreut, wenn sie Abschwungphasen nicht voll mitmachten. “Entscheidend ist das geringere Risiko. Das ist es, was die Anleger brauchen.”Inzwischen verwaltet die Quoniam in dem Minimum-Varianz-Portfolio auf Europaaktien knapp 1,5 Mrd. Euro, seit Frühjahr 2010 wird die Strategie auch für globale Aktienportfolios sowie für Aktien aus den Emerging Markets angeboten. “Jeder weiß, risikolos erhalten Anleger derzeit 1,8 % auf zehn Jahre. Wenn mir das nicht reicht, muss ich ein Risiko nehmen”, so Sauer. Die einzige Möglichkeit sieht er demzufolge darin, sich an der Entwicklung der Weltwirtschaft zu beteiligen. “Entweder in Form von Eigenkapital, sprich Aktien, oder in Form von Unternehmensanleihen.”Auch wenn Sauer den Anlegern an den Kapitalmärkten weitere zehn schwierige Jahre prophezeit, sieht er seine Gesellschaft auf einem guten Kurs. Das Ende der neunziger Jahre als Joint Venture der DG Bank und der US-Gesellschaft Panagora gegründete Unternehmen hat sich zum Spezialisten für quantitatives Asset Management hierzulande hochgearbeitet. Lag der Fokus bis zum Markteinbruch 2007 noch bei Aktien, hat sich dies seitdem gewandelt. “Das Wachstum seit der Finanzmarktkrise kommt mehrheitlich aus dem Rentenbereich, wir haben sehr starke Unternehmensanleihe-Portfolios gewonnen”, berichtet der CEO.Künftiges Wachstum sieht Sauer für Quoniam verstärkt im Ausland, wo man in den vergangenen Jahren bereits selektiv tätig gewesen ist. “Wir haben den Anspruch, eine global tätige Investment-Boutique zu werden.” Bisher kommen rund 20 % der Assets aus anderen Teilen der Welt, der Anspruch ist, dass künftig bis zur Hälfte des Wachstums aus dem Ausland kommt. In Deutschland sei man bei nahezu allen großen institutionellen Investoren vertreten, wobei nur rund 20 % der Assets aus dem genossenschaftlichen Bereich stammen, berichtet der CEO.