"Wir wollen mit den meisten Fonds unter die ersten zehn"
Im Jahr seines 50-jährigen Jubiläums kämpft das drittgrößte deutsche Fondshaus Deka Investment mit schwachem Neugeschäft und enttäuschender Performance. Aufsichtsratschef Oliver Behrens äußert sich zu seinen Restrukturierungsplänen und wiederspricht Gerüchten, nach denen es an der Führungsspitze kriselt. – Herr Behrens, wie ist nach Ihrem Eindruck die Stimmung der Sparkassen der Deka gegenüber?In den Filialen meines früheren Arbeitgebers Deutsche Bank hieß es immer nur “die DWS”. Wenn man dagegen mit den Sparkassen spricht, heißt es “unsere Deka”. Das Gefühl der Familienzugehörigkeit ist also vorhanden. Aber man schaut mit einem wachen Auge darauf, was wir tun und ob wir auf dem Pfad der Besserung sind. Das sind wir ganz klar. – Gilt das auch für die Fondsperformance? Die schwierige Periode war zwischen 2001 und 2004. Damals glaubte man, ein quantitatives Modell sei das allein selig machende. Das funktioniert aber auch nur in bestimmten Marktphasen. Gleichzeitig war dabei unklar, wer die Verantwortung für welches Produkt trägt. Seitdem Herr Neiße als Chef der Deka Investment Personen und Kleingruppen wieder Verantwortung für die Fonds übertragen hat, geht es mit der Performance bergauf. Natürlich gibt es Schwankungen. Doch im Zeitraum Januar bis Juli haben wir ungefähr dasselbe Ergebnis relativ zur Gesamtbranche wie 2005. – Das ist nur Durchschnitt, kann also nicht Ihr Ziel sein.Wir wollen mit dem überwiegenden Teil unserer Produktpalette unter die ersten zehn. Im Moment stehen wir wesentlich weiter hinten. Wir haben aber auch Produkte mit exzellenter Performance, beispielsweise im Bereich Konvergenzaktien. Interessanterweise gilt das auch für internationale Aktien. Der “Deka Spezial”, der über lange Jahre sehr schlecht war, ist seit Anfang 2005 wesentlich besser als Konkurrenzprodukte. – Wo ist der Nachholbedarf am größten? Bei den Europa-Investments gibt es sicherlich Themen, an denen wir arbeiten müssen. Auch bei Sektorfonds ist der Prozess noch nicht komplett abgeschlossen. – Ist das ein Problem der Fondsmanager oder eher der Strukturen?Wir brauchen eine Entscheidungsstruktur, die schnell auf Marktentwicklungen reagieren kann. Früher gab es große Runden, die sich irgendwie geeinigt haben. Meist ging die Entscheidung an den Stärksten. Das müssen nicht die besten Entscheidungen sein. Also sind wir dabei, das, was Herr Neiße angefangen hat, ein wenig mehr zu fokussieren, das heißt, klare Verantwortungsstrukturen noch weiter festzuzurren. Es gab zum Beispiel eine strikte Trennung von Research und Portfoliomanagement. Im Endeffekt wird da Verantwortung hin und her geschoben. – Ist das nicht längst abgeschafft? Ja, aber das funktioniert ja nicht wie ein Lichtschalter. Das ist ein kontinuierlicher Prozess, der noch nicht in allen Teilbereichen vollständig umgesetzt ist. In der Zeit des rein quantitativen Ansatzes wurden etwa aus Portfoliomanagern bei Spezialfonds Vertriebsleute gemacht. Wenn jemand drei Jahre lang kein Portfoliomanagement gemacht hat, dann ist nicht gewährleistet, dass er das über Nacht wieder kann. Es geht also auch um Personalthemen, auch um Neueinstellungen – das ist ein Prozess, der länger dauert. – Was wollen Sie noch verändern?Wir haben unsere Produktpalette historisch stark verkürzt und sehr viele Fonds an Kooperationspartner ausgelagert. Hier werden wir Assetklasse für Assetklasse überprüfen, ob wir diese Einzelthemen selbst abdecken wollen und können. – Fonds welcher Partner stehen auf dem Prüfstand? Es geht um Produkte im Einzelfall. Wenn Partnerprodukte dauerhaft nicht die Performance bringen, die man sich versprochen hat, dann ist es legitim, sie zu überprüfen. Zweimal im Jahr führen wir einen regulären Review-Prozess bei den gut 16 Kooperationsfonds durch. Beispielsweise haben wir Emerging-Markets-Asien bisher komplett ausgelagert. Dort sehen wir Ergänzungsbedarf im eigenen Haus. Diese Assetklassen werden weiter stark wachsen, und sie haben interessante Margen. – Wie hoch ist der Anteil der Fremdfonds im Sparkassensektor?Der Anteil der Deka-Fonds am Fondsvertrieb der Sparkassen beträgt 72 %. Dies sind 8 Prozentpunkte mehr als im vergangenen Jahr. Weitere 12 % entfallen auf über die Deka vertriebene Kooperationspartnerfonds. – Das scheint erstaunlich hoch angesichts der Performanceschwächen. Wichtig ist den Sparkassen, dass ein Fondsmanager überzeugend rüberbringen kann, dass er für das Produkt steht und langfristig in der Lage ist, die Aktien zu finden, die sich besser entwickeln als sein Vergleichsindex. – Fremdfondsanbieter wie Fidelity betonen immer wieder, dass sie für sich großes Potenzial im Sparkassenvertrieb sehen.Man muss sich aber vor Augen führen, was die Kommunikationsprobleme einer Verbundorganisation, deren Mechanik auch ich noch nicht genau kenne, für einen ausländischen Anbieter bedeuten. Es gibt 463 Sparkassen mit 17 000 Zweigstellen. Sie haben unheimlich viel Arbeit vor Ort, anders als bei einer Geschäftsbank, bei der Sie mit der Hauptstelle sprechen und damit das ganze Zweigstellennetz erreichen. Deswegen nutzt ein Großteil der ausländischen Anbieter den Open-Architecture-Ansatz über die DekaBank. In unseren erfolgreichen Vermögensverwaltungsprodukten befindet sich ein Großteil unserer Kooperationspartnerfonds. – Wie ist die Gewinnsituation der Deka? Angeblich liegen Sie im ersten Halbjahr um 30 % unter Plan. Zu Details möchte ich mich nicht äußern. Wir werden unser Halbjahresergebnis am kommenden Donnerstag veröffentlichen. – Wo sehen Sie im Asset Management Einsparpotenzial?Ich sehe im Moment keines. Ich glaube, in Talente im Fondsmanagement müssen wir weiter investieren. Wir sind ja dabei, bestimmte Produktgruppen auszuweiten, beispielsweise Mezzanine- und CBO-Equity-Fonds oder Dachfonds. – Das Aktienumfeld ist momentan nicht mehr so freundlich. Wie reagieren Sie darauf? Wir haben das Problem, dass viele Anleger noch immer prozyklisch investieren. Deswegen sehen wir großes Potenzial bei kapitalgarantierten Fonds als Zwischenlösung auf dem Weg zur Aktienanlage. Ausbauen werden wir auch das Thema Zertifikate in Fonds. Geplant ist beispielsweise ein langlaufendes Produkt mit Discountstrategien. Ein wichtiges Thema sind auch Geldmarktfonds. Wir haben zwei Produkte neu aufgelegt. Sie verwalten bisher über 500 Mill. Euro, davon 370 Mill. Euro für institutionelle Kunden. Im Privatkundenbereich können sie den Sparkassen helfen, die Attacken der Direktbanken auf das Sparbuch abzuwehren. – Was vermissen Sie von Ihrem alten Arbeitgeber Deutsche Bank? Eigentlich nichts. Hier im Sparkassenverbund und bei der Deka gibt es noch wesentlich mehr Menschlichkeit. Es ist ein friedfertigerer Umgang miteinander. Teilweise dauern die Diskussionen hier ein bisschen länger. Dies hat auch Vorteile, weil eine schnelle Entscheidung nicht immer die beste ist. – Ist dies ein Umfeld, in dem es leicht fällt, Strukturen aufzubrechen und Probleme abzustellen?Im Jahr 2000 war die Deka im institutionellen Geschäft und beim Volumen im Retailgeschäft Marktführer in Deutschland, Kopf an Kopf mit der DWS. Deswegen gab es dort damals schon eine gewisse Sorge über das Potenzial der Deka. Wenn man mit Sparkassenvorständen spricht, haben die immer noch ein Leuchten in den Augen, wenn sie sich an diese Zeit erinnern. Man sollte nicht überheblich sein, aber wenn wir eine solide handwerkliche Arbeit hinlegen, dann haben wir ein nicht unerhebliches Wachstumspotenzial. – Das klingt sehr optimistisch.Man muss einfach mal den Leuten, die hier Leistung bringen, zuhören. Es gibt eine Menge Mitarbeiter, die in den vergangenen Jahren nicht so konnten, wie sie gerne wollten. Wir versuchen nun, das Unternehmertum in kleinen Einheiten zu stimulieren und die Verbindung zwischen Fondsmanagement und Vertrieb zu intensivieren, die teilweise wirklich nicht perfekt war. Diese Veränderungen werden von einem großen Teil der Belegschaft mit Freude begrüßt. – In jüngster Zeit hieß es, dass es im Verhältnis zwischen Ihnen als Aufsichtsratsvorsitzendem und Herrn Neiße als Chef von Deka Investment knirscht. Wie ist Ihr Verhältnis? Ich verstehe nicht, dass irgendwelche Leute immer meinen, sie müssten uns etwas andichten. Wir haben ein sehr gutes freundschaftliches Verhältnis, und das macht Spaß. – Keine inhaltlichen Differenzen? Es ist doch selbstverständlich, dass es Diskussionen gibt, denn wir haben alle ein gemeinsames Ziel: die Performance zu verbessern. Als Herr Neiße Anfang 2005 angetreten ist, hatte er für sein Konzept wenig Unterstützung im Vorstand. Heute hat er meine volle Rückendeckung für die Richtung, in die er geht. Ich glaube, er empfindet das eher als sehr positiv. Das Interview führten Stefanie Schulte und Christina Rathmann.