Wirtschaftskanzleien gut gerüstet für möglichen Abschwung
wb Frankfurt – Die deutschen Wirtschaftskanzleien haben ein exzellentes Jahr absolviert. Für das laufende Jahr deuten sich neue Rekordumsätze der Kanzleien an. Um 12,4 % stieg der Umsatz der 50 führenden Sozietäten im Turnus 2006/07. Das berichtet der Branchendienst Juve Rechtsmarkt in seiner aktuellen Ausgabe. Das anhaltende Wirtschaftswachstum, begleitet von zahllosen Übernahmen, Börsengängen und Umstrukturierungen, habe den Top-Anwälten nahezu aller Spezialisierungen die Kassen gefüllt. Von der schlagartigen Beruhigung angesichts der Probleme am Immobilienmarkt, die die Reit-Euphorie dämpfen und Weiterverkäufe unter Druck bringen, von den Subprime-Auswirkungen auf das Geschäft mit Private Equity und damit auch Mergers & Acquisitions (M & A) insgesamt, was auf die Gewinnrechnungen der Banken drückt und das Fenster für Börsengänge nahezu geschlossen hat, ist bisher noch keine Rede.Laut Juve haben die 50 führenden Wirtschaftskanzleien hierzulande zuletzt 3,17 Mrd. Euro umgesetzt. Die diesjährige Recherche zeige “eine Branche in Bestform”, resümiert Juve: Kaum eine der Kanzleien habe Einbußen hinnehmen müssen. Branchenbeobachter sind noch immer weitgehend auf Schätzungen angewiesen, da nur wenige Adressen – mit Clifford Chance an der Spitze – über Abschneiden in Deutschland berichten. Der Markt wird laut Juve immer stärker von einer kleinen Zahl erfolgreicher Kanzleien bestimmt. Die zehn führenden Sozietäten erwirtschafteten demnach mit 1,69 Mrd. Euro mehr als die Hälfte des Umsatzes der Top 50. An der Spitze finden sich wie schon in den Vorjahren Freshfields Bruckhaus Deringer (+ 14,9 %), Clifford Chance (+ 18,6 %) und Hengeler Mueller (+ 17,2 %). Profitiert haben die Kanzleien von den Rahmenbedingungen. Es gab jede Menge Transaktionen – jedenfalls bis Mitte Juli -, vor allem ausländische Investoren zeigten ein anhaltend starkes Interesse an deutschen Unternehmen. Internationale dominierenDies kam in erster Linie M & A- und Private-Equity-Anwälten zugute, aber auch Kartellrechtlern, Finanzrechts-Experten oder Immobilienrechtlern. Entsprechend wuchsen laut Juve die sehr breit aufgestellten Fullservice-Kanzleien ebenso wie die stark auf Transaktionen zugeschnittenen Spezialkanzleien. Zwar finden sich unter den 40 umsatzstärksten Kanzleien ebenso viele deutsche wie internationale Sozietäten. Allerdings haben es nur drei nicht international fusionierte Kanzleien in die Top 10 geschafft: Hengeler Mueller, CMS Hasche Sigle und Gleiss Lutz. Auch wenn man die Produktivität, gemessen am Umsatz pro anwaltlichen Mitarbeiter, betrachtet, dominieren internationale Kanzleien. Hier führt Shearman & Sterling die Rangliste an. Im Schnitt konnten internationale Kanzleien ihre Produktivität um 11,3 % steigern, die deutschen lediglich um 0,8 %. Dies sei allem Anschein nach dem Umstand geschuldet, dass der Anteil grenzüberschreitender Transaktionen immer größer wird.Allerdings sind es nicht nur die günstigen Marktbedingungen, die zum Erfolg der Kanzleien beigetragen haben. Gleichzeitig haben sich etliche Sozietäten in den vergangenen Jahren strategisch neu aufgestellt – und dafür zum Teil viel Kritik kassiert. Erwähnt wird Freshfields Bruckhaus Deringer. Binnen drei Jahren senkte die personal- und umsatzstärkste Kanzlei der Republik die Zahl der am Gewinn beteiligten Equity-Partner um 15 %, wobei sowohl Partner die Kanzlei verließen als auch intern in den Status des sogenannten “Fixed-Share-Partner” wechselten, was einem angestellten Partner entspricht. Ziel dieser und weiterer Einschnitte war es, die Kanzlei auf profitable Geschäftsfelder und hochkarätige Mandate auszurichten. Das Ergebnis: Der Umsatz stieg um 14,9 %, der Erlös pro Berufsträger um 12,4 % – ” und das bei hohen Ausgangswerten”, wie Juve resümiert. Inwieweit allerdings solche und andere Umstrukturierungen dauerhaft Erfolg zeigten, werde sich erst im nächsten Abschwung zeigen.