RECHT UND KAPITALMARKT

WSF-Hilfsprogramm erweitert um Garantien für Mittelstandsanleihen

Ausweg für von Corona gebeutelte kleinere Firmen - Hausbank entbehrlich

WSF-Hilfsprogramm erweitert um Garantien für Mittelstandsanleihen

Von Ingo Wegerich und Hans-Jürgen Friedrich *)Mit Mitteilung vom 21.10.2020 hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) bekannt gegeben, dass der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) nun auch Garantien für Anleihen anbietet, um den Bedarf der kapitalmarktorientierten Wirtschaft noch besser zu decken. Ziel sei es, Liquiditätsengpässe von Unternehmen zu beheben und ihre Finanzierung am Kapitalmarkt zu unterstützen. Dies ist auch ein großer Erfolg für den KMU-Interessenverband, der sich für Garantien des WSF für Mittelstandsanleihen starkgemacht hatte und hierzu mit dem Ministerium in den Dialog getreten war.Die neue Hilfsmaßnahme unterscheidet sich wesentlich von den bisher vorgesehenen Hilfen. Diese setzen einen Kredit einer Hausbank voraus. Die Mittelständler sind damit vom Prüfungsprozess und dem positiven Votum der Hausbank abhängig. Bei den Bürgschaften des WSF für Kredite müssen die Banken für 10 % des Ausfallrisikos selbst haften, der WSF übernimmt 90 %. Dieses Ausfallrisiko und der verbundene Dokumentationsaufwand führen unter Umständen dazu, dass von der Coronakrise stark betroffene Unternehmen keinen Kredit erhalten oder die Prüfung zu lange dauert.Bei Garantien des WSF für Anleihen wird eine Hausbank nicht mehr zwingend benötigt, an deren Stelle tritt der Kapitalmarkt. Das hat zur Folge, dass nicht mehr eine Adresse das Kapital zur Verfügung stellt, sondern mehrere institutionelle Investoren. Die Diversifikation des 10-prozentigen Ausfallrisikos auf mehrere Adressen sowie die Bewertung auf der Grundlage der Fortführungsprognose erleichtern den Emittenten die Einwerbung der Finanzierungsmittel.Nach Informationen des KMU-Interessenverbandes ziehen viele Mittelständler die neue Hilfsmaßnahme in Erwägung, darunter auch viele, die bisher keine Erfahrung mit dem Kapitalmarkt hatten.Unternehmen, die die Hilfsmaßnahme in Anspruch nehmen wollen, müssen in den vergangenen beiden bereits abgeschlossenen Geschäftsjahren vor dem 1. Januar 2020 gewisse Größenkriterien erfüllen (zwei von drei: Bilanzsumme über 43 Mill. Euro, Umsatzerlöse über 50 Mill. Euro und mehr als 249 Beschäftigte). Das Unternehmen darf nicht bereits zum 31. Dezember 2019 als Unternehmen in Schwierigkeiten qualifiziert worden sein. Zudem dürfen keine anderweitigen Finanzierungsmöglichkeiten verfügbar sein, und das Unternehmen muss eine eigenständige Fortführungsperspektive nach der Pandemie haben. Erfüllt das Unternehmen die Größenkriterien nicht, mag eine Hilfe über Ausnahmetatbestände in Betracht kommen. Garantieentgelt und AuflagenDer WSF übernimmt nur Garantien für Anleihen, die aufgrund der Kriterien Stückelung oder Zielmarkt ausschließlich auf die Zeichnung für institutionelle Investoren ausgerichtet sind. Garantien sind möglich für Anleihen ab einem Volumen von 5 Mill. Euro. Das Anleihevolumen ist nach oben hin begrenzt auf maximal das Zweifache der Lohn- und Gehaltszahlungen einschließlich Sozialabgaben oder 25 % der Umsatzerlöse des Unternehmens 2019.Da die Stabilisierungsmaßnahme zum Ziel hat, durch die Corona-Pandemie entstehende Liquiditätsengpässe zu überwinden, ist der Verwendungszweck der Mittel wie auch bei anderen Stabilisierungsmaßnahmen begrenzt. Mit der Anleihe sollen Investitionen oder Betriebsmittel finanziert werden. Die Ablösung oder unmittelbare Anschlussfinanzierung bestehender Finanzierungen ist ausgeschlossen.Für die Garantie ist ein Entgelt zu zahlen. Die Höhe orientiert sich an der Vergütung, die ohne die Garantie des WSF vom Unternehmen am Kapitalmarkt zu zahlen wäre. Für die Laufzeit gelten unterschiedliche Auflagen, die auch auf andere Hilfen des WSF Anwendung finden. Beispielsweise dürfen Organmitgliedern und Geschäftsleitern, solange das Unternehmen Stabilisierungsmaßnahmen in Anspruch nimmt, unter Einbeziehung von etwaigen Konzernbezügen Boni, andere variable oder vergleichbare Vergütungsbestandteile nicht gewährt werden. Auch besteht ein Ausschüttungs- bzw. Dividendenverbot, um nur einige der Auflagen zu nennen.Aus Investorensicht stellen in Zeiten von Null- und Negativzinsen Anleihen mit Garantie des WSF eine attraktive Investment-Alternative dar. Mit einer Absicherung der Anleihe durch eine Garantie des WSF dürfte der Kupon zwar niedriger ausfallen. Die Absicherung verbessert aber das Risikoprofil und eröffnet damit für viele institutionelle Investoren ein Investment in Unternehmensanleihen als eine abgesicherte Anlageklasse. *) Ingo Wegerich ist Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft und Präsident des Interessenverbandes kapitalmarktorientierter KMU e.V., Hans-Jürgen Friedrich ist Vorstandsvorsitzender der KFM Deutsche Mittelstand AG und Vizepräsident des Interessenverbandes.Ingo Wegerich und Hans-Jürgen Friedrich führen am 11.11.2020 um 10 Uhr auf Einladung der Deutschen Börse für alle interessierten Unternehmen ein Webinar zu dem Thema Anleihen mit Garantie des Wirtschaftsstabilisierungsfonds durch. Sie werden dabei von der Projektgruppe WSF des Bundeswirtschaftsministeriums unterstützt. Eine Anmeldung ist kostenfrei möglich unter:https://attendee.gotowebinar.com/register/6351437080556421644