ANLAGEPRODUKTE

Zertifikate für den Herzschlag des Marktes

Strategieprodukte sollen Kalenderphänomene ausnutzen - Viele statistische Effekte bringen in der Praxis wenig Mehrwert

Zertifikate für den Herzschlag des Marktes

Die Finanzmärkte stehen vor einem unruhigen September. Mit einem durchschnittlichen monatlichen Verlust von 2,5 % ist er gewöhnlich der schwächste Börsenmonat des Jahres. Es lassen sich ein Reihe von Regelmäßigkeiten an den Kapitalmärkten identifizieren, die sich für Anlagestrategien nutzen lassen. Die angebotenen Strategiezertifikate zeigen allerdings, dass sich statistische Phänomene nicht immer in Gewinne ummünzen lassen.Von Armin Schmitz, FrankfurtDie Wahlen in den Niederlanden und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe am 12. September könnten zu Turbulenzen an den Finanzmärkten führen. Starke Kursverluste im September wären allerdings nichts Ungewöhnliches. Wie der “Sell in May and go away”-Effekt und die Jahresend- bzw. Jahresanfangsrally gehören auch die Turbulenzen im September zu den wiederkehrenden Phänomenen an den Kapitalmärkten.Die UBS hat nun mit dem DAX On/Off Strategie-Zertifikat (DE000UBS1EM6) ein neues Produkt aufgelegt, das mit einer regelbasierten Strategie wiederkehrende Kalendereffekte ausnutzen und eine Überrendite gegenüber einem normalen Indexinvestment erwirtschaften soll. In dem Zertifikat verbrieft die UBS eine Handelsstrategie, bei der sie vier Handelstage vor jedem Monatsende das Anlegerkapital in den Dax investiert. Drei Handelstage nach dem Monatsbeginn verkauft sie den Dax wieder zum Schlusskurs. Damit ist die UBS-Strategie nur an sieben Handelstagen mit Longpositionen im Markt positioniert. In der Zeit, in der das Kapital nicht im Dax investiert ist, legt die UBS das Kapital bis zur Wiederveranlagung am nächsten Monatswechsel zum Eonia-Zinssatz an. Der Zins liegt aktuell bei 0,102 %. Rückrechnungen des Emittenten zeigen, dass die Strategie gegenüber einer Buy-and-hold-Strategie im Dax eine Outperformance erzielt hat.Norman G. Fosback hat erstmalig Mitte der siebziger Jahre in seinem Buch “Stock Market Logic” den Effekt beschrieben, dass sich die Kapitalmärkte besonders an den letzten Handelstagen zum Monatsende und den ersten vier Tagen des Folgemonats überdurchschnittlich positiv entwickeln. J. Lakonishok und S. Smidt (1988), Klaus Röder (1994), John J. McConnell (2006) oder Shamman Ramsundhar (2010) konnten in umfangreichen Analysen die Beobachtungen von Fosback bestätigen. Zuflüsse durch FondsAls Gründe für diese Entwicklung werden Liquiditätszuflüsse beispielsweise durch Window-Dressing-Aktionen genannt. Dabei handelt es sich um Positionsaufbau durch Fondsgesellschaften, die zum Monats-, Quartals-, Halbjahres- und Jahresende gute Performancekennzahlen abliefern wollen. Zuflüsse werden auch durch Gehaltszahlungen oder Kapitaleinkünfte von Privatanlegern erklärt. Die Dax-on/off-Strategie ist nicht wirklich neu. Als erster Emittent hat die Royal Bank of Scotland (RBS) 2005 mit dem Alpha Deutschland Indexzertifikat (NL0000050656) ein Produkt auf den Markt gebracht, das nur an Tagen, die statistisch eine Outperformance erzielen, im Markt investiert ist. Bei dem Alpha-Index sind dies der letzte und die ersten Börsenhandelstage eines jeden Monats sowie der letzte Handelstag vor einem Feiertag. In den Zwischenphasen wird das Kapital im Geldmarkt angelegt. Das Anlageergebnis zeigt allerdings, dass die Ergebnisse in Theorie und Praxis nicht deckungsgleich sein müssen. Im Dreijahreszeitraum erzielte das Zertifikat ein mageres Plus von 3,1 %. Der Dax kam im vergleichbaren Zeitraum dagegen auf einen Gewinn von 28,8 %. Über die zurückliegenden zwölf Monate sieht die Entwicklung ähnlich aus. Hier erzielte das Zertifikat einen Gewinn von 6,9 %, der Dax kam auf ein Plus von rund 33 %.Die Dax Plus-Anleihe von Barclays (DE000BC0E354) verfolgt eine ähnliche Strategie wie das UBS-Produkt. Bei dieser Methodik ist das Zertifikat quasi drei Handelstage vor dem Monatsende im Dax investiert. Diese Position wird drei Handelstage nach Monatsbeginn wieder geschlossen. Zusätzlich verbrieft das Barclays-Zertifikat auch eine Short-Strategie. Vom zehnten Handelstag vor jedem Monatsende bis zum vierten Handelstag vor jedem Monatsende wird auf eine fallende Dax-Notierung gesetzt. An allen übrigen Tagen wird das Kapital im Geldmarkt geparkt. Auch hier konnte eine Buy-and-hold-Position im Dax bessere Ergebnisse erzielen als die verbriefte Strategie (siehe Tabelle).Deutlich bessere Ergebnisse erzielten die Zertifikate, die die “Sell in May and go away”-Strategie verfolgen. Das Daxplus Seasonal Strategy Index Zertifikat (NL0000196301) spiegelt die Wertentwicklung des von der Deutschen Börse berechneten Index wider, wobei Ende Juli die Dax-Notierung eingefroren wird. Der Index pausiert dann im August und September. Mit dem ersten Handelstag im Oktober wird die Notierung wieder aufgenommen. Innerhalb des Dreijahreszeitraums erzielte der Anleger mit diesem Zertifikat einen Gewinn von 53,6 %. Er konnte damit den Dax klar schlagen. Innerhalb der Zwölfmonatsfrist erreichte das Produkt ein Plus von 26,6 %.Im Dreijahreszeitraum konnte auch das Dax Best Season Zertifikat von der RBS (DE0005592828) den Dax knapp schlagen. Die Strategie kam auf ein Plus von 34,3 %. Im kurzfristigen Zeitraum von einem Jahr hinkt das Produkt allerdings dem deutschen Leitindex mit einem Gewinn von 11,6 % deutlich hinterher. Das Zertifikat geht am letzten Handelstag im Oktober eine Dax-Position ein. Im Anschluss an den letzten Handelstag im Juli macht der Index eine Investmentpause von drei Monaten.Die Ergebnisse der Strategieprodukte zeigen, dass sich die statistischen Effekte an den Aktienmärkten nur bei wenigen Produkten über einen langen Zeitraum in Gewinne ummünzen lassen. Viele Produkte bestehen allerdings den Praxistest nicht.