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Zukunft des Assetmanagement und drei große Treiber

Die Assetmanagement-Branche steht vor großen Herausforderungen. Die Zinswende, geopolitische Konflikte und neue Wettbewerber aus der Start-up-Szene stellen etablierte Fondsgesellschaften vor Probleme.

Zukunft des Assetmanagement und drei große Treiber

Zukunft des Assetmanagement und drei große Treiber

Weiter innovative Wege finden, wie wir gemeinsam Herausforderungen überwinden können – Es gibt nach wie vor viele Chancen in Deutschland

Die Dekade von 2010 bis 2020 ist als eine goldene für die Assetmanagement-Branche in die Geschichte eingegangen. Niedrigste und Nullzinsen führten dazu, dass es neben dem Investmentfonds so gut wie kein Vehikel gab, mit dem die Kunden ihr Vermögen vermehren konnten. Dieses Umfeld de luxe änderte sich schlagartig mit der Zinswende ab 2022, die die Notenbanken zur Bekämpfung der sich verstärkenden Inflation einführten. Mit einem Schlag stand und steht die Branche vor einer Reihe neuer Herausforderungen: die schärfste Zinswende aller Zeiten, gepaart mit volatilen Märkten, hervorgerufen durch aufbrechende geopolitische Konflikte und den Überfall Russlands auf die Ukraine und die damit zusammenhängenden Lieferkettenprobleme. Und als sei dies nicht schon genug an externen Schocks, greifen neue Wettbewerber aus der Start-up-Szene die tradierten Geschäftsmodelle an.

Drei Optionen

Die etablierten Fondsgesellschaften müssen auf diese Herausforderungen reagieren. Aus Sicht der Unternehmensführung bestehen dabei grundsätzlich drei Optionen:

  • Erstens, man nimmt an, dass es sich um einen normalen Konjunkturzyklus handelt und man früher oder später wieder in die „alte Welt“ zurückkehrt. Unter dieser Annahme gäbe es keinerlei Handlungsdruck.
  • Zweitens, man begegnet der neuen Realität mit einem Kurs des „Gesundschrumpfens“. Man sieht Veränderungsbedarf, beschränkt sich aber darauf, nur die Kostenseite zu betrachten und Kosten zu senken, um insgesamt handlungsfähiger zu werden.
  • Und drittens, man hinterfragt sich konsequent und richtet seine Strategie neu aus, indem man auf der einen Seite Mittel freisetzt, die man an anderer Stelle gezielt in Zukunftsthemen investiert.

Wir bei Union Investment haben uns bereits Anfang 2023 für den dritten Weg entschieden, um uns resilienter aufzustellen. Denn Krisen hat es früher auch schon gegeben, jedoch wird die Zeit zwischen ihnen, die man gemeinhin „Normalität“ nennt, immer kürzer. Klar ist, dass nur das Unternehmen erfolgreich bleibt, was gewillt ist, sich ständig zu verändern. Dabei haben wir drei D als wesentliche Treiber für das Assetmanagement in den kommenden Jahren identifiziert: Digitalisierung, Dekarbonisierung und demografischer Wandel.

KI ist gekommen, um zu bleiben

Dabei führt der erste Treiber, die Digitalisierung, immer mehr zu einem Paradigmenwechsel in der Finanzdienstleistungsbranche, denn künstliche Intelligenz (KI) ist gekommen, um zu bleiben. Schritt für Schritt hält sie Einzug in die Branche und unterstützt bereits heute beispielsweise wichtige Funktionen im Portfoliomanagement, aber auch generell in der Datenauswertung. Dabei ist eine klare Digitalstrategie essenziell, denn ohne eine gezielte Planung bliebe man in Einzelmaßnahmen stecken und die Mittel würden nicht optimal allokiert. Auch bliebe eine solche Digitalisierung ohne breite Anwendung schlussendlich wirkungslos. Ein Tatbestand ändert sich zudem gegenüber früheren Prozessen und Verfahrensweisen nicht: Der Kunde und sein Bedürfnis bestimmt die Priorität der digitalen Transformation eines Finanzdienstleitungsunternehmens. Dies ist der einzig vielversprechende Weg auch für den zukünftigen Erfolg.

Ökonomie braucht Ökologie

Die Dekarbonisierung als zweiter Treiber stellt langfristig einen wettbewerbsdifferenzierenden Faktor dar. Auch wenn sie aktuell vielleicht nicht den gleichen vertrieblichen Rückenwind wie in den Jahren zuvor hat, so bleibt die Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit eine der größten Zukunftsaufgaben. Union Investment bleibt daher dem Thema treu und investiert weiterhin in Köpfe und Know-how. Denn die Ökonomie braucht die Ökologie und diese wiederum benötigt die finanziellen Mittel, um wirken zu können.

Diese wird der Staat nicht allein zur Verfügung stellen können. Neben dem Auftreten als aktiver Aktionär bei der Begleitung der vielen Unternehmen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit kommt Fondsgesellschaften als Kapitalsammelstellen von privatem Kapital bei der Finanzierung von Nachhaltigkeit eine besondere Bedeutung zu. Dabei hat jedoch jedes Haus darauf zu achten, dass es einen authentischen Gleichlauf gibt zwischen der Außenwirkung (aktives Aktionärstum, nachhaltige Produktlösungen) und der Innenwirkung (betriebsökologische Ziele mit klarem CO2-Reduzierungspfad; finanziellen Anreizen der Vorstände und perspektivisch auch der Belegschaft).

Die Folgen des seit langem absehbaren demografischen Wandels als drittem Treiber fordern uns heraus, bieten aber unserer Branche auch Chancen. Der bereits allerorten feststellbare Facharbeiter- beziehungsweise allgemeine Arbeitskräftemangel ist nur ein Vorbote dafür, was auf unsere Sozialsysteme in den nächsten Jahren zukommt, wenn die Babyboomer in Rente gehen und immer weniger Beitragszahler immer mehr Rentnern gegenüberstehen.

Die Politik ist das Thema leider bislang über viele Legislaturperioden hinweg nicht wirklich angegangen. Entweder scheiterten wichtige Initiativen wie beispielsweise die Reduktion der harten Garantien bei der geförderten Altersvorsorge auf den letzten Metern am entsprechenden Bundesministerium. Oder es wurden gute Ansätze wie die Aktienrente von Beginn an mit viel zu geringen finanziellen Mitteln ausgestattet. Ob es in der aktuellen Haushaltslage überhaupt noch zu einer Realisierung kommen wird, ist zumindest fraglich. So muss die Finanzindustrie weiter entsprechende Angebote machen, damit sich die Anleger – ob staatlich gefördert oder nicht – rechtzeitig um ihre private Altersvorsorge kümmern können.

Wohlstandssicherung

Bei den skizzierten drei Treibern geht es bei weitem nicht nur um die Assetmanagement- Branche, sondern auch um die Zukunft unseres Landes und damit letztlich um den Wohlstand jedes Einzelnen. Dieser Wohlstand ist aber nach der Zeitenwende 2022 und durch die Belastungen multipler Krisen in Gefahr. Und im Kern geht es bei den großen gesellschaftlichen Kontroversen wie Klimaschutz, Migration, Digitalisierung und Energiepolitik immer um Wohlstandssicherung und um Ängste, den Wohlstand zu verlieren.

Nicht in Fatalismus verfallen

Es steht außer Frage, dass bei vielen Themen großer Handlungsbedarf und mittlerweile auch -druck vorherrscht. Es wäre jedoch grundfalsch, jetzt in Fatalismus zu verfallen. Denn Wohlstand resultiert immer aus der Eigeninitiative engagierter und freiheitlich denkender Menschen in einer offenen und leistungsbereiten Gesellschaft. Diese gilt es zu ermutigen und zu stärken, indem man die richtigen Rahmenbedingungen setzt und von überbordender Bürokratie endlich wirkungsvoll Abstand nimmt. Da ist es an der Politik, ihre Hausaufgaben zu machen und pragmatische Antworten auf die drängendsten Fragen zu geben. Die Menschen wollen bezahlbare Energie, Sicherheit auf den Straßen und einen starken Industriestandort, der genügend Arbeitsplätze für alle bereitstellt.

Aber es geht eben nicht nur um Politik, sondern auch darum, was wir alle – auch wir Assetmanager – als Teil der Gesellschaft beitragen können, die mannigfachen Herausforderungen zu lösen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Eltif (European Long-Term Investment Fund). Mit diesem Vehikel kann neuerdings privates Kapital gebündelt und damit können wichtige Infrastrukturprojekte finanziert werden. Es stellt exemplarisch eine der vielen Lösungsansätze dar, wie man strukturelle Probleme angehen kann. Dies sollte uns ermutigen weiter innovative Wege zu finden, wie wir gemeinsam Herausforderungen überwinden und die Chancen von morgen nutzen können. Denn es gibt nach wie vor viele Chancen in Deutschland.