Recht und Kapitalmarkt

Zwei Ja-Stimmen sind die Mehrheit in dreiköpfigem AR

BGH

Zwei Ja-Stimmen sind die Mehrheit in dreiköpfigem AR

Von Bertold Gaede *) Dreiköpfige Aufsichtsräte einer Aktiengesellschaft sind beschlussfähig, auch wenn das Gremium über einen Beratervertrag der Gesellschaft mit einem Aufsichtsratsmitglied beschließt. Das betroffene Aufsichtsratsmitglied muss sich nur der Stimme enthalten. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 2. April entschieden (II ZR 325/05). Die Gründe wurden allerdings erst jetzt veröffentlicht. Entzaubernde LogikMit dem Urteil korrigiert der BGH die Rechtsprechung des inzwischen abgeschafften Bayerischen Obersten Landgerichts (BayObLG). Jenes war der Auffassung, ein dreiköpfiger Aufsichtsrat sei beschlussunfähig, wenn ein Mitglied nicht mitstimmen könne. Viele kleine oder junge Unternehmen in der Rechtsform der AG mussten deshalb umständlich Ersatz-Aufsichtsräte beim Registergericht bestellen. Ansonsten galt der Aufsichtsrat als beschlussunfähig. Dieses Verdikt drohte nicht nur in Bayern, sondern deutschlandweit, da sich die Ansicht des BayObLG auch bei anderen Gerichten und in den juristischen Kommentaren durchgesetzt hatte. Justiz und Wissenschaft beriefen sich dabei auf die §§ 113, 114, 108 Aktiengesetz (AktG). Danach muss der Aufsichtsrat über Beraterverträge mit einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern beschließen. Beschlussfähig ist er aber nur, wenn am Beschluss mindestens drei Mitglieder teilnehmen. Befangene Aufsichtsräte dürfen nicht mitstimmen. Also musste ein Vertreter her, so die Überlegung. Der BGH interpretiert das Stimmverbot jetzt so: Zwei Ja-Stimmen und eine Enthaltung sind drei Stimmen und ein Mehrheitsbeschluss, gleichwohl hat das befangene Aufsichtsratsmitglied wegen der Enthaltung nicht mitgestimmt.Das hat eine einfache, entzaubernde Logik. Umso erstaunlicher ist es, wie lange es brauchte, bis ein Gericht sie formuliert hat. Viele Rechtsstreite vor Instanzgerichten dürften sich damit erledigt haben. Die Rennerei zu den Registergerichten hat ein Ende. Und die Rufe nach dem Gesetzgeber dürfen auch wieder verstummen. *) Dr. Bertold Gaede ist Rechtsanwalt und Partner im Münchner Büro der internationalen Partnerschaft Nörr Stiefenhofer Lutz.