Italienischer Aktienmarkt

Börse Mailand mit vollem Rückenwind

Die Borsa Italiana blickt sowohl im Hinblick auf die Performance als auch im Hinblick auf Neunotierungen auf ein Rekordjahr zurück. Das dürfte in diesem Jahr schwer zu toppen sein.

Börse Mailand mit vollem Rückenwind

Nach einem Rekordjahr 2023 sind Analysten für die Mailänder Börse für dieses Jahr unsicherer, aber nicht grundsätzlich pessimistisch. Impulse könnten auch 2024 von den Banken kommen, vor allem so lange die Zinsen hoch bleiben. So setzt etwa Intermonte auf Intesa Sanpaolo und Banca Mediolanum. Auch für die Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS), bei der der Staat seine verbliebene Beteiligung von 39% womöglich schon im Frühjahr verkauft, könnte es weiter nach oben geben. Als mögliche Kandidaten für den Einstieg bzw. die Übernahme gelten die Banca BPM und BPER. Spekulationen oder gar ein Übernahmekampf könnten die Kursentwicklung anheizen. Auf der anderen Seiten könnte eine anhaltende konjunkturelle Schwächephase Unternehmen in Schwierigkeiten bringen und zu Kreditausfällen führen.

Mit vollem Rückenwind

Italienischer Aktienmarkt hofft auf eine Fortsetzung des Rekordkurses von 2023

Italiens Börse blickt auf ein Rekordjahr zurück. Um 28% stiegen der Börsen-Index FTSE MIB und auch bei den Börsenneunotierungen lief es sehr gut. Allerdings gab es auch schmerzhafte Delistings von Schwergewichten. Die Perspektiven für das aktuelle Jahr sind noch unsicher, aber Analysten sind eher zuversichtlich.

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Abgesehen vom Bankensektor sieht Intermonte auch gute Perspektiven für den Versorger Enel, die Kabelgesellschaft Prysmian, das Pharma-Unternehmen Recordati oder den Modeproduzenten Brunello Cuccinelli.

Doppelt so hoch wie im März 2020

Die Börse Mailand, vor allem ihr Hauptsegement FTSE MIB, blickt auf ein Rekordjahr zurück. Der Index legte 2023 im Vergleich zu 2022 um 28% zu und übertraf erstmals seit 2008 die 30.000-Punkte-Marke. Das derzeitige Niveau ist doppelt so hoch wie zu Beginn der Corona-Pandemie im März 2020. Damit hat Mailand anderen europäischen Börsenplätzen den Rang abgelaufen.

Haupttreiber waren 2023 Bankenwerte wie Unicredit, Monte dei Paschi di Siena, BPER oder BPM, die von den hohen Zinsen profitierten. Auch der Rüstungskonzern Leonardo, der verstärkt auf europäische Allianzen setzt, der Autokonzern Stellantis und der Sportwagenproduzent Ferrari gehörten zu den Gewinnern des Jahres.

Gut geschlagen hat sich die Mailänder Börse im internationalen Vergleich auch im Hinblick auf neue Notierungen. Es gab 39 neue Börsennotierungen. Davon entfielen fünf auf den Hauptmarkt Euronext Milan und 33 auf Euronext Growth Milan (EGM), das Segment für kleine und mittlere Werte. Die Gesamtkapitalisierung der insgesamt 429 börsennotierten Werte in Mailand belief sich zum Jahresende auf 761 Mrd. Euro oder 39,4% des italienischen Bruttoinlandsprodukts. In dieser Hinsicht liegt die italienische Börse hinter der deutschen, vor allem aber deutlich hinter der französischen und niederländischen Börse.

Zu den größeren Neunotierungen des zurückliegenden Jahres zählen etwa der Yachtenproduzent Ferretti und Lottomatica, einer der größten Unternehmen im Bereich des öffentlichen Glücksspiels. Im Mailänder Hauptmarkt sind derzeit 225 Unternehmen gelistet, im EGM-Segment sind es 203.

Allerdings setzte sich auch 2023 der Trend zu Delistings fort. Zum Jahresende schied der Land- und Baumaschinenkonzern CNH Industrial mit einer Kapitalisierung von immerhin 15 Mrd. Euro aus. Das Unternehmen ist nun nur noch in New York notiert. Die Mailänder Börse verlassen haben auch Autogrill und der Immobilienkonzern Covivio sowie zuvor schon die Beteiligungs-Holding Exor, zu deren Portefeuille etwa Ferrari, Stellantis, CNH Industrial, Juventus Turin und Iveco gehören. Mit dem Bremsenhersteller Brembo wird demnächst ein weiteres Schwergewicht Arrivederci sagen. In den Jahren zuvor hatten bereits Campari, Media for Europe (früher Mediaset) und andere der Börse den Rücken gekehrt. Schmerzhaft ist, dass es insbesondere große Unternehmen sind, die die Börse Mailand verlassen und nach New York oder Amsterdam gehen. Dort ist die Sichtbarkeit größer und die Regeln sind oft übersichtlicher. Mit einem neuen Kapitalmarktgesetz, das unter anderem die Ausübung von Mehrfachstimmrechten für langjährige Aktionäre ermöglicht sowie Vereinfachungen vorsieht, will Italiens Regierung die Abwanderung stoppen und die Mailänder Börse attraktiver für Investoren machen.

Für dieses Jahr werden aber auch weitere Börsennotierungen erwartet, aber noch warten potenzielle Börsenkandidaten ab. Der Sportschuh-Produzent Golden Goose könnte relativ bald an den Start gehen, die im Bereich erneuerbarer Energien tätige Eni-Tochter Plenitude folgen. Der von Premierministerin Giorgia Meloni in Aussicht gestellte Verkauf weiterer Staatsanteile an der Post könnten der Börse Impulse geben.

Steuergutschriften

Mit Hilfe von Steuergutschriften zur Absetzung der Kosten einer Börsennotierung und anderen gesetzlichen Maßnahmen dürfte die stärkste Dynamik erneut vom Kleinwertesegment Euronext Growth Milan kommen, dessen Performance 2023 schlechter war als die des Gesamtmarktes. Zu den großen IPOs dort zählten im vergangenen Jahr der Autovermieter Sicily by car und die Messegesellschaft BolognaFiere. Insgesamt kommt dieses Segment mit nun 203 (Vorjahr: 190) Börsennotierungen auf eine (bescheidene) Kapitalisierung von 8,2 Mrd. Euro, wobei der free float bei durchschnittlich 23,8% liegt. Der Schwerpunkt der Neunotierungen lag in den Bereichen Industrie, Dienstleistungen und Technologie und regional ganz klar in der Lombardei.

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