Auf Partnersuche

Condor sieht sich mit neuen Flugzeugen im Vorteil

Condor ist zu klein, um alleine überleben zu können. Noch ist Investor Attestor an Bord, aber mittelfristig muss der neue Chef Peter Gerber wohl auf Partnersuche gehen.

Condor sieht sich mit neuen Flugzeugen im Vorteil

„Es wird schwierig, alleine zu überleben, wenn man zu klein ist“

Finanzinvestor Attestor ist bei Condor an Bord, aber Airline-Chef Peter Gerber hält mittelfristig einen neuen Bieterprozess für möglich

Von Lisa Schmelzer, Frankfurt

Peter Gerber war lange Lufthansa-Manager, da kann ihn in der Branche eigentlich nichts mehr überraschen. Dem Lufthansa-Konkurrenten Condor ist das dennoch gelungen. „Die Condor hat in 17 Monaten 17 neue Langstreckenflugzeuge eingeflottet, hat damit die komplette Interkontinental-Flotte ausgetauscht und ist dabei auch noch auf einen neuen Hersteller – Airbus – gewechselt. Hätte mich vorher jemand gefragt, hätte ich gesagt, das klappt nicht im laufenden Betrieb.“ Hat es aber, was den neuen Condor-Chef, der sein Amt am 1. Februar angetreten hat, nach eigenem Bekunden schwer beeindruckt hat.

Um 50% ist Condor nach der Pandemie gewachsen – „das muss man erstmal bewältigen“, sagt Gerber, der dem langjährigen Condor-Chef Ralf Teckentrup nachgefolgt ist. Jahrelang war das Unternehmen – und mit ihm die Führungsmannschaft und die gesamte Organisation – im Krisenmodus. Erst ging der Mutterkonzern Thomas Cook pleite, dann durchlebte die gesamte Branche die Pandemie im weitgehenden Stillstand. In der Folge sprang der polnische Investor PGL ab, ein neuer Geldgeber musste gefunden werden. Staatliche Hilfsgelder flossen, was bis heute Spuren hinterlässt; 49% der Anteile liegen bei der staatlichen KfW. Das wird mindestens so lange so bleiben, bis der gewährte Kredit zurückgezahlt ist – vermutlich bis 2026.

Dann würden die Anteile womöglich verkauft werden, eventuell an den britischen Investor Attestor, der bereits die restlichen 51% hält. Allerdings stellt sich die Frage, wie lange der Investor letztlich engagiert bleibt. Steigt er aus, „dann wird es schwierig, alleine zu überleben, wenn man zu klein ist“, sagt Gerber. Das Airline-Geschäft sei ein Größengeschäft. Der strategische Plan, den der CEO bei seinem ersten Pressegespräch vorlegt, sieht Überlegungen zu diesem Thema ab 2026 vor. Wichtig sei, dass die Performance stimmt, „das wäre die beste Voraussetzung für einen möglichen Bieterprozess“.

Vorteil neue Flugzeuge

Attestor hatte nicht nur die Anteile übernommen, sondern auch kräftig investiert – nur so war der Flottenaustausch möglich. In der neuen Flotte sieht Gerber in Zeiten eines akuten Flugzeugmangels einen der großen Vorteile von Condor, denn während andere noch händeringend auf neue Flieger warten, ist Condor bereits damit unterwegs. Dadurch sind die Kapazitäten gewachsen, zudem sind neue Flugzeuge deutlich umweltverträglicher. Auf dem Weg zur CO₂-Neutralität „ist das Wichtigste das Fluggerät“, ist Gerber überzeugt. 20% weniger CO₂ emittiere die A330neo, die nun für Condor auf der Langstrecke fliegt, im Vergleich zur vorher eingesetzten Boeing 767.

Der zweite Hebel auf dem Weg zur CO₂-Neutralität ist nachhaltiges Flugbenzin (SAF). Die Vorgaben der EU sehen eine Beimischungsquote von 2% ab 1. Januar 2025 vor, die Schritt für Schritt steigt. Noch wird aber viel zu wenig SAF produziert. Gerber moniert dabei auch die „unklare Regulierung aus Brüssel“. So sei zu befürchten, dass Strafzahlungen auf die Airlines zukommen, wenn sie die Vorgabe verfehlen, wohingegen die Ölfirmen, die doch mehr produzieren müssten, nicht sanktioniert würden. Die Bundesregierung hat laut Gerber nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt die Förderung für SAF von 2 Mrd. Euro bis 2028 gestrichen. All das bremst die Flugbranche aus.

Condor hat sich wie Lufthansa über bilaterale Absprachen mit Herstellern SAF-Kontingente gesichert; gerade wurde eine Partnerschaft mit Caphenia vermeldet, hinter der auch Gerbers ehemaliger Lufthansa-Kollege Kay Kratky steckt. All das dürfte aber nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein sein.

„Unter dem Schirm“

Strategisch positionierte sich Condor bereits unter Teckentrup und nun verstärkt unter Gerber mehr in Richtung Business Airline. Die neue Flotte biete mehr Kapazität – „da müssen wir neue Kundengruppen und neue Märkte erschließen“, so der Airline-Chef. Gerade auf der Langstrecke über den Nordatlantik mit einer stark vergrößerten Business Class steigen immer mehr Geschäftsreisende bei der ehemaligen reinen Ferienfluggesellschaft ein. Das ärgert sicher auch die Lufthansa, aber Gerber erwartet trotzdem keinen Verdrängungswettbewerb: „Wir sind zu klein, als dass wir tatsächlich bekämpft werden, wir fliegen da sozusagen unter dem Schirm.“

Dank des jüngst vereinbarten Code-Share-Abkommens mit Emirates will Condor sich vor allem in Richtung Asien stärker aufstellen, das dürfte auch dem Geschäftsreisenden-Aufkommen guttun. Gestartet wird am 26. Oktober mit der Verbindung Berlin-Dubai; von dort kann man mit dem neuen Partner auf Reisen gehen. Schon länger laufen die Partnerschaften mit Alaska Airlines und Westjet aus Kanada, Letztere soll „vertieft“ werden. Dort trifft Gerber übrigens auf einen alten Bekannten: CEO ist der ehemalige Lufthansa-Manager Alexis von Hoensbroech.

Im laufenden Geschäftsjahr (30. September) will der Carrier schwarze Zahlen einfliegen. Jetzt läuft gerade die für Airlines alles entscheidende Sommersaison. Dabei leidet die Branche unter dem aktuellen Wetter mit vielen Gewittern und Starkregen oder Hagel – „das ist gerade die Hölle“.

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