Leitartikel

Emerging Markets punkten bei Anlegern

Die Emerging Markets ziehen das Kapital der Anleger an, die Assets wie Aktien und Anleihen der Schwellenländer boomen in diesem Jahr. Die Aussichten für das zweite Halbjahr sind gut.

Emerging Markets punkten bei Anlegern

Die Investments in Schwellenländer verzeichnen in diesem Jahr einen enormen Boom, denn die mehr als solide Performance von Aktien, Anleihen und Währungen der aufstrebenden Volkswirtschaften zieht nicht nur die Blicke, sondern auch das Kapital von weiten Anlegerkreisen an – mit steigender Tendenz. Der MSCI Mexico etwa kommt in Lokalwährung gerechnet allein auf eine Rendite von knapp 12%, mit der Aufwertung des Peso gegenüber dem Greenback schafft er es auf eine Dollar-Performance von mehr als 27% – das kann sich zweifelsohne sehen lassen.

Schwellenländer überzeugen Anleger gleich mit mehreren Faktoren. An erster Stelle dürfte für viele Investoren die Staatsverschuldung vieler dieser Länder stehen, die zum Teil deutlich unter derjenigen der großen Industrienationen liegt. Und damit kommt natürlich auch das Stichwort Schuldentragfähigkeit ins Spiel. In Anbetracht vergleichsweise geringerer Schuldenstände kommen die Emerging Markets auch bei den in den vergangenen Monaten gesehenen Renditeanstiegen an den Anleihemärkten mit ihrem Schuldendienst immer noch sehr gut klar. Anleger stellen also in einer Situation, in der davon die Rede ist, dass der globale Zinsgipfel nicht nur erreicht, sondern sogar überschritten sein dürfte, fest, dass diese Länder ihre Verbindlichkeiten in Form von Zins und Tilgung auch in Phasen deutlich höherer Bondrenditen bedienen können und eben in dieser Hinsicht keine Schwierigkeiten haben. Das lässt sich selbstredend nur nach dieser enormen Zinsaufwärtsbewegung, die Ende 2021/Anfang 2022 eingesetzt hat, konstatieren. Und das überzeugt.

Hinzu kommt, dass es in diesem Zyklus mit der geldpolitischen Straffung international eine andere Entwicklung gegeben hat als in früheren Zyklen. Dieses Mal haben die Notenbanken der Schwellenländer früher als die Zentralbanken der Industrienationen wie US-Notenbank oder Europäische Zentralbank (EZB) mit dem Zinsanhebungszyklus begonnen. Das induzierte Kapitalströme aus den Industrieländern in die Emerging Markets. In früheren Zyklen zögerten Industrienationen – allen voran die USA bzw. die Fed – auch deshalb mit Leitzinsanhebungen, weil ein massiver zinsinduzierter Kapitalabzug aus den Schwellenländern und damit Ungemach in diesen Staaten befürchtet wurde, was dann auch global zu einem Problem hätte werden können – so seinerzeit die Sorge. Dieses Mal ist es umgekehrt.

Und der Kapitalzufluss in Assets der Schwellenländer hat noch zu einem weiteren positiven Umstand beigetragen, und zwar auf der Währungsseite. Die enormen Zuflüsse haben die Volatilität der Schwellenländerwährungen deutlich gesenkt. Das war ein weiteres Argument für viele Investoren, sich für Schwellenländer-Assets zu erwärmen. Denn in früheren Phasen hat auch die Volatilität der Währungen so manchen Anleger von einem Investment abgehalten, da die Gefahr, einen Teil der in Lokalwährung erzielten Gewinne wieder durch ungünstige Wechselkursentwicklungen bzw. eine zu hohe Volatilität zu verlieren, als zu hoch eingestuft wurde. Das ist nun nicht der Fall.

Die Aussichten für die Schwellenländer sind für das zweite Halbjahr ausgesprochen gut. Viele Assetmanager prognostizieren weiterhin eine ansprechende Performance von Aktien, Bonds und Währungen in diesen Regionen. Es bleibt eine große Unbekannte, und das ist die Konjunkturentwicklung. Im Kampf gegen die Inflation sind die Schwellenländer sehr weit vorn, es wird damit gerechnet, dass sie zum größer angelegten Zinssenkungszyklus übergehen werden und damit den Notenbanken der Industrienationen vorangehen. Das leistet Schützenhilfe für die heimischen Wirtschaften und sollte auch als Puffer für eine globale Konjunkturabkühlung dienen, auf die sich weite Anlegerkreise an den internationalen Märkten nun einstellen. Dieser wirtschaftlichen Abschwächung, sollte sie denn eintreten, werden sich die Emerging Markets nicht völlig entziehen können. Bleibt die Frage, wie stark die Beeinträchtigung letzten Endes ausfallen wird. Fixed-Income-Anleger sind sicher gut beraten, vor diesem Hintergrund eher mal in Kurzläufer des Bondmarktes zu investieren und einen Teil des Geldes aus den Langläufern abzuziehen.

Finanzmärkte

Emerging Markets punkten bei Anlegern

Schwellenländer ziehen das Kapital der Anleger an und zeigen damit eine mehr als solide Performance. Die Aussichten sind gut.

Von Kai Johannsen
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