ROUNDUP/MONTE CARLO: Rückversicherer müssen mit Ende des Preisanstiegs rechnen

ROUNDUP/MONTE CARLO: Rückversicherer müssen mit Ende des Preisanstiegs rechnen

MONTE CARLO (dpa-AFX) - Die großen Rückversicherer erwarten trotz kräftiger Preiserhöhungen in den vergangenen Jahren eine weiterhin hohe Nachfrage von Erstversicherern. Auf dem jährlichen Branchentreffen in Monte Carlo pochten Vertreter der Weltmarktführer Munich Re <DE0008430026>, Swiss Re <CH0126881561> und Hannover Rück <DE0008402215> auf angemessene Prämien dafür, dass sie Unternehmen wie Allianz <DE0008404005>, Axa <FR0000120628> und Generali <IT0000062072> hohe Risiken etwa durch Naturkatastrophen, Haftpflicht-Klagen und Cyber-Attacken abnehmen. Die zuletzt starken Preiserhöhungen dürften jedoch ein vorläufiges Ende finden.

An der Börse wurden die Neuigkeiten unentschieden aufgenommen. Die Aktie des weltgrößten Rückversicherers Munich Re legte kurz nach Handelsbeginn um 0,1 Prozent zu. Für das Papier der Swiss Re ging es um 0,3 Prozent aufwärts, die Aktie der Hannover Rück büßte hingegen 0,1 Prozent ein.

Seit Samstag (7. September) treffen sich Rückversicherer im Fürstentum Monaco mit Kunden und Maklern. Im Fürstentum Monaco loten sie vier Tage lang Preise und Konditionen für die große Vertragserneuerung zum kommenden Jahreswechsel aus. In den vergangenen Jahren hatten die Rückversicherer ihre Preise deutlich erhöht.

Munich-Re-Vorstand Thomas Blunck sagte seiner Branche für 2025 zwar weiteres Wachstum voraus. Derzeit befinde sich der Markt "in einem vernünftigen Gleichgewicht", sagte der Manager am Sonntag. Allerdings dürften die Prämieneinnahmen vorerst nicht mehr so stark steigen wie zuletzt. Für die Jahre 2024 bis 2026 erwartet die Munich Re für die Branche in der Schaden- und Unfall-Rückversicherung ein inflationsbereinigtes Prämienwachstum von durchschnittlich 2 bis 3 Prozent pro Jahr.

In den drei Jahren zuvor waren die Prämieneinnahmen den Angaben zufolge hingegen um etwa 4 Prozent pro Jahr gestiegen. Auch hier kamen inflationsbedingte Preiserhöhungen noch obendrauf. Erstversicherer mussten daher deutlich mehr Geld auf den Tisch legen, um Risiken an Rückversicherer weiterzureichen. Die sogenannte Schadeninflation fällt je nach Versicherungssegment anders aus als der Anstieg der Verbraucherpreise. Vor allem Kfz- und Gebäudeschäden sind wegen gestiegener Ersatzteilpreise und Baukosten stark gestiegen.

Mit dem Anstieg der Rückversicherungspreise auf breiter Front könnte es aus Sicht des weltweit drittgrößten Rückversicherers Hannover Rück vorbei sein. Bei den Vertragserneuerungen im laufenden Jahr hätten sich die Preise und Konditionen in der Schaden- und Unfall-Rückversicherung teils weiter verbessert, teils auf dem Niveau von 2023 stabilisiert, berichtete der Dax-Konzern <DE0008469008> am Montag. In einigen Erstversicherungsmärkten gebe es inzwischen leichte Preisnachlässe.

Hannover-Rück-Chef Jean-Jacques Henchoz pochte nun darauf, die Prämien für Rückversicherungsschutz auf einem angemessenen Niveau zu halten. So schreibe die Kfz-Versicherung in Deutschland auch 2024 rote Zahlen. Daher seien 2025 in diesem Segment weitere Preiserhöhungen zu erwarten. Attraktiv bleibt aus Sicht der Hannover Rück hingegen das Naturkatastrophengeschäft in Nordamerika.

Weiteres Wachstum erwartet die Branche bei der Absicherung gegen Risiken rund um Computersysteme und Internet. Der Munich Re zufolge dürfte der Cyber-Versicherungsmarkt 2024 weltweit von 14,1 auf 16,2 Milliarden US-Dollar wachsen. 2025 dürften die Prämieneinnahmen in diesem Bereich auf 19,7 Milliarden und bis 2027 auf 29 Milliarden Dollar (gut 26 Mrd Euro) zulegen. Laut der Ratingagentur Standard & Poor's geben Erstversicherer bisher mindestens die Hälfte ihrer Cyber-Risiken an Rückversicherer ab.

Allerdings scheuen die Branchenriesen inzwischen vor großen Klumpenrisiken zurück. So hat die Munich Re die Folgen von Cyber-Kriegen mit staatlichen Akteuren inzwischen aus ihren Verträgen ausgeschlossen. Im Jahr 2024 erwartet der Konzern in diesem Bereich einen Rückgang seiner Prämieneinnahmen auf 1,8 Milliarden US-Dollar. 2023 waren sie bereits von 2,2 auf 2,1 Milliarden Dollar gesunken.

Unterdessen fordert die Munich Re in anderen Geschäftsbereichen weitere Prämienerhöhungen. Zwar sei es den Rückversicherern dank höherer Einnahmen und vergleichsweise geringer Schäden 2023 gelungen, ihre Kapitalkosten zu verdienen, sagte Blunck. Laut seinem Vorstandskollegen Stefan Golling wird die Munich Re auf den Abschluss von Verträgen verzichten, falls sie keine angemessenen Konditionen erzielen kann.

Dass versicherte Schäden immer teurer werden, liegt auch an einer wachsenden Zahl von Schwergewittern mit Hagel, Tornados und Hochwasser, aber auch an Waldbränden. Solche Ereignisse haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Laut dem weltweit zweitgrößten Rückversicherer Swiss Re überstiegen die versicherten Schäden durch Naturkatastrophen in den vergangenen vier Jahren jedes Mal die Marke von 100 Milliarden US-Dollar (rund 90 Mrd Euro).

Außerdem machen der Branche Sammelklagen gegen Industrieunternehmen zunehmend zu schaffen - vor allem in den USA. In den vergangenen zehn Jahren trieben laut der Swiss Re in erster Linie Prozesskosten die US-Haftpflichtschäden um 57 Prozent nach oben. Allein im Jahr 2023 habe dieser Anstieg 7 Prozent betragen, berichtete der Konzern in einer Studie.

Das Branchentreffen "Rendez-Vous de Septembre" findet seit 1957 im Fürstentum Monaco statt. Das Treffen an der Côte d'Azur dauert noch bis Dienstag. Dort werden mehr als 3000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus etwa 80 Ländern erwartet./stw/men/ngu