2019 werden Folgen einer Investitionslücke spürbar
Von Martin Dunzendorfer,FrankfurtThomas Gutschlag kommt das Wort Übergangsjahr, das oft systemische Schwächen in der Geschäftsentwicklung und Fehlentscheidungen übertünchen soll, nicht über die Lippen. Das ehrt den Vorstandschef der Deutschen Rohstoff, denn einen Anlass für Euphemismus hätte er: Nach einem “sehr guten Jahr 2018” rechnet Gutschlag für die laufende Berichtsperiode mit sinkenden Ergebnissen, bevor es dann 2020 wieder aufwärtsgehen soll.Die Deutsche Rohstoff AG – ein Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von gut 90 Mill. Euro, das im Freiverkehr notiert ist – entwickelt, betreibt und veräußert Rohstoffvorkommen. Der Schwerpunkt liegt in der Erschließung von Öl- und Gaslagerstätten in den USA; derzeit in den Bundesstaaten Colorado, North Dakota und Utah. Das vergangene Jahr hatte nach HGB-Rechnungslegung eine Verdoppelung des Umsatzes auf 109 (i.V. 53,7) Mill. Euro gebracht. Der operative Gewinn (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, Ebitda) war im Vergleich zu 2017 von 36 Mill. auf 98 Mill. Euro gesprungen. Das Konzernergebnis lag bei 18 (7,7) Mill. Euro. Nun soll zum fünften Mal in Folge die Dividende erhöht werden: von 65 auf 70 Cent je Aktie, was beim derzeitigen Kurs von 17,50 Euro einer Dividendenrendite von 4 % entspricht. Eine Ausschüttungsvorgabe – etwa ein bestimmter Prozentsatz vom Nettogewinn – habe die Deutsche Rohstoff nicht, erklärt Gutschlag im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Dafür sei das Geschäft zu volatil. Das Management versuche jedoch, eine Dividendenrendite von 3 % bis 4 % zu gewährleisten. Dafür wird in Ausnahmefällen wohl auch eine Ausschüttung aus der Substanz in Kauf genommen. “Grenze der Finanzierbarkeit”Der Erlössprung um 100 % im vergangenen Jahr ist zu einem großen Teil auf die Verdoppelung der Öl- und Gasproduktion auf 3,5 Mill. Barrel Öläquivalente (boe) zurückzuführen; dies entspricht einer Produktion von rund 9 600 boe pro Tag. Die Erklärung für die Mehrförderung liefert auch den Grund, warum 2019 mit sinkendem Umsatz und Ergebnis gerechnet wird: 2017 und Anfang 2018 seien über 100 Mill. Dollar in Bohrungen investiert worden. Das habe die Deutsche Rohstoff “an die Grenze der Finanzierbarkeit” geführt, berichtet Gutschlag. Andererseits habe die Produktion – dank der Investitionen – im zweiten bis vierten Quartal 2018 deutlich über den Vorjahreswerten gelegen.Auch im zweiten Halbjahr 2018 waren größere Investitionen von etwa 60 Mill. Dollar in Colorado vorgesehen, die sich dann auf die Produktionszahlen sowie Umsatz und Ergebnis im laufenden Jahr ausgewirkt hätten. Doch die neuen Bohrungen seien verschoben worden, weil der Ölpreis im zweiten Semester 2018 so stark nachgegeben habe, erklärt Gutschlag. Der Preis für ein Barrel der Sorte WTI fiel vom Jahreshoch Ende September bei 75 Dollar bis auf 44 Dollar kurz vor Weihnachten. Inzwischen hat sich die Notierung von WTI-Öl erholt, so dass Gutschlag klar stellt, dass die für 2018 geplanten Investitionen dieses Jahr nachgeholt werden; die Bohrungen sollen Anfang Juni beginnen.Neben den 60 Mill. Dollar in Colorado seien noch Investments von 10 Mill. bis 20 Mill. Dollar in Utah und North Dakota vorgesehen.Auch das fundamentale Umfeld sei aus Sicht eines Ölförderers gegenwärtig positiv, sagt Gutschlag – und wegen der mit vielen Fragezeichen versehenen Versorgungslage (Venezuela, Libyen, Iran) werde es wohl auf längere Sicht auch positiv bleiben. Für 2020 sagt Gutschlag eine deutlich stärkere Produktion voraus. Zudem wird ein höherer Umsatz in der Bandbreite von 75 Mill. bis 85 Mill. Euro bzw. ein steigendes Ebitda von 55 bis 65 Mill. Euro erwartet. Dieses Jahr werden allerdings nur 40 bis 50 Mill. Euro Erlös in Aussicht gestellt sowie ein operatives Ergebnis von 25 Mill. bis 35 Mill. Euro. Die Prognosen für 2019 und 2020 beruhen auf der Annahme eines durchschnittlichen Ölpreises (WTI) von 58 Dollar je Barrel und eines Euro-Dollar-Kurses von 1,14.Ins laufende Jahr sei die Deutsche Rohstoff gut gestartet, an der Prognose hält Gutschlag dennoch fest, da die kräftigen Zuwächse des vergangenen Jahres erst in den folgenden Quartalen generiert worden seien. Im ersten Jahresviertel 2019 habe sich die Produktion auf 566 000 boe (+15 %) belaufen bzw. 6 300 boe pro Tag. Der Ölanteil habe bei 253 000 Barrel gelegen; ein Anteil von 45 %. Gutschlag zufolge liegt der Ölanteil an der Jahresproduktion im Schnitt aber deutlich höher: bei knapp 80 %. Dabei handele es sich ausschließlich um Schieferöl. Der Umsatz ging im Jahresvergleich um 6 % auf 14,7 Mill. Euro zurück, während das Ebitda um 21 % auf 12,8 Mill. und das Nettoergebnis von 1,1 Mill. auf 4,1 Mill. Euro anzogen. BASF ausgestiegenGutschlag hält 10 % der Unternehmensanteile und ist damit größter Einzelaktionär. Institutionelle Investoren, die zusammen auf 23 % kommen, besäßen jeweils kleine Pakete von 2 bis 4 %; ein Small-Cap-Fonds der Credit Suisse hält nach Angaben Gutschlags mit 4 % den größten Anteil. Die Venture-Capital-Gesellschaft von BASF, die vor dem Börsengang der Deutschen Rohstoff 2008 mit 10 % eingestiegen war, habe ihre letzten Anteile am Unternehmen vor anderthalb Jahren verkauft.Per Ende März 2019 verfügte das Unternehmen über Barreserven von 56,8 (i.V. 21,4) Mill. Euro. Das Eigenkapital stieg im Berichtszeitraum um 42 % auf 79,3 Mill. Euro, während die Verbindlichkeiten um 27 % auf 113,8 Mill. Euro sanken.