5G braucht viel Energie
Von Heidi Rohde, FrankfurtDie Telekommunikationsbranche darf sich durchaus attestieren, mit den Bemühungen um eine bessere Energieeffizienz und einen verringerten CO2-Ausstoß eine Vorreiterrolle eingenommen zu haben. Die Deutsche Telekom strebt bis Ende 2030 eine Verringerung der Emissionen von 90 % gegenüber 2017 an, im Wesentlichen durch Verbrauchseinsparungen im regulären Netzbetrieb. Außerdem soll von 2021 an 100 % des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen bezogen werden. Telefónica Deutschland, die bereits zu 100 % Grünstrom nutzt, kommt schon im Zuge der Netzkonsolidierung mit E-Plus, bei der rund 14 000 Mobilfunkstandorte zurückgebaut wurden, auf einen absolut deutlich verringerten Energiebedarf, während Vodafone nach eigenen Angaben erst 15 % Strom aus erneuerbaren Energien nimmt, den CO2-Ausstoß aber peu à peu reduziert.Indes ist der Emissionsausstoß der Telekomindustrie (Netze und IT-Technik) mit nur 2,3 % der 2020 zu erwartenden weltweiten Luftverschmutzung mit Kohlendioxid insgesamt überschaubar, wie die LBBW in einer Studie schreibt. Zu weiteren Kraftanstrengungen in Sachen Nachhaltigkeit sind die Unternehmen vor allem deshalb bereit, weil für sie ein verringerter Schadstoffausstoß und Einsparungen meist Hand in Hand gehen. Außerdem haben die vielfach an der Börse schwergewichtigen Gesellschaften im Blick, dass Nachhaltigkeit im Anlagekriterienkatalog vieler Investoren eine wachsende Rolle spielt.Die Deutsche Telekom befand sich bei Investoren, die ihre Anlageentscheidungen Nachhaltigkeitskriterien zu Grunde legen, über Jahre auf dem absteigenden Ast, hat aber 2017 die Kurve gekriegt. Ob ein weiterer Anstieg folgt, ist allerdings fraglich; denn vor allem der durch Einführung von 5G nochmals stark angetriebene Netzausbau im Mobilfunk wird von der Öffentlichkeit und teilweise auch vom Börsenpublikum kritisch gesehen. Klar ist, dass der Netzausbau, der eine weitere Verdichtung der Antennenstandorte nötig macht, wenn die Leistungsfähigkeit des neuen Mobilfunkstandards ausgeschöpft werden soll, Haupttriebfeder eines steigenden Energieverbrauchs bei den Telekomunternehmen ist und damit auch den CO2-Ausstoß tendenziell erhöht. Denn auch wenn 5G als solches energieeffizienter ist als insbesondere ältere 2G und 3G-Technik, steigt der Stromverbrauch durch die wachsende Antennenzahl. Binnen vier Jahren sollen laut Telekom 10 000 neue Funktürme entstehen.Abgesehen vom Stromverbrauch der Netztechnik, steigt auch der Energiebedarf der dahinter liegenden Rechnerkapazitäten, die die wachsenden Datenmengen verarbeiten müssen. BT Group, bei der das IT-Dienstleistergeschäft jahrelang dominierte, weil sie vor dem Kauf von EE kein eigenes Mobilfunknetz hatte, hat in Eschborn bei Frankfurt eines der bisher energieeffizientesten Rechenzentren gebaut. Das 2012 eingeweihte Gebäude mit Regenwasserkühlung kommt auf einen Energieeffizienzwert (PUE) von 1,3. Eingespart wurden den Angaben zufolge 60 % der CO2-Emissionen eines herkömmlichen Rechenzentrums. Bis 2045 will BT als Konzern “klimaneutral” sein. Auch alle anderen Telekomfirmen optimieren in diesem Bereich.Bisher ist trotz aller Anstrengungen festzustellen, dass sich der CO2-Ausstoß des Sektors von 2002 bis 2020 um etwa den Faktor 2,3 erhöhen wird, wie aus der LBBW-Studie hervorgeht. Das Gesamtvolumen sollte bei rund 350 Mill. Tonnen Kohlendioxid liegen. Inwieweit die Abschaltung alter Mobilfunktechniken und verbrauchsärmere Rechenzentren den erhöhten Energieverbrauch und Schadstoffausstoß durch den für 5G nötigen massiven Ausbau der Infrastruktur ausgleichen, ist noch schwer abzusehen. Allerdings sind auch positive Wirkungen von hochwertiger Netztechnik und aufwendigen Rechenzentren hervorzuheben. Das stark wachsende Cloud-Geschäft der Telekom- und IT-Dienstleister, mit immer höheren Datenmengen und Rechnerkapazitäten, macht zahllose kleinere Rechenzentren bei den Kunden überflüssig.