70 Jahre Puma - mehr als ein Katzensprung hinter Adidas
Von Joachim Herr, MünchenAm Anfang stand der Streit der beiden Dassler-Brüder. Die Familienfehde in der mittelfränkischen Provinz entzweite vor genau 70 Jahren ein gemeinsam geführtes Unternehmen: Am 1. Oktober 1948 wurde die Puma Schuhfabrik Rudolf Dassler ins Handelsregister eingetragen. Ein Jahr später folgte am 18. August die Gründung von Adidas. Das Städtchen Herzogenaurach bei Nürnberg wurde so zu einem Fixpunkt in der Welt der Sportartikel.In den ersten 24 Jahren hatten Adolf (Adi) und Rudolf Dassler noch gemeinsame Sache gemacht. Anfangs fertigten sie Sportschuhe in der Waschküche ihrer Mutter. In Spikes aus Franken liefen deutsche Athleten erstmals bei den Olympischen Sommerspielen 1928 in Amsterdam. Acht Jahre später in Berlin gewann Jesse Owens für die USA vier Goldmedaillen in Dassler-Schuhen.Ein erbittertes Duell führten die Brüder intern: der extrovertierte Rudolf mit dem großen Verkäufertalent und der zurückhaltende Schuhmachermeister Adi mit der Begabung fürs Handwerk und Technik. Der damalige Zwist strahlte weit: Die Rivalität zwischen Adidas und Puma blieb Jahrzehnte lang viel mehr als ein gesundes Konkurrenzverhältnis und zog tiefe Gräben in Herzogenaurach. Auf der einen Seite stand die Marke mit den drei Streifen, auf der anderen die mit der Raubkatze.Die Wende für eine entspannte Beziehung brachte – wie könnte es anders sein – der Sport: 2009 organisierten die beiden Unternehmen ein Fußballspiel der Mitarbeiter mit den damaligen Vorstandschefs. Herbert Hainer kickte in der Offensive von Adidas, Jochen Zeitz hütete das Tor von Puma.Ihren Nachfolgern – beide Skandinavier – fällt ein entspannter Umgang mit dem Wettbewerber offenbar leicht: der Norweger Bjørn Gulden, seit 2013 an der Spitze von Puma, und der Däne Kasper Rorsted, der seit zwei Jahren Adidas leitet. Das mag erstens an der Mentalität der Nordeuropäer liegen – vor allem Gulden strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Der frühere Fußballprofi konzentriert sich zweitens ganz auf Puma und hatte von Anfang an ein klares Konzept, um das zum Sanierungsfall abgestiegene Unternehmen wieder nach vorn zu bringen: mit einem Straffen der Angebotspalette, Investitionen in neue Produkte, mit einer Rückkehr zu klarem Design und dem Schärfen des Profils als Sportmarke.Der dritte Grund: Adidas spielt nach dem starken Wachstum mit einem Jahresumsatz von zuletzt mehr als 21 Mrd. Euro in der höchsten Liga allein mit Nike (36 Mrd. Dollar). Puma steigert zwar seit 2015 wieder die Erlöse, liegt mit 4,1 Mrd. Euro aber weit hinter den großen Zwei der Branche. Mitte der achtziger Jahre hatte Adidas erst einen kleinen Vorsprung, ehe Puma in eine Krise geriet.Mit Blick auf die Profitabilität holt Gulden nun auf: Die Umsatzrendite – bezogen auf das Ergebnis vor Zinsen und Steuern – lag im ersten Halbjahr 2018 bei 7,8 %. Das Ziel für 2022 sind 10 %. Adidas nimmt sich 11,5 % für 2020 vor. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres waren es sogar 12,4 %. Das Schlussquartal ist allerdings mit Abstand das schwächste beider Unternehmen.Und es gibt noch einen vierten Grund für die Lockerheit in Herzogenaurach: Das Geschäft läuft für die Branche ausgezeichnet, abgesehen von Russland in allen wichtigen Regionen. China ist eine wahre Goldgrube. Um 20 bis 30 % legen dort die Umsätze von Adidas und Puma zu – und die Umsatzrenditen sind überdurchschnittlich hoch. Chinesische Käufer ziehen trotz der höheren Preise die westlichen Marken den einheimischen vor. Eine andere BörsenligaWeitere Trends kommen den Unternehmen entgegen: Sport- und Freizeitmode für den Alltag, die auch in Büros getragen wird, die starke Nachfrage nach Bekleidung und Schuhen speziell für Frauen und der wachsende eigene Online-Handel, der höhere Margen einbringt.Im Aktienkurs von Puma schlägt sich die gute Geschäftsentwicklung nieder: Seit Anfang 2016 hat er sich mehr als verdoppelt (siehe Grafik). Einen Extraschub gab in diesem Jahr der Rückzug des französischen Großaktionärs Kering. Dank des auf 55 % gewachsenen Streubesitzes kehrte Puma in den MDax zurück. Fünf Jahre lang hatte das Unternehmen nur einen Platz im SDax bekommen. Adidas ist auch hier in einer anderen Liga: Seit 20 Jahren gehört das Unternehmen zu den 30 Mitgliedern des Dax.