MANAGERVERGÜTUNG

Abgewatscht

Es kommt nicht oft vor, dass die Regierungsfraktionen in einer Bundestags-Anhörung regelrecht abgewatscht werden. Das liegt allein schon daran, dass die Fraktionen Sachverständige benennen, die der Ausschuss einlädt. In der Praxis bietet sich bei...

Abgewatscht

Es kommt nicht oft vor, dass die Regierungsfraktionen in einer Bundestags-Anhörung regelrecht abgewatscht werden. Das liegt allein schon daran, dass die Fraktionen Sachverständige benennen, die der Ausschuss einlädt. In der Praxis bietet sich bei Hearings damit ein ähnlich heterogenes Meinungsspektrum der Experten, wie die politischen Positionen der Fraktionen unterschiedlich sind. Jede Fraktion besorgt sich “passende” Sachverständige, um ihre Position zu untermauern.Gestern im Rechtsausschuss versagte die Strategie auf ganzer Linie. Bei der Anhörung zur “Aktienrechtsnovelle 2012” und der eilig nachgeschobenen Reform zu Managervergütungen sahen sich die Fraktionen einer nahezu geschlossenen Front der Ablehnung renommierter Aktienrechtsexperten gegenüber. Keiner blieb verschont: Die Sachverständigen geißelten sowohl die von Schwarz-Gelb geplante Verlagerung der Kompetenz für Vorstandsvergütungen vom Aufsichtsrat auf die Hauptversammlung als auch die von Rot-Grün ins Visier genommenen Beschränkungen der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Vergütung sowie relativer Höchstgrenzen. Das klare Urteil lautete: unnötig. Die Corporate-Governance-Kommission hat eine Reihe von wirksamen Änderungen auf den Weg gebracht, die zu starker Reflexion in den Unternehmen geführt haben oder Zeit brauchen, um sich zu entfalten.Nun will der Gesetzgeber schon wieder vorbeiziehen. Die Abgeordneten greifen mal schnell in das austarierte Macht-, Verantwortungs- und Haftungsgefüge von Aktiengesellschaften ein. Dabei kommt nicht mehr heraus als: wir sind tätig geworden – Kollateralschäden egal. Die unbedachte Reaktion folgte auch einer Volksabstimmung in der Schweiz vor einigen Wochen und blendet aus, dass hierzulande erstens viel mehr als dort geschehen ist, um ausufernde Managervergütungen in kontrollierte Bahnen zu lenken und zweitens die Schweiz ein Führungssystem hat, bei dem der Verwaltungsrat auch operativ tätig ist.Die Angst, Rot-Grün könnte mit der Managervergütung vor der Bundestagswahl gegen Schwarz-Gelb mobilisieren, ist größer als die Weitsicht, mit der Unternehmensverfassung hierzulande sorgsam umzugehen. Noch wäre Zeit, diese Novelle zu stoppen. Dies ist wenig wahrscheinlich. Bei der Anhörung des 37-köpfigen Ausschusses war je Fraktion gerade einmal ein Abgeordneter anwesend. Die Linke kam gar nicht. Für echtes Interesse an den Expertenmeinungen spricht dies nicht. Angst ist eben ein schlechter Berater.