Abschlussbericht gibt grünes Licht für Enteignung von Immobilienkonzernen
Die Expertenkommission zur Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen in Berlin übergibt ihren Abschlussbericht am heutigen Mittwoch an den Berliner Senat. Danach ist die Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen in Berlin möglich, wie die Deutsche Presseagentur berichtet, der dieser Bericht nach eigenem Bekunden vorliegt.
Die Kommissionsvorsitzende Herta Däubler-Gmelin will die Studie im Roten Rathaus an den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und an Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) überreichen. Anschließend erläutern Däubler-Gmelin und zwei weitere Kommissionsmitglieder die Inhalte.
Laut dem Bericht lässt das Grundgesetz ein entsprechendes Vergesellschaftungsgesetz zu und das Land Berlin habe demnach auch die Kompetenz, das Gesetz zu beschließen. Auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit stehe dem nach Auffassung der Kommissionsmehrheit nicht entgegen, heißt es in den Bericht. Knackpunkt ist allerdings die mit einer Enteignung auch notwendige Entschädigung der Eigentümer. Eine Mehrheit der Kommissionsmitglieder ist hier der Auffassung, dass die Höhe der Entschädigung sogar unter dem Verkehrswert liegen dürfe. Das würde den Schritt für das Land Berlin deutlich günstiger machen.
GLS Bank Vorständin und Vorstandssprecherin Aysel Osmanoglu ist Teil der Kommission, die über das Thema beraten hat. Den Kommissionsbericht bezeichnet sie als "großen Schritt", weil nun eine Diskussion beginnen könne, "wie wir als Gesellschaft mit Eigentum und Verantwortung umgehen wollen. Sollen so viele Wohnungen im Besitz von Unternehmen sein, deren vorrangiges Ziel ist, ihre Anteilseigner finanziell zu befriedigen? Oder sollen sich unternehmerisch tätige Menschen darum kümmern, die nicht auf das Eigentum schauen, sondern auf Verantwortung und Gemeinwohl?"
Im September 2021 hatten bei einem Volksentscheid gut 59% der Wähler in Berlin für die Enteignung von Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin gestimmt. Der rot-grün-rote Senat hatte daraufhin die Kommission eingesetzt, die im April 2022 unter Leitung der früheren Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin (SPD) ihre Arbeit aufnahm.
Für die GLS Bank folgt aus de Abstimmung, dass der Fokus auf soziales und ökologisches Wohnen der richtige Weg ist. Das sei auch ökonomisch sinnvoll und tragfähig, schreibt GLS Bank Vorstandssprecherin Osmanoglu. Angesichts der Lage am Wohnungsmarkt und gleichzeitiger Herausforderungen wie der Klimakrise brauche es mehr bezahlbare und mehr genossenschaftliche Konzepte, wo Menschen selbstverantwortlich aber auch rechtssicher wohnen könnten. Bei Neubauprojekten müsse ein fester Bestandteil der Fläche sozial geplant werden. Osmanoglu: "Spekulation mit Wohnimmobilien muss aus sozialen Gründen untersagt sein. Der Kommissionbericht in Berlin ist ein erster Schritt in diese
Richtung."
Auf der Grundlage des Abschlussberichts will der seit Ende April regierende schwarz-rote Senat über das weitere Vorgehen entscheiden. Für den Fall, dass die Kommission eine "verfassungskonforme Vergesellschaftungsempfehlung" abgibt, haben CDU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart, ein Vergesellschaftungsrahmengesetz zu beschließen. Es soll aber erst zwei Jahre nach der Verkündung in Kraft treten.