Adidas-Aktionäre gegen Rabes Wahl
Die für diesen Dienstag geplante Wahl von Bertelsmann-Chef Thomas Rabe zum Aufsichtsratsvorsitzenden von Adidas stößt auf zum Teil scharfe Kritik von Aktionären. Die Fondsgesellschaften DWS, Union Investment und Deka äußerten sich vor dem virtuellen Aktionärstreffen skeptisch bis ablehnend.jh München – Die Fondsgesellschaften der Deutschen Bank (DWS), der DZ Bank (Union Investment) und der Sparkassen (Deka Investment) positionieren sich gegen die geplante Wahl von Thomas Rabe, dem Vorstandschef von Bertelsmann und der RTL-Gruppe, zum Aufsichtsratsvorsitzenden von Adidas. Vanda Heinen von Union Investment attestiert dem Sportartikelkonzern eine “schlechte Nachfolgeregelung”. Sie moniert eine Ämterhäufung Rabes. Wer Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann sei, sollte nicht gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender von Adidas sein. “Denn das sind zwei Vollzeitjobs”, kritisiert Heinen.Ingo Speich von Deka Investment kündigte an, dem Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern. Die vorgesehene Wahl Rabes sei “im Hinblick auf die Ämterhäufung, zeitliche Belastung und vor dem Hintergrund der aktuellen Kompetenzverteilung kritisch zu sehen”.Rabe (55) ist seit dem vergangenen Jahr auch Vorstandschef der Bertelsmann-Tochterfirma RTL und hat Aufsichtsratsmandate in ausländischen Bertelsmann-Unternehmen inne. Im Kontrollgremium von Adidas ist er seit 2019 und bisher Stellvertreter von Igor Landau (76). Der Franzose und frühere Vorstandsvorsitzende des Pharmakonzerns Aventis tritt an diesem Dienstag nach 16 Jahren als Mitglied und elf Jahren an der Spitze des Adidas-Aufsichtsrats ab. “Kompetenz vor Prestige”Deka-Manager Speich bemängelt zudem, dass nach der Hauptversammlung gleich vier Aufsichtsräte von Adidas auch Vorstandschefs von Unternehmen sind. Außer Rabe sind dies Christian Klein von SAP, der zur Wahl vorgeschlagen wird, Ian Gallienne (GBL) und Nassef Sawiris (OCI). Sowohl die belgische Beteiligungsgesellschaft GBL als auch Sawiris sind aktive Aktionäre von Adidas. Speich bezweifelt, dass die vier genügend Zeit für ihr Mandat haben werden, und fügt hinzu: “Kompetenz sollte zudem Vorrang vor Prestige haben.”Die DWS stößt sich an der Fehlquote einiger Aufsichtsräte. So habe Rabe im vergangenen Jahr nur an 89 % der Sitzungen teilgenommen, die Amerikanerin Jing Ulrich, Managerin in der Investmentbank J.P. Morgan, an 75 %. “Wir erwarten, dass diese Werte für das Geschäftsjahr 2020 deutlich besser ausfallen werden”, heißt es in der Stellungnahme der DWS.Die DWS ist auch unzufrieden mit dem Vorsitz im Prüfungsausschuss. Herbert Kauffmann werde “seit seiner letztjährigen Wiederwahl nicht mehr als unabhängig betrachtet”. Der selbständige Unternehmensberater und frühere Daimler-Manager ist seit 2009 im Aufsichtsrat von Adidas.Nach Ansicht von Union Investment ist die vorgesehene Wahl Rabes nicht der einzige Makel im Bemühen um eine gute Unternehmensführung: “Adidas gefährdet mit der derzeitigen Debatte um Rassismus, Diversität und Ämterhäufung die zuletzt erreichten Fortschritte in der Corporate Governance.”Union-Analystin Heinen erinnert den Vorstandsvorsitzenden Kasper Rorsted daran, nach seinem Amtsantritt im Herbst 2016 das Management von Adidas als zu männlich, zu weiß und zu alt kritisiert zu haben. “Dieser Kritik muss sich auch der aktuelle Vorstand stellen.” Nach dem plötzlichen Abgang von Personalchefin Karen Parkin (vgl. BZ vom 2. Juli) sind dort nur noch Männer. Parkin war wegen Äußerungen in der Rassismusdebatte zurückgetreten. “Dem Vertrauen geschadet”Rorsted hatte in der vergangenen Woche berichtet, 34 % der Managementposten im Konzern seien mit Frauen besetzt. Rund 90 % der Beschäftigten besäßen internationale Pässe, und in der Zentrale in Herzogenaurach seien Mitarbeiter aus mehr als 100 Nationen.Nach Ansicht der DWS wirft der Rücktritt von Parkin die Frage auf, wie ernst Adidas Rassismus und Diskriminierung nehme. Zudem stoppte das Unternehmen nach Meinung der Fondsgesellschaft Ende März das Aktienrückkaufprogramm zu spät und schadete mit der zwischenzeitlich geplanten Aussetzung von Ladenmieten stark dem Vertrauen in die Marke. Die DWS kündigte an, sich in der Abstimmung über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat zu enthalten.