Immobilienbranche

Adler verbucht Milliardenverlust

Der kriselnde Immobilienkonzern Adler Group steckt weiter tief in roten Zahlen. Im ersten Halbjahr ist ein Periodenfehlbetrag von gut 1 Mrd. Euro aufgelaufen. Grund sind vor allem Wertminderungen im Portfolio.

Adler verbucht Milliardenverlust

Adler verbucht Milliardenverlust

Wertminderungen im Portfolio belasten – Verschuldungsgrad steigt auf 88 Prozent des Immobilienvermögens – Neustart für Verkauf der BCP-Mehrheit

hek Frankfurt

Hohe Wertverluste im Immobilienportfolio haben dem angeschlagenen Wohnungskonzern Adler Group im ersten Halbjahr einen Milliardenverlust eingebrockt und den Verschuldungsgrad weiter in die Höhe getrieben. Wie aus dem Zwischenbericht hervorgeht, beliefen sich die Abschreibungen auf 742 Mill. Euro. Die Wertminderungen betreffen sowohl den Wohnungsbestand als auch die Entwicklungsprojekte.

Der Fair Value des Gesamtportfolios schrumpfte nach Firmenangaben seit Ende 2022 einschließlich Verkäufe um 1 Mrd. auf 6,4 Mrd. Euro. Die Vermietungsobjekte stehen nun mit 4,8 (Ende 2022: 5,2) Mrd. Euro in den Büchern, die Neubauvorhaben mit 1,7 (2,2) Mrd. Euro, wobei Brack Capital Properties (BCP), die verkauft werden soll, in diesen Angaben außen vor bleibt. Die Wertansätze hätten unabhängige Gutachter ermittelt, teilt Adler mit.

Die gesamte Branche muss derzeit ihre Immobilienbewertungen infolge der stark gestiegenen Zinsen zurücksetzen. Bei Adler belaufen sich die Wertminderungen im Vermietungsportfolio auf vergleichbarer Basis auf 8,1%. Sie fallen leicht höher aus bei den Wettbewerbern Vonovia, LEG, Grand City Properties und TAG Immobilien, die Werteinbußen zwischen 5,4% und 7,4% gemeldet haben. Das Spezifikum von Adler ist das große Volumen an Neubauprojekten. Diverse Vorhaben stehen seit langem weitgehend still, weil Adler das Geld für den Weiterbau fehlt und sich Baumaterial stark verteuert hat.

Eigenkapital schrumpft weiter

Unter dem Strich zeigt Adler 1,04 Mrd. Euro Periodenfehlbetrag, nachdem im Vorjahreszeitraum 604 Mill. Euro Verlust aufgelaufen waren. Das Defizit schmälert das bereits arg geschrumpfte Eigenkapital weiter auf nur noch 839 Mill. Euro in der Konzernbilanz. Das Immobilienvermögen ist inzwischen weitestgehend fremdfinanziert: Die Verschuldung absorbiert nämlich 87,7% des Immobilienwerts (Loan to Value, LtV) nach 74,5% Ende 2022. Andere börsennotierte Vermieter weisen LtVs von grob 45% aus. Die Anleihebedingungen schreiben häufig einen speziell definierten Grenzwert von 60% fest. Das war auch bei Adler der Fall, doch wurden die Bedingungen mit der im April durchgesetzten finanziellen Restrukturierung geändert, so dass Adler derzeit keinen Finanz-Covenants unterliegt.

Scharf abwärts geht es auch mit dem Nettovermögenswert (NTA). Dieser ist von 20,77 Euro je Aktie Ende vergangenen Jahres auf 8,76 Euro zum 30. Juni 2023 geschrumpft. Dazu hat auch die erhöhte Aktienzahl beigetragen. In absoluten Zahlen hat sich der NTA von 2,44 Mrd. auf 1,33 Mrd. Euro fast halbiert.

"Transaktionsmärkte ausgetrocknet"

"Die Transaktionsmärkte sind nach wie vor ausgetrocknet", kommentiert CEO Thierry Beaudemoulin. Das erschwert die geplanten Verkäufe, die Adler dringend braucht, um Schulden zurückzuzahlen. Somit konzentriert man sich auf das Liquiditätsmanagement, das "nach wie vor oberste Priorität" habe, wie Beaudemoulin versichert. Ende Juni verfügte Adler über 231 Mill. Euro liquide Mittel.

Der Verkaufsprozess für die BCP-Beteiligung von 63% sei neu gestartet worden, teilt Beaudemoulin in der Telefonkonferenz mit. Auch das Nordrhein-Westfalen-Portfolio mit 6790 Wohnungen werde neu angeboten. Im zweiten Quartal sei der Verkauf eines Immobilienprojekts (Arthur-Hoffmann-Straße) abgeschossen und die Veräußerung von zwei Projekten in Berlin und Offenbach unterzeichnet worden. Daraus werden 160 Mill. Euro Einnahmen erwartet. Außerdem seien marktführende Makler für große Entwicklungsprojekte mandatiert worden.

Komponenten-Audit angestrebt

Unverändert schwierig gestaltet sich die Suche nach einem Abschlussprüfer. Bei der deutschen Kerngesellschaft Adler Real Estate ist zwar inzwischen Rödl & Partner an Bord, aber für Adler Group steht noch immer eine Lösung aus. Die in Luxemburg ansässige Muttergesellschaft strebt nun ein Komponenten-Audit an.

Darüber werde mit einer lokalen Luxemburger Prüfungsgesellschaft, welche die Gesamtverantwortung übernehmen soll, und mehreren deutschen Firmen verhandelt, berichtet Beaudemoulin. Die großen internationalen Prüfungsgesellschaften haben das Mandat entweder abgelehnt oder kamen aus Compliance-Gründen nicht in Frage. Das operative Ergebnis aus der Vermietung (Funds from Operations) schrumpfte im ersten Halbjahr auf 8 Mill. Euro. Im Vorjahreszeitraum waren es 50 Mill. Euro. Der Einbruch geht auf gestiegene Finanzierungskosten und Immobilienverkäufe zurück. Das flächenbereinigte Mietwachstum wird mit 3,1% angegeben. Für die zweite Jahreshälfte kündigt Adler kräftige Mieterhöhungen zwischen 4,5 und 5% an.

Rückkauf der Wandelanleihe

Adler Group verfügt nach eigenen Angaben noch über rund 25.800 Wohnungen und will sich künftig auf den Standort Berlin mit seinen 18.480 Einheiten konzentrieren. Die Jahresprognose für die Nettomieterträge bleibt bei 207 Mill. bis 219 Mill. Euro.

Für die im November 2023 fällige Wandelanleihe über 165 Mill. Euro kündigt Adler ein Rückkaufangebot an. Es ist an eine neue, vorrangig besicherte Schuldverschreibung über 191 Mill. Euro bei voraussichtlich zwei Jahren Laufzeit gekoppelt. Nach Angaben aus dem Markt managt die Privatbank Berenberg die Emission. Der Rückkaufpreis für den Wandler betrage 97.000 Euro plus Zinsen pro 100.000 Euro Nennbetrag. Das Angebot läuft bis 26. September. Mit dem Erlös will Adler neben dem Wandler auch Schuldscheine tilgen. BCP werde Ende August 75 Mill. Euro aus einem konzerninternen Darlehn vorzeitig an Adler Real Estate zurückzahlen, heißt es weiter. Ein Kredit über 75 Mill. Euro sei bis Ende 2024 verlängert worden.

Der kriselnde Immobilienkonzern Adler Group steckt weiter tief in roten Zahlen. Allein im ersten Halbjahr ist gut 1 Mrd. Euro Fehlbetrag aufgelaufen, die vor allem auf Wertminderungen im Portfolio zurückgehen. Für Linderung sollen kräftige Mieterhöhungen im zweiten Halbjahr und vor allem Immobilienverkäufe sorgen.