Advent gibt sich Lokalkolorit für Thyssen-Deal

NRW-Landesregierung zieht im Hintergrund die Fäden - Moody's favorisiert Teilverkauf

Advent gibt sich Lokalkolorit für Thyssen-Deal

cru/ab Frankfurt/Düsseldorf – “Ein cleverer, ein genialer Schachzug.” So lauten die Bewertungen in Kreisen von Investmentbankern hinsichtlich des Einstiegs der staatlichen RAG-Stiftung in den Bieterprozess um die Aufzugssparte von Thyssenkrupp. Mit der Aufnahme der Kohlestiftung in ihr Konsortium verschaffen sich die Finanzinvestoren Advent und Cinven im Bieterwettbewerb für die auf 15 Mrd. Euro taxierte Aufzugssparte von Thyssenkrupp ein wenig Lokalkolorit. Während sich die RAG-Stiftung am Donnerstag nicht äußern wollte, bestätigten Finanzkreise den Schritt.Die RAG-Stiftung, die für die Ewigkeitslasten aus dem Steinkohlebergbau aufkommen muss, ist stark von der Politik und der Bergbaugewerkschaft IG BCE geprägt. Allen voran gehört dem Kuratorium der RAG-Stiftung NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) an, der zugleich im Kuratorium der Krupp-Stiftung, dem größten Einzelaktionär von Thyssenkrupp, sitzt. Die Beteiligung der Kohlestiftung könnte bei den Arbeitnehmervertretern von Thyssenkrupp Sorgen vor den Finanzinvestoren dämpfen.Damit ist zwar längst noch keine Vorentscheidung gefallen, wer am Ende den Zuschlag erhält, doch dürften es Advent und Cinven einfacher haben, grünes Licht aus der Landespolitik und von den Gewerkschaften für den Deal zu erhalten. Angesichts des vielstimmigen Aufsichtsrats bei Thyssenkrupp, der den Verkauf am Ende absegnen muss, ist das ein nicht zu unterschätzender Vorteil.Erst zu Beginn der Woche hatte sich die RAG-Stiftung von einem weiteren Aktienpaket am Chemiekonzern Evonik getrennt. Eingespielt wurden damit 632 Mill. Euro, welche die Stiftung nach den Angaben zur weiteren Portfoliodiversifikation verwenden will. Eine, wenn auch kleine Beteiligung an der profitablen Aufzugssparte von Thyssenkrupp fiele sicherlich unter diese Umschreibung. Größtes Asset des 18,6 Mrd. Euro schweren Stiftungsvermögens ist die 58-Prozent-Beteiligung an Evonik. Die Stiftung war in der Vergangenheit auch immer mal wieder als möglicher Anteilseigner des Thyssenkrupp-Konzerns im Gespräch.Während im Markt davon ausgegangen wird, dass sich Thyssenkrupp zumindest mehrheitlich von der Aufzugssparte trennen wird – der Börsengang gilt als unwahrscheinlich -, sprach sich die Ratingagentur Moody’s gestern für einen Teilverkauf der Sparte aus. Zwar werde sich die Verschuldung des Konzerns dann nicht so schnell abbauen lassen wie beim Komplettverkauf. Die vollständige Trennung ginge allerdings Hand in Hand mit einer deutlichen Verschlechterung der Profitabilität, der Cash-flows und des Geschäftsprofils. “Carve-outs – unsere Stärke”Advent war bisher vor allem im Chemiesektor unterwegs und hat dort einen guten Ruf bei den Arbeitnehmervertretern. Außerdem können die beiden Finanzinvestoren auch den Finanzierungsbeitrag gut gebrauchen: Die Eigenkapitaltickets von Advent liegen, wie Ronald Ayles, einer der beiden Deutschland-Geschäftsführer, kürzlich im Gespräch mit der Börsen-Zeitung sagte, in der Regel bei 500 Mill. bis 2 Mrd. Euro. “Wir wollen schon im mittleren Segment bleiben, wo wir mit den Unternehmen wirklich noch etwas machen können”, sagt er.Doch es geht auch ein paar Nummern größer. Hierzulande sorgt Advent vor allem mit dem Interesse am größten laufenden Übernahme-Deal für Furore: Sie macht dem finnischen Kone-Konzern Konkurrenz im Bieterrennen um die Aufzugssparte von Thyssenkrupp. Auch wenn Ayles sich nicht dazu äußern will: Advent bietet mit Cinven und gemeinsam mit dem Staatsfonds Adia aus Abu Dhabi für Thyssenkrupp Elevator – und mit der RAG-Stiftung wird aus dem Bieter-Trio ein Quartett.”Carve-outs von Industrieunternehmen sind unsere Stärke”, betont Advent-Chef Ayles. In der deutschen Wirtschaft habe sich Advent über die Jahre einen guten Ruf erworben – vor allem mit mittelgroßen Deals in den Branchen Chemie und Werkstoffe. Im Laufe der Zeit hat Advent fünf Sparten von Bayer und fünf von Evonik übernommen.