Agrochemie düngt M&A-Markt

Kanadische Wettbewerber Potash und Agrium machen Ernst mit einer Fusion unter Gleichen - Weltmarktführer mit Bewertung von 36 Mrd. Dollar soll entstehen

Agrochemie düngt M&A-Markt

wb Frankfurt – Während Linde und Praxair die ins Auge gefasste Fusion unter Gleichen platzen lassen, machen in Kanada zwei Düngemittel-Multis den Sack zu: Agrium und Potash Corp of Saskatchewan kündigen per Aktientausch – also ohne Prämie für Investoren – einen Merger of Equals an, der einen Konzern mit einem Unternehmenswert von pro forma 36 Mrd. Dollar ergeben soll. Die Transaktion hatte sich abgezeichnet (vgl. BZ vom 31. August).Der Deal reiht sich ein um die M & A-Aktivitäten rund um die Landwirtschaft wie das Gebot von Bayer für Monsanto oder von Chemchina für Syngenta. Hier geht es um Offerten von rund 65 Mrd. beziehungsweise 43 Mrd. Dollar. Außerdem planen die amerikanischen Chemiekonzerne DuPont und Dow Chemical nach ihrem Schulterschluss Cropscience über einen Carve-out auszugliedern. Damit steht die Agrochemie an der Spitze des M & A-Marktes von Megadeals.Potash-Aktionäre werden der Vereinbarung zufolge mit 52 % ein leichtes Übergewicht an der künftigen Newco haben. Potash-Aktionäre erhalten dem Plan zufolge 0,4 Aktien der neuen Company pro alten Titel, Agrium-Investoren 2 230 Stück für jede ihrer Aktien. Die Transaktion soll Mitte 2017 abgeschlossen sein.Barclays und Canadian Imperial Bank of Commerce beraten Agrium, Potash setzt auf BoA Merrill Lynch und Royal Bank of Canada. Morgan Stanley, die Potash 2015 bei der versuchten K+S-Übernahme für 8 Mrd. Euro begleitet hatte, ist jetzt für Agrium und Potash gemeinsam tätig.Agrium-CEO Chuck Magro wird die neue Gruppe führen, Potash-CEO Jochen Tilk ist als Executive Chairman vorgesehen. Potash stellt den CFO, Agrium den Leiter der Integration. Der Name des künftigen Konzerns ist noch nicht gefunden.Potash ist in erster Linie ein Bergbauunternehmen, während Agrium primär den Umsatz im Retailgeschäft holt, das zuletzt für 77 % der Erlöse stand. Mit dem Zusammenschluss baut Potash die Position als weltgrößter Düngerhersteller vor Mosaic und Uralkali aus und wird im Kalimarkt – vor Uralkali und der Cargill-Abspaltung Mosaic – noch ein Stück stärker. Bei Stickstoff wird die Newco die Nummer 3, wobei hier CF und Yara aus Finnland vorn liegen. Und nach Phosphatkapazitäten sind sie ebenfalls Nummer 3, wobei Mosaic und OCI aus Holland oben rangieren. K+S rangiert lediglich am Kalimarkt als Nummer 5 unter den Top 10. Schon viel versuchtPotash griff 2015 K+S an, wurde aber abgewehrt. Der US-Düngemittelhersteller CF Industries wollte 2015 mit OCI zusammengehen. Yara aus Norwegen hatte 2014 versucht, mit CF zu fusionieren, doch der Deal, einen Anbieter im Unternehmenswert von 30 Mrd. Dollar zu schaffen, scheiterte. BHP Billiton versuchte 2010, Postash zu schlucken.Die neue Gruppe wird über 20 000 Beschäftigte haben und Investments in 18 Ländern. Potash hat auch ohne Agrium die größten Düngemittelerzeugungskapazitäten weltweit. In Nordamerika wird der neue Konzern nach Schätzungen etwa zwei Drittel der Kalierzeugung, 30 % an Phosphat und 29 % an Stickstoff beherrschen. Kombiniert geht es auf Basis der Angaben für 2015 um einen Konzern mit einem Umsatz von 20,6 Mrd. Dollar und ein Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von 4,7 Mrd. Dollar. Beide Seiten rechnen mit Synergien bis 500 Mill. Dollar. Die Wertsteigerung aus den Run-Rate-Synergien werden auf bis 5 Mrd. Dollar beziffert. Die Effekte versprechen sich die Konzerne vor allem aus gemeinsamem Vertrieb und der Produktion. Der Cash-flow soll 4 Mrd. Dollar p. a. ausmachen. Überangebot drücktDie Fusion ist kein Zeichen der Stärke. Potash musste Ende Juli erneut die Ergebnisprognose für 2016 kappen. Der Düngemittelmarkt ist belastet von niedrigeren Preisen und unter Druck wegen des Überangebots und schwacher Nachfrage, die zum Teil auf den Währungsverfall in Importländern wie Brasilien zurückgeht. Agrium aus Calgary hat die Krise in der Düngerwirtschaft dank des weitaus größeren Einzelhandelsgeschäfts besser überstanden. Über die Agrium-Filialen soll Potash nun direkten Zugang zu amerikanischen Landwirten bekommen. In den ersten sechs Monaten 2016 war der Potash-Gewinn um 75 % gefallen, das Agrium-Ergebnis gab 18 % nach.