RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: GUNNAR KNORR

AIFM bringt zusätzliche Steuerbelastung bei Asset Deals

"In Altfällen sollten die betroffenen Unternehmen klagen"

AIFM bringt zusätzliche Steuerbelastung bei Asset Deals

– Herr Dr. Knorr, mit dem AIFM-Anpassungsgesetz sind auch Ansatz- und Bewertungsvorschriften für die Steuerbilanz geändert worden. Danach können Transaktionen beim Veräußerer zu einer Verteilung des Aufwandes auf 15 Jahre führen und beim Erwerber sogar zu einer Versteuerung eines scheinbaren Gewinns, der erst über 15 Jahre abgetragen wird, auch bei bereits abgeschlossenen Transaktionen. Worum geht es im Einzelnen?Das Steuerrecht schreibt für bestimmte Verpflichtungen andere Bilanzansätze vor als das Handelsrecht, insbesondere für Pensions- und Drohverlustrückstellungen, aber auch Jubiläumsrückstellungen und Eventualverbindlichkeiten. Sie dürfen künftig bei Transaktionen steuerbilanziell nicht mit ihrem vollen Betrag beziehungsweise ihrem wahren Wert angesetzt werden.- Was ist die Folge für Veräußerer?Ein Erwerber, der diese Verpflichtungen übernimmt, verlangt den Ausgleich des wahren Wertes, so dass die Entledigung von der Verpflichtung Kosten nicht in Höhe des steuerbilanziellen Wertes auslöst, sondern in Höhe des vollen Wertes. Bislang konnte derjenige, der solche Verpflichtungen abgibt, diesen Mehraufwand sofort steuerlich geltend machen. Künftig wird er diesen Aufwand erst über 15 Jahre ratierlich geltend machen können. Er ist also wirtschaftlich sofort voll belastet, kann dies jedoch erst über einen langen Zeitraum steuerlich nachvollziehen.- Und das ist tückischJa. Die Rechtsänderung ist grundsätzlich auch auf bereits abgeschlossene Transaktionen anwendbar, wenn die Bemessungszeiträume noch laufen.- Gelten die neuen Regeln für jede Verpflichtungsübernahme?Ausnahmen bestehen für Kleinunternehmen und für Betriebsaufgaben, Betriebsveräußerungen und Betriebsübergänge. Auch bei Teilbetriebsveräußerungen kann bisweilen die Streckung des Aufwandes vermieden werden. Soweit Arbeitnehmer mit Pensionsrechten übergehen, ist dies ebenfalls begünstigt. In diesen Fällen kann der Veräußerer entsprechend seiner tatsächlichen wirtschaftlichen Belastung auch steuerlich den Aufwand sofort geltend machen.- Welche Folgen haben die neuen Regeln für den Erwerber?Ihn trifft es noch schlimmer. Er hat in den auf die Anschaffung folgenden Abschlüssen die Bewertung der Verpflichtung so vorzunehmen, wie sie beim Veräußerer vorzunehmen gewesen wäre. Für ihn entsteht zunächst ein Gewinn in Höhe der Differenz zwischen dem steuerlichen Ansatz für die Verpflichtung und deren wahren Wert. Zwar kann er den Gewinn über 15 Jahre strecken, er muss jedoch auf einen eigentlich neutralen Vorgang zunächst eine Steuer zahlen. Gerade bei Pensionsverpflichtungen kann dies weit länger als 15 Jahre dauern.- Gelten auch hier die Ausnahmen?Nur teilweise. Es ist besonders ärgerlich, dass die Sondervorschriften für Betriebsveräußerungen und Teilbetriebsveräußerungen für Erwerber nicht gelten. Wie hier die steuerliche Bewertung ermittelt werden soll, lässt der Gesetzgeber zudem offen. In vielen bereits abgeschlossenen Transaktionen wird dies zu erheblichen Problemen führen, da ein Informationsanspruch des Erwerbers nie vereinbart wurde oder bereits verjährt sein wird.- Was ist zu beachten?Bei Asset Deals ist genau zu prüfen, ob von den neuen Bewertungsregeln betroffene Verpflichtungen bestehen. Wenn diese ohnehin bald nach der Transaktion abgewickelt werden, wie oft Drohverlustrückstellungen, kann es deutlich günstiger sein, die Verpflichtung zurückzubehalten. Auf diese Weise vermeidet der Verkäufer, den Aufwand über lange Zeiträume zu strecken.- Lohnt sich das generell?Nein. Pensionsverpflichtungen sind zum Beispiel individuell anzuschauen. Der Erwerber sollte den zusätzlichen steuerlichen Aufwand bei seinem Preisangebot berücksichtigen. Bei abgeschossenen Transaktionen, in denen noch alte Pensionsverpflichtungen oder Drohverlustrückstellungen bestehen, sollten die Betroffenen gegen die Besteuerung klagen; die Rückwirkung der Gesetzesänderung ist ein rechtswidriger Eingriff in einen bereits weitgehend verwirklichten Sachverhalt.—-Dr. Gunnar Knorr ist Partner von Oppenhoff & Partner. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.