Air Berlin rettet sich über den Winter

Finanzspritze von Großaktionär Etihad - Verkauf des Vielfliegerprogramms stärkt das Eigenkapital

Air Berlin rettet sich über den Winter

Die defizitäre Air Berlin rettet sich mit dem Verkauf ihres Vielfliegerprogramms “Topbonus” an den Großaktionär Etihad über den Winter. Der Erlös von 184 Mill. Euro – die Marktkapitalisierung von Air Berlin liegt bei 192 Mill. Euro – soll den vollständigen Eigenkapitalverzehr in letzter Minute verhindern.ge Berlin – Die angeschlagene Air Berlin kann sich mit dem Verkauf der Mehrheit ihres Vielfliegerprogramms “Topbonus” vorerst ihrer existenzbedrohenden finanziellen Probleme entledigen. Mit der Abgabe von 70 % der Anteile an den eigenen Großaktionär Etihad Airways fließen der Fluggesellschaft 184,4 Mill. Euro zu, “die wir gut gebrauchen können”, wie Konzernchef Hartmut Mehdorn konstatiert. Da diese Summe voll ins Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) eingehe, werde Air Berlin 2012 erstmals seit Langem wieder ein “gut zweistelliges” positives operatives Ergebnis ausweisen, fügt Finanzvorstand Ulf Hüttmeyer hinzu. Da das vierte Quartal besser laufe als erwartet, seien je nach Finanzergebnis auch unter dem Strich schwarze Zahlen möglich – erstmals nach 2007. Etihad hält 29 % an Air Berlin.Abzüglich einer Steuerposition würden dem nahezu ausgetrockneten Eigenkapital aus dem Deal rund 150 Mill. Euro zugewiesen, womit die Eigenmittelquote zum Jahresende bei 12 bis 15 % liegen werde, erklärte Hüttmeyer weiter. Ende September, und damit vor dem traditionell verlustreichen Winterhalbjahr, war die Quote auf gefährliche 7,8 % abgestürzt. Gleichzeitig werden die Nettoschulden von 853 Mill. Euro zum Ende des Sommerquartals um die 184 Mill. Euro gedrückt.Für die Air-Berlin-Reisenden habe der Teilverkauf des für die Kundenbindung wichtigen Bonusprogramms keine negativen Auswirkungen, versicherte Mehdorn. Im Gegenteil: Mit der Verschränkung mit dem Etihad-Guest-Programm erhielten Vielflieger zusätzliche Möglichkeiten, ihre gesammelten Meilen einzulösen. Der Deal sieht vor, das bisher interne Topbonus-Programm in eine eigenständige Gesellschaft Topbonus Ltd. auszugliedern mit – wie bei Air Berlin – englischem Rechts-, aber Berliner Firmensitz. Die Zentrale soll auch dann in Berlin bleiben, wenn Topbonus nach den Plänen von Etihad-Chef James Hogan zum “House of Brands” mit mehreren Vielfliegerprogrammen werde.Die Loyalty-Programme wüchsen schneller und böten höhere Gewinnmargen als das herkömmliche Luftfahrtgeschäft, so Hogan weiter. Air Berlin hat die Option, ihren Anteil im nächsten Jahr um 10 % auf 40 % aufzustocken. Von Beginn an erwarten die Beteiligten einen positiven Cash-flow aus der Gesellschaft, die den Unterlagen zufolge frühestens 2018 erstmals schwarze Zahlen schreiben soll. HSBC und CommerzbankDer Wert von Topbonus Ltd. wird auf 200 Mill. Euro beziffert (siehe nebenstehenden Artikel). Die Transaktion wird finanziert durch Eigenkapital von 50 Mill. Euro und einen Kredit von 150 Mill. Euro “zu günstigen Zinsen”, wie Hüttmeyer beteuerte. Diesen Kredit stellen HSBC und Commerzbank zur Verfügung. Vom Eigenkapital stellt Etihad ihrem Anteil entsprechend 35 Mill. Euro bereit, während Air Berlin 15 Mill. Euro stemmen muss. Dies abgezogen vom Verkaufserlös, fließen Air Berlin 184 Mill. Euro zu. Dem Abschluss ging ein umfangreiches Prüfverfahren durch Credit Suisse und KPMG für Air Berlin und PwC für Etihad voraus. “Mehr erreicht als erhofft”Mehdorn beteuerte, die vor einem Jahr eingegangene strategische Partnerschaft mit Etihad habe sich ausgezahlt: “Wir haben mehr erreicht, als wir uns erhofft haben.” Mit mehr als 300 000 Reisenden auf den gemeinsam genutzten Streckennetzen seien zusammen mehr als 100 Mill. Euro an zusätzlichen Erlösen erwirtschaftet worden, davon die Hälfte bei Air Berlin. Zudem würden Millionen eingespart durch Zusammenarbeit bei Treibstoffeinkauf, Bodenservice, Wartung oder Pilotenausbildung. Ungeachtet der Oneworld-Mitgliedschaft sei das Etihad-Engagement “der Beginn einer langen Partnerschaft”. Etihad aus Abu Dhabi hatte vor etwa Jahresfrist fast 30 % von Air Berlin erworben und stellte der klammen Fluggesellschaft ein Darlehen über 255 Mill. Dollar zur Verfügung. Mit einem Plus von 8,4 % setzte sich die AB 1-Aktie gestern an die SDax-Spitze.