Airbus macht mehr Miese als Boeing
Strafen im Korruptionsverfahren und Mehrkosten für den Militärtransportflieger A400M haben Airbus den größten Jahresverlust seit ihrem Börsengang eingebrockt. Das Defizit des Luftfahrtkonzerns fiel sogar größer aus als das des Rivalen Boeing, der in einer tiefen Vertrauenskrise steckt. Mit einer deutlich höheren Dividende und einem zuversichtlichen Ausblick versuchte der Konzern, die Anleger zu besänftigen. sck Toulouse – Airbus hat 2019 einen Rückschlag erlitten. Die im zurückliegenden Quartal verbuchten Rückstellungen von 3,6 Mrd. Euro für Geldstrafen im Korruptionsverfahren und Zusatzaufwendungen in der A400M-Baureihe von 1,2 Mrd. Euro sorgten beim europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern für einen Nettoverlust von 1,4 Mrd. Euro nach einem Gewinn von 3,1 Mrd. Euro ein Jahr zuvor. Das ist der größte Jahresfehlbetrag des Unternehmens seit dem Börsengang im Jahr 2000. Seinerzeit firmierte die Konzernholding unter dem Namen EADS. In den Jahren 2007 und 2009 hatte Airbus ebenfalls Verluste verbucht. Damals belasteten den Boeing-Rivalen Mehrkosten im A400M-Programm und die teuren Verzögerungen in der Produktion des Großraumflugzeugs A380.Im letzten Dreimonatsabschnitt des vergangenen Jahres musste Airbus einen Fehlbetrag von 3,6 Mrd. Euro verkraften. Zum Vergleich: 2019 machte Boeing aufgrund des Desasters mit der Mittelstreckenmaschine 737 Max 636 Mill. Doller Miese nach Steuern (vgl. BZ vom 30. Januar).”Wir haben jetzt viel hinter uns gebracht”, kommentierte Konzernchef (CEO) Guillaume Faury den Verlust in einer Telefonkonferenz mit Analysten zur Bilanzvorlage. Aus seiner Sicht war 2019 eine Ausnahme.Die Anleger reagierten auf das hohe Defizit vergrätzt. An der Pariser Börse verlor die Aktie 2,8% auf 132,80 Euro an Wert. Dividende wird erhöhtTrotz des Fehlbetrags kündigte das Management an, die Dividende je Aktie auf 1,80 (i. V. 1,65) Euro erhöhen zu wollen. Das entspricht einer Ausschüttungssumme von 1,4 (1,3) Mrd. Euro. Airbus zahlt das aus ihrer Substanz. Finanzchef (CFO) Dominik Asam verwies auf die hohe Nettoliquidität des Konzerns. Im vergangenen Jahr erzielte Airbus trotz der umfangreichen Belastungen 12,5 (13,3) Mrd. Euro. Die Finanzkraft des Konzerns sei hoch, sagte der CFO in der Jahrespressekonferenz am Airbus-Hauptsitz in Toulouse.Hohe Zahlungseingänge aus dem operativen Geschäft sorgten dafür, dass Airbus im Schlussquartal einen freien Cash-flow (vor Fusionen, Übernahmen und Kundenfinanzierungen) von 8,5 Mrd. Euro erwirtschaftete. Das war mehr, als Analysten erwartet hatten (8 Mrd. Euro). Aufgrund des starken Mittelzuflusses gelang es Airbus 2019, den freien Cash-flow auf 3,5 (2,9) Mrd. Euro zu steigern. Damit übertraf die Konzernführung ihre im Oktober gesenkte Prognose für den freien Cash-flow um rund 500 Mill. Euro. Ursprünglich peilte Airbus 4 Mrd. Euro an. Für 2020 stellten Faury und Asam diese Summe in Aussicht. Darin berücksichtigten sie die Strafzahlungen für das Korruptionsverfahren. Diese verbucht der Konzern dann 2020 in der Kapitalflussrechnung.Ende Januar verständigten sich Airbus und die Ermittlungsbehörden in Frankreich, Großbritannien und den USA auf diese Geldbuße im Rahmen eines Vergleichs (vgl. BZ vom 29. Januar). Damit konnte Airbus nach vier Jahren ein Verfahren beenden, welches Faurys Amtsvorgänger Tom Enders durch eine Selbstanzeige des Konzerns ins Rollen gebracht hatte. Dabei ging es um frühere Schmiergeldzahlungen beim Verkauf von Passagierflugzeugen in Afrika, Südostasien und Südamerika. Störfaktor BerlinDerweil fielen die Mehrbelastungen im A400M-Programm überraschend hoch aus. Die Zusatzkosten von 1,2 Mrd. Euro hatten Analysten in ihren Kalkulationen zumeist noch nicht berücksichtigt. Airbus begründete diesen Aufwand mit den verschlechterten “Exportaussichten” für das Militärtransportflugzeug “in der aktuellen Anlaufphase”. Als Ursache dafür nannte die Konzernführung den Rüstungsexportstopp der Bundesregierung gegen Saudi-Arabien.Wegen Pannen in der Fertigung und reduzierter Bestellungen der westeuropäischen Auftraggeberländer erwies sich die A400M-Serie als Milliardengrab für Airbus. Die Baureihe sorgte bislang für kumulierte Zusatzkosten von rund 10 Mrd. Euro.Ohne die Sonderaufwendungen konnte Airbus 2019 das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit bereinigt) um 19 % auf knapp 7 Mrd. Euro erhöhen. Das Unternehmen übertraf damit die eigenen Erwartungen und die der Analysten (6,8 Mrd. Euro). Für den Schub sorgte das gute Geschäft mit Verkehrsflugzeugen. In der größten Konzernsparte peilt der CEO 2020 einen Absatzzuwachs auf 880 (863) Maschinen an. Das wäre ein neuer Firmenrekord. Das bereinigte Ebit soll auf 7,5 Mrd. Euro steigen. Treiber sind die Modellreihen A320neo und A350. Faury will die Produktionsraten der Mittelstreckenbaureihe und der Langstreckenserie sukzessive erhöhen, um den zeitlichen Rückstand aufzuholen.